Behandelter Abschnitt 2Tim 4,1-6
Verse 1-6 „Predige das Wort“
In den vorhergehenden Versen hat Paulus Timotheus auf die Situation in der Chris- tenheit hingewiesen. Es war nicht zu erwarten, dass sie sich bessern würde, eher war eine Verschlechterung zu erwarten. Nach vielen Jahrhunderten Kirchengeschichte hat sich das auch erwiesen. Doch Paulus hat Timotheus auch auf Hilfsquellen für diese schweren Zeiten hingewiesen. Das hat er auf eine Weise getan, aus der du auch für dich Nutzen ziehen kannst. Nun kann und muss Timotheus ans Werk gehen. Auf eindringliche Weise stellt er Timotheus in die Gegenwart Gottes und Jesu Christi.
Diese Gegenwart war für Paulus eine Wirklichkeit. Er lebte vor dem Angesicht Got- tes und Jesu Christi und nicht vor den Augen der Menschen. Darin glich er Elia, der vor König Ahab sagen konnte: „… der Gott Israels, vor dessen Angesicht ich stehe“ (1Kön 17,1). Dieses Bewusstsein will er auch Timotheus vermitteln und ebenso dir.
Die Art und Weise, wie Paulus Christus Jesus und Gott miteinander verbindet, zeigt, dass Christus Gott ist. Im Anschluss daran sagt er drei Dinge von Christus, die damit zu tun haben, dass Er Mensch geworden ist. Zuallererst wird gesagt, dass Er „richten wird Lebende und Tote“. Gott, der Vater, „hat ihm Gewalt gegeben, Gericht zu hal- ten, weil er des Menschen Sohn ist“ (Joh 5,27). Danach wird Er sichtbar als Mensch erscheinen. Und schließlich wird Er sein Reich errichten.
Das Gericht über Lebende und Tote wird Christus zu verschiedenen Zeiten und bei verschiedenen Gelegenheiten ausführen. Die Lebenden wird Er richten, wenn Er als Mensch auf der Erde erscheinen und auf dem Thron seiner Herrlichkeit sitzen wird. Die auf der Erde lebenden Völker werden dann vor Ihm erscheinen und von Ihm ge- richtet werden (Mt 25,31-46). Die Toten wird Er nach seiner 1000-jährigen Herrschaft richten, wenn Er auf dem großen weißen Thron sitzt (Off 20,11.12).
Der Ordnung halber sei noch eben auf die Reihenfolge der Ereignisse hingewiesen, die in diesem Vers genannt werden: Zunächst erscheint der Herr Jesus auf der Erde, dann richtet Er die Lebenden, anschließend errichtet Er sein Reich und regiert 1000
Jahre, danach richtet Er schließlich die Toten. Der Vollständigkeit halber erwähne ich noch eine Gerichtssitzung, die vor den beiden genannten stattfindet: Es ist eine Ge- richtssitzung direkt nach der Entrückung der Gemeinde (2Kor 5,10). Dort empfängt der Gläubige Lohn entsprechend seiner Treue, in der er dem Herrn hier auf der Erde gedient hat.
Wie gesagt, wird der Ernst des Auftrags, der zu erfüllen ist, dadurch unterstrichen, dass Paulus dies hier vor dem Angesicht der beiden göttlichen Personen und ange- sichts der drei kommenden Ereignisse bezeugt. Doch darin liegt auch eine große Er- mutigung: Du darfst wissen, dass die schwierigen Verhältnisse enden, wenn der Herr Jesus, der jetzt noch verworfen ist, in Macht und Herrlichkeit wiederkommen wird. Der Gedanke, dass Er kommt, um Gericht auszuüben, macht dich frei von Menschen und befreit dich von Menschenfurcht.
Auf dem Hintergrund von Vers 1 folgt dann in Vers 2 der Auftrag. Der Gedanke an seine Erscheinung soll dich nicht lähmen, sondern dich anspornen, umso eifriger zu sein. Wenn Christus wiederkommt, kommt Er mit seinem Lohn (Off 22,12), der am Richterstuhl festgelegt wird. Dieser Lohn muss auf der Erde verdient werden. Du empfängst ihn, wenn du unter Einsatz all deiner Kräfte mit ganzem Eifer und in völ- liger Hingabe an den Herrn das tust, was Er von dir erwartet. Mit entsprechenden Worten teilt Paulus Timotheus mit, was von ihm erwartet wird. Es geht um eine Sa- che: „Predige das Wort.“ Nachdem in den Schlussversen von Kapitel 3 das Wort Got- tes als das Mittel vorgestellt wurde, durch das der Mensch Gottes zugerüstet wird, muss es nun gepredigt werden. Das ist zu allen Zeiten dringend nötig, ganz beson- ders aber dann, wenn die Gemeinde in Verfall geraten ist. „Predigen“ bedeutet hier „öffentlich proklamieren“, wie das ein kaiserlicher Herold tat. Die Botschaft, die ver- kündet werden sollte, dachte sich ein Herold nicht selbst aus. Der Botschaft eines He- rolds kein Gehör zu schenken, war eine ernste Angelegenheit.
