Behandelter Abschnitt Off 15,1-5
Verse 1-5 Die Überwinder am gläsernen Meer
Johannes sieht ein anderes Zeichen in dem Himmel. Ein Zeichen ist mehr als ein Ereignis. Es ist ein Ereignis mit einer Botschaft, ein Ereignis, das et- was bedeutet. Er hat bereits zweimal ein Zeichen in dem Himmel gesehen. Beim ersten Zeichen ging es um Israel und das Kind, das daraus hervor- kommen würde, das ist der Herr Jesus (12,1.2). Das zweite Zeichen zeigte den Drachen und seine grausamen Versuche, das Kind zu töten (12,3–17).
Bei beiden Zeichen ging es um die Geschichte Israels und um das, was die- sem Volk in der Zeit der großen Drangsal widerfahren würde. Das Zeichen, das Johannes jetzt sieht, handelt von den Ereignissen, mit denen die übri- ge Menschheit es zu tun bekommt. Und es ist nicht einfach ein Zeichen. Es ist „groß“, das bedeutet, es ist ein umfangreiches Zeichen. Zudem ist es „wunderbar“, denn es wird das Fassungsvermögen all derer übersteigen, die damit zu tun haben.
Das Zeichen besteht aus sieben Engeln, die die sieben letzten Plagen ha- ben. Du bist bereits Zeuge der sieben Siegelgerichte und der sieben Po- saunengerichte gewesen. Nun folgen noch die sieben Schalengerichte. Nach diesen sieben Plagen folgen keine weiteren Plagen mehr. Mit diesen sieben Plagen hat Gott seinen Grimm vollendet und ist sein gerechter Zorn vollkommen gestillt. Doch was du in diesen Plagen zu sehen bekommst, übersteigt jede Vorstellung. Sie sind von nie gekanntem Ausmaß und gro- ßer Heftigkeit und folgen unaufhaltsam in schneller Geschwindigkeit auf- einander. Was diese Plagen bei denen bewirken, über die sie kommen, wird dich erschüttern.
Bevor jedoch diese letzten Gerichte losbrechen, siehst du zuvor wieder das gläserne Meer, das du bereits in Kapitel 4,6 gesehen hast. Dort war das Meer gleich Kristall, hier ist es mit Feuer vermischt. An (oder: auf) die- sem Meer steht eine Gruppe von Menschen. Das bedeutet, dass das Meer das Fundament ihrer Gegenwart im Himmel ist. Diese Menschen sind „durchsichtig wie Glas“, sie sind in völliger Übereinstimmung mit dem glä- sernen Meer, auf dem sie stehen. Alles in ihnen entspricht der heiligen Gegenwart Gottes, kein einziger dunkler Fleck von Sünde ist vorhanden. Deshalb haben sie das Wasser der Reinigung nicht mehr nötig und so ist das Meer nicht mehr flüssig. Außerdem haben sie die Feuerprobe ihres Glaubens durchstanden und sind nun zum Lob und zur Herrlichkeit und zur Ehre Jesu Christi (1Pet 1,7).
Ihr Glaube wurde in einer Weise erprobt, die wir uns nur schwer vorstellen können. Ich hoffe jedoch, dass ihre Treue zum Herrn, die sie in den schwersten Erprobungen bewiesen haben, dich und mich ermutigt, dem Herrn in unseren weitaus weniger schweren Erprobungen ebenfalls treu zu bleiben. Sie haben dem Tier mit seiner entsetzlichen Todesdrohung ins Auge gesehen. Doch sie haben das Tier überwunden.
Sie haben mehrfach überwunden. Zuerst einmal haben sie das Tier selbst überwunden: Sie haben sich trotz aller Drohungen nicht vor ihm niederge- beugt. Mit erhobenem Haupt, zum Himmel aufschauend (vgl. Apg 7,55.59), sind sie den Märtyrertod gestorben. Zweitens haben sie das Bild des Tieres überwunden: Sie haben dem verführerischen Aufruf zur Anbe- tung dieses Götzen kein Gehör geschenkt. Drittens haben sie die Zahl sei- nes Namens überwunden: Sie haben ihre Seele nicht verkauft, um am ge- sellschaftlichen Leben teilhaben zu können (13,15–17). Nicht diese Grup- pe, sondern das Tier ist der große Verlierer.
Als Folge ihres Sieges stehen sie hier, und du siehst sie, von den Toten auferstanden, lebend und singend. Die Harfen, die sie haben, sind ihnen von Gott geschenkt und dazu bestimmt, Den zu verherrlichen, der ihnen die Kraft gegeben hat, standhaft zu bleiben. Ihr Tod war zwar das Ende ih- rer irdischen Existenz, aber nicht das Ende ihrer Existenz vor Gott.
Und was singen sie? Sie singen zwei Lieder: das Lied Moses und das Lied des Lammes. Mose wird hier noch der Knecht Gottes genannt. Die Men- schen, die sein Lied singen, waren ebenso wie Mose treue Diener Gottes. Du kannst das Lied der Befreiung nur dann singen, wenn du gehorsam bist. Mose sang sein Lied mit den Israeliten sofort, nachdem sie aus der Sklave- rei Ägyptens befreit waren (2Mo 15,1-18). Es ist das erste Lied in der Bi- bel. Sie besingen darin die Macht des HERRN, der über die Macht des Pha- raos und seiner Reiter triumphiert hat. Es ist ein Lied, das in den Mund der Überwinder über das Tier passt. Es ist das letzte Mal, dass in der Bibel von einem Lied die Rede ist.
