Einleitung
Gott hat Israel noch nicht verlassen. Seine Kraft ist immer noch gegenwärtig. Die Frage ist nur, ob Glaube vorhanden ist, um von ihr Gebrauch machen zu können. Die Ursache allen Verfalls liegt in der Tatsache, dass das Volk Gottes die Gegenwart des lebendigen, heiligen Gottes in seiner Mitte vergisst. Wenn das Bewusstsein für den Wert der Gegenwart Gottes abnimmt, verringert sich auch die Hingabe an Ihn. Als Folge davon wird das Volk unempfindlich für das Böse, das bei den Feinden vorhanden ist.
Wenn sie die Gegenwart Gottes in ihrer Mitte wirklich erfahren hätten, dann hätten sie den Feind nicht in ihrer Mitte geduldet. Sie wären sich dessen bewusst gewesen, dass es Sünde und eine Unehre für Gott darstellt, die Feinde ungestraft im Land Gottes wohnen zu lassen. Gott und der Feind können nie zusammen gehen. Wenn das vergessen wird, bedeutet das den Verlust der Segnungen des Landes. In diesem Kapitel wird dieser Verlust in immer mehr zunehmendem Maße beschrieben.
Es sind fünf aufeinander folgende Phasen in der Weise zu entdecken, wie sich der Niedergang vollzieht:
Ungehorsam gegenüber dem, was Gott sagt (Ri 1,3);
Mangel an Vertrauen auf Gott (Ri 1,19);
Gleichgültigkeit (Ri 1,21.27.28.29.30);
Kraftlosigkeit (Ri 1,31-33);
Besiegt werden (Ri 1,34).
Der Ursprung allen Verfalls ist im Ungehorsam dem Wort Gottes gegenüber zu finden. Gott hat eine Antwort auf die Frage des Volkes gegeben, wer zuerst hinaufziehen soll (Ri 1,1.2). Das konnte nicht auf zwei unterschiedliche Weisen ausgelegt werden. Juda muss zuerst hinaufziehen, allein! Dennoch bittet Juda Simeon, mit ihm mitzugehen.
Juda hätte für diese Bitte an Simeon allerlei annehmbare und glaubwürdige Gründe anführen können, zum Beispiel, dass das Erbteil Simeons sehr eng mit dem von Juda verbunden ist, oder dass es doch schön wäre, einen anderen in einem Werk für den HERRN mit einzubeziehen. Doch all diese Argumentationen, wie gut sie auch gemeint sind, können nichts an dem einfachen Auftrag Gottes ändern, dass Juda als Erster hinaufziehen soll. Auf die Phasen im Niedergang, die die Folge hiervon sind, komme ich im Laufe dieses Kapitels von selbst zurück.
Vers 1 | Der Nachfolger Josuas
Und es geschah nach dem Tod Josuas, da befragten die Kinder Israel den HERRN und sprachen: Wer von uns soll zuerst gegen die Kanaaniter hinaufziehen, um gegen sie zu kämpfen?
Im ersten Vers wird die Verbindung mit dem vorangegangenen Buch, Josua, angegeben. Es ist eine Verbindung, die von demselben Charakter wie die Verbindung ist, die Josua 1,1 mit dem vorangegangenen fünften Buch Mose verknüpft. Das Buch Josua beginnt mit den Worten: „Und es geschah nach dem Tod Moses, des Knechtes des HERRN, da sprach der HERR zu Josua, dem Sohn Nuns, dem Diener Moses“ (Jos 1,1). Da ist von Nachfolge die Rede, und dort fällt gleichsam der Mantel des Mose auf einen anderen Knecht des HERRN, der sein Werk im Geist und in der Kraft Moses fortsetzt (vgl. 2Kön 2,12-14).
Das Buch Richter beginnt so: „Und es geschah nach dem Tod Josuas.“ Das heißt, dass das Vorbild des mächtig wirksamen Geistes Christi, von dem Josua ein Bild ist, nicht mehr da ist. Diesmal gibt es jedoch keinen Nachfolger. Dasselbe gilt für die Zeit, die der in der Apostelgeschichte beschriebenen Periode folgt. Nachdem der Apostel Paulus von der Bühne verschwunden ist, hören wir nichts von anderen Aposteln, die seine Position eingenommen hätten.
Die Frage, die Israel hier stellt, lässt erkennen, dass das Volk noch eine Einheit ist. Es ist eine Frage, die sie alle an Gott richten. Es ist hier noch nicht die Rede davon, dass ein jeder tut, was in seinen Augen recht ist. Der HERR wird noch als ihr Führer anerkannt.