Timotheus musste innerlich immer bereit sein, das Wort, also die gesamte Wahrheit, die Gott offenbart hat, weiterzugeben. Dazu musste er zu jeder Zeit bereit sein (vgl. 1Pet 3,15), ob es ihm gerade gelegen kam oder nicht, ob die Umstände nun günstig waren oder nicht. Er sollte auch überführen, also einen überzeugenden Beweis für das Verkehrte in Lehre und Leben liefern (vgl. Joh 16,8). War der Beweis gegeben, sollte er ernstlich zurechtweisen. Dieses Zurechtweisen oder An-den-Pranger-Stellen war ein öffentliches Bezeichnen, das deutlich machen sollte, wie verkehrt die betref- fende Person geredet oder gehandelt hatte.
Dazu gehört Mut, aber auch die richtige Gesinnung. Wenn man gegen Böses auftritt und Warnungen ausspricht, um Böses zu verhindern, muss das mit Langmut und Selbstbeherrschung geschehen und nicht im Jähzorn. Man muss auch Belehrung da- mit verbinden. Sowohl beim Überführen und Zurechtweisen als auch beim Belehren muss die Lehre der Schrift angewandt werden. Das ganze Vorgehen muss von der Schrift her begründet werden können.
Es ist immer äußerst wichtig, auf der Grundlage der Schrift zu handeln. Je weiter die Zeit voranschreitet, desto wichtiger wird das. Ich hoffe, dass das auch dein inneres Anliegen ist oder noch wird. Jedenfalls liegt es nicht an Paulus, wenn das an dir vor- beigeht. Er weist auf eine Zeit hin, wo Menschen, und zwar vornehmlich Namen- schristen, die gesunde Lehre nicht mehr ertragen werden. In dieser Zeit sind wir mittlerweile voll angekommen.
Erzähle Namenschristen einmal etwas von der „gesunden Lehre“, zum Beispiel über die Ehe. Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass sie dich auslachen, als altmodisch ab- stempeln und deine Vorstellungen als überholt bezeichnen. Sie verwerfen damit eine Lehre, die in sich und in ihren Auswirkungen gesund ist. Sie entscheiden sich für ein freies Ausleben der Sexualität. Dass dadurch eine Krankheit wie Aids entstanden ist und sich weiter ausbreitet, wollen sie nicht begreifen. Sie veranstalten lieber jährlich einen „Aidstag“, um die Aufmerksamkeit auf das Problem zu richten, und geben Geld aus, um die Krankheit selbst in den Griff zu bekommen. Aber das Problem an der Wurzel anzufassen und in dieser Hinsicht gesund zu leben, nämlich in Überein- stimmung mit der gesunden Lehre – dafür haben sie kein Ohr.
Im Gegenteil, sie richten ihre Ohren auf solche Lehrer aus, die das sagen, was sie gern hören wollen und deren Reden ihren Ohren schmeicheln. Sie kennen etliche von solchen Leuten. An Abwechslung fehlt es nicht. Eine Gemeinde wählt oder be- ruft dann einen Prediger, der es schön zu bringen weiß. Der Wahrheitsgehalt ist nicht wichtig, Hauptsache, es bietet geistliche Zerstreuung und streichelt das spiritu- elle Empfinden. Dasselbe gilt für Menschen, die Rednern nachlaufen, weil sie so schön predigen, ohne sich dabei zu fragen, ob die Predigt wohl biblisch ist. Die Folge davon ist, dass solche Leute sich innerlich verschließen, wenn sie wirklich einmal mit der Wahrheit in Berührung kommen. Sie wollen die Wahrheit überhaupt nicht hö- ren, sondern kehren ihre Ohren bewusst und immer wieder von der Wahrheit ab.