Sie singen auch das Lied des Lammes. Dieses Lied haben sie dem Lamm zu verdanken. Er hat dafür gesorgt, dass sie dieses Lied singen können, denn Er hat sie erlöst. Im Lied des Lammes preisen sie die Person des Lammes. Durch das Lamm wurden die Israeliten erlöst (2Mo 12,1-13), durch das Lamm sind alle Gläubigen aller Zeiten erlöst (5,9).
In den Liedern werden die Werke und die Wege Gottes besungen (Ps 103,7). Die Werke sind groß und wunderbar (siehe V. 1). Sie werden dem Herrn, Gott, dem Allmächtigen zugeschrieben. „Herr“ ist sein Name als Gebieter, als Eigentümer. Ihm gehört die ganze Schöpfung. In diesem Buch bringt Er sein Recht auf die Schöpfung zur Geltung. Als „Gott, Allmächti- ger“ ist Er damit beschäftigt, seine Schöpfung wieder in Besitz zu nehmen. Niemand braucht Ihm dabei zu helfen. Die Gerichte, die in diesem Buch in reichem Maße ausgeübt werden, sind ein Ausdruck seiner allmächtigen Werke. Ebenso allmächtig ist Er, was die Bewahrung der Seinen betrifft.
Als „König der Nationen“ (Jer 10,7) geht Er auf unterschiedlichen Wegen auf sein Ziel zu. Die Nationen mögen alles daransetzen, Ihm in seinen We- gen zu widerstehen, doch diese Versuche werden sich als nutzlos erwei- sen. Er steht in Majestät, Gewalt und Macht weit über ihnen. In seinem Handeln mit ihnen ist Er gerecht und wahrhaftig. Seine Wege haben eine gerechte Grundlage. Die verschiedenen Gerichte, die den Weg zu seinem Ziel bahnen, sind verdient. Die Gläubigen zu jener Zeit werden das verste- hen. Sie stimmen damit überein und erwarten Ihn (Jes 26,8.9). Bei der Ausübung der Gerichte ist Er wahrhaftig. Darin gibt es keinerlei Trug. Er richtet, weil Er über das Böse erzürnt ist, nicht aus Schadenfreude.
Die Überwinder stehen unter dem Eindruck der Werke und der Wege Got- tes. Wenn du Gottes Allmacht und sein Königtum auf dich einwirken lässt, kannst du dir dann vorstellen, den Herrn nicht zu fürchten und zu verherr- lichen? Kannst du dir das von anderen Menschen vorstellen? Für die Überwinder ist das keine Frage. Sie sehen Ihn, sie sehen sein Handeln und seine Absicht. Sie sehen auch den Aufstand des Tieres und seiner Anhä- nger und die Torheit ihrer Werke und Wege. Auf dem Hintergrund der auf der Erde herrschenden Unheiligkeit preisen sie den Herrn als den allein Heiligen. Er allein ist vollständig vom Bösen getrennt.
Seine Gerechtigkeiten, das sind seine gerechten Taten (vgl. 19,8) – hier of- fenbart in seinen Gerichten –, nötigen die Nationen, zu Ihm zu kommen und Ihn anzubeten (Ps 72,11). Sie werden erkennen müssen, dass kein an- derer Gott ist, außer Ihm allein. Die allgemeine Anbetung des Tieres macht der allgemeinen Anbetung Gottes Platz; Ihm allein steht Anbetung zu.
Beachte, dass die Überwinder nicht von ihren eigenen Erfahrungen singen, von ihrer Ausdauer und ihrer Überwindung über das Tier. Sie sind vielmehr mit der Macht Gottes beschäftigt, mit dem, was Er getan hat. Sie sind er- füllt von seiner Gerechtigkeit und Heiligkeit. Ist das nicht ein Hinweis da- rauf, dass du bei deinen Danksagungen insbesondere an das denkst, was Gott in dem Herrn Jesus getan hat?
Zusammen mit Johannes bekommst du jetzt die Vorbereitungen zu den letzten Plagen zu sehen. Der Tempel im Himmel wird geöffnet. Du schaust in den Tempel, die Wohnstätte der Heiligkeit Gottes. Diese Wohnung wird hier eng mit dem Zelt der Zusammenkunft verbunden; hier wird sie die „Hütte (o. das Zelt) des Zeugnisses“ genannt (vgl. 2Mo 25,22; 4Mo 10,11). Das Zelt war Gottes tragbare Wohnung während der Reise Israels durch die Wüste. Im Inneren des Zeltes befand sich die Bundeslade und darin la- gen die zwei steinernen Gesetzestafeln. Diese beiden steinernen Tafeln sind „das Zeugnis“. Du siehst hier in das tiefste Innere, das Herz des Him- mels.
Der Ort, von dem aus die folgenden Handlungen geschehen, steht also in Verbindung mit der Heiligkeit Gottes (Tempel), wie sie auf den steinernen Tafeln beschrieben steht (Hütte des Zeugnisses). Den Tafeln, dem Gesetz entsprechend wird Gott nicht nur sein Volk, sondern auch die Welt rich- ten. Auf diesen Tafeln stehen die Forderungen seiner Gerechtigkeit und Heiligkeit. Gott hat keine andere Norm, nach der Er richtet, als die Norm, die Er im Gesetz festgelegt hat. Wer Gott „überprüfen“ will, bekommt hier das entsprechende Material dazu. Immer wird sich erweisen, dass Gott in seinen Worten gerechtfertigt wird und überwindet, wenn Er gerichtet wird (Röm 3,4).