Die automatische Folge ist, dass sie sich dem Einfluss von Fabeln (wörtlich „My- then“) aussetzen. Das ist schon ziemlich ironisch, wenn man daran denkt, dass mo- derne liberale Theologen damit beschäftigt sind, die Bibel zu „entmythologisieren“, d. h. sogenannte Mythen in der Bibel aufzuspüren, um die Bibel dadurch ihrer Kraft zu berauben. Sie stempeln die Wunder der Bibel als Mythen ab und stellen sie als Märchen hin. Doch indem sie sich von der Wahrheit abwenden, nehmen sie selbst zu Mythen Zuflucht.
Alle Äußerungen moderner Denker und Prediger, die sich bei ihren Behauptungen auf die Wissenschaft berufen, tut Paulus mit einem Wort ab: Fabeln. Ein Beispiel aus jüngerer Zeit für eine Fabel oder einen Mythos ist das Buch Sakrileg – Der Da Vinci Code – ein Buch voller unsinniger religiöser Mysterien, Wahrheitsverdrehungen und lästerlicher Behauptungen über den Herrn Jesus. Dieses Buch, das auch verfilmt wurde, hat Millionen in seinen Bann gezogen. Es ist mehr als 36 Millionen Mal über den Ladentisch gegangen und in mehr als 40 Sprachen übersetzt worden. Ist es nicht schockierend, dass die Menschen sich so massiv den Fabeln zuwenden? Damit wird die Annahme des Antichrists vorbereitet, zu der es kommen wird, sobald sich dieser offenbart.
Das „Du aber“ erklingt nun zum dritten Mal. Paulus warnt dich davor, dich von die- ser starken antichristlichen Strömung mitreißen zu lassen. „Sei nüchtern“ in deinem Denken. Sorge dafür, dass du frei bleibst von verkehrten Einflüssen, denn die hin- dern dich daran, einen nüchternen und biblischen Blick für alle Dinge zu behalten.
Sei nicht leichtgläubig und lass dich nicht für Ideen begeistern, die nicht in der Wahr- heit begründet sind. Triff deine Entscheidungen wohlüberlegt. Überdenke alles im Gebet vor dem Herrn und befrage immer sein Wort. Sei bereit, die Konsequenzen ei- ner solchen Lebenshaltung auf dich zu nehmen und deswegen Bedrängnis zu erlei- den. Für dein Zeugnis für die Wahrheit wirst du keinen Dank ernten. Hab Mitleid mit den verlorenen Menschen und tu das Werk eines Evangelisten.
Versteck dich also nicht hinter dem Gedanken, möglicherweise nicht die Gabe eines Evangelisten zu haben. Darum geht es hier nicht. Es geht hier darum, dass du auf den Heiland hinweist, wo immer du Gelegenheit dazu hast. Timotheus hatte einen umfangreichen Dienst. Er sollte ihn in jeder Hinsicht voll erfüllen, so dass nichts un- getan blieb. Auch von dir erwartet der Herr, dass du das, was Er dir aufgetragen hat, völlig erfüllst. Dabei darfst du wissen, dass der Herr, wenn Er dir eine Aufgabe gibt, dir auch die Kraft und die Mittel dazu gibt.
Paulus drängt Timotheus zu all diesen Dingen, weil er selbst bald von der Bildfläche verschwinden würde. Sein Abscheiden sollte für Timotheus ein besonderer Ansporn sein, seinen Dienst zu erfüllen. Nun müsste er ganz zur Stelle sein, doch er konnte sich dabei auf das Fundament stützen, das der Apostel gelegt hatte. Paulus ver- gleicht sein Abscheiden mit dem Ausgießen eines Trankopfers. Ein Trankopfer wurde dem Brandopfer, das das Hauptopfer war, hinzugefügt. Sein ganzes Leben im Dienst für den Herrn war ein Leben völliger Hingabe und in diesem Sinn ein Brand- opfer.
Wo er jetzt nun davorstand abzuscheiden, sah er dies als ein Trankopfer an. Ein Trankopfer bestand aus Wein und spricht daher von Freude. Er wusste, dass er in die Freude seines Herrn eingehen würde (Mt 25,21). Das Wort „abscheiden“ bedeutet ei- gentlich „losgemacht werden“ (Phil 1,23) und weist darauf hin, dass eine Verbin- dung gelöst wird. Paulus sah nicht die Hinrichtung, sondern die Befreiung! Dass diese bevorstand, war für ihn eine Freude.