Behandelter Abschnitt 5Mo 32,26-38
Verse 26–38 | Der HERR ist der Fels seines Volkes
26 Ich hätte gesagt: Ich will sie zerstreuen, ihrem Gedächtnis unter den Menschen ein Ende machen! 27 Wenn ich die Kränkung [von Seiten] des Feindes nicht fürchtete, dass ihre Widersacher es verkännten, dass sie sprächen: Unsere Hand war erhaben, und nicht der HERR hat dies alles getan! 28 Denn sie sind eine Nation, die allen Rat verloren hat; und kein Verständnis ist in ihnen. 29 Wenn sie weise wären, so würden sie dies verstehen, ihr Ende bedenken. 30 Wie könnte einer tausend jagen, und zwei zehntausend in die Flucht treiben, wäre es nicht, dass ihr Fels sie verkauft und der HERR sie preisgegeben hätte? 31 Denn nicht wie unser Fels ist ihr Fels: [dessen] sind unsere Feinde selbst
Richter! 32 Denn vom Weinstock Sodoms ist ihr Weinstock und von den Fluren Gomorras; ihre Beeren sind Giftbeeren, bitter sind ihre Trauben. 33 Gift der Drachen ist ihr Wein, und grausames Gift der Ottern. 34 Ist dies nicht bei mir verborgen, versiegelt in meinen Schatzkammern? 35 Mein ist die Rache und die Vergeltung für die Zeit, da ihr Fuß wanken wird; denn nahe ist der Tag ihres Verderbens, und was ihnen bevorsteht, eilt herbei. 36 Denn der HERR wird sein Volk richten, und er wird es sich gereuen lassen über seine Knechte, wenn er sehen wird, dass geschwunden die Kraft, und der Gebundene und der Freie dahin sind. 37 Und er wird sagen: Wo sind ihre Götter, der Fels, bei dem sie Zuflucht suchten, 38 die das Fett ihrer Schlachtopfer aßen, den Wein ihrer Trankopfer tranken? Sie mögen aufstehen und euch helfen, mögen ein Schirm über euch sein!
Wenn hier nicht die Rede von einem göttlichen Eingreifen wäre, würde niemand entkommen. Dieses Eingreifen Gottes, wodurch eine Umkehr zustande kommt, wird in Vers 27 angedeutet mit den Worten „wenn ich ... nicht“. Zwei Motive liegen dieser Umkehr zugrunde. Erstens geht es um den Namen Gottes in dieser Welt, das Zeugnis seines Namens inmitten der Völker (Vers 27; Jos 7,9), und zweitens geht es um die Größe Gottes selbst (Vers 39).
Wenn Gott sein Volk vertilgen würde, könnten sich die Feinde ihrer Kraft rühmen und den HERRN für unfähig halten, sein Volk zu beschützen. In ihrer Verwegenheit haben sie kein Auge für den wahren Zustand des Volkes Gottes, ebenso wenig, wie sie das in Bezug auf ihren eigenen Zustand haben. Der Unglaube ist immer anmaßend und blind und leider gilt das auch für Gottes Volk. Es begreift einfach nicht, dass es allein durch die Kraft Gottes den Feind besiegen konnte. Es fehlt die Einsicht, dass ein Einzelner eine große Übermacht nur deshalb in die Flucht schlagen konnte, weil ihr Fels das bewirkte. Die Kraft des Volkes Gottes liegt nicht im Selbstvertrauen, sondern im Vertrauen auf Gott (Jes 30,15). Durch ihr Selbstvertrauen werden die Rollen vertauscht (Jes 30,17a). „Denn vom Weinstock Sodoms ist ihr Weinstock“ (Vers 32). Das scheint sich auf die Feinde Israels zu beziehen, die reif waren zum Gericht. Das Maß ihrer Ungerechtigkeit war voll (1Mo 15,16). Gott lieferte sie deshalb dem Schwert Israels aus, das sie ohne Schwierigkeiten besiegte. Der Fels des Feindes, das sind ihre Götter. Darin ist überhaupt keine Kraft. Der
Weinstock gibt ihren Ursprung an, der in der Sündhaftigkeit Sodoms und Gomorras liegt, und seine Frucht stimmt damit überein.
Doch diese Verse können auch auf Israel selbst hinweisen (Ps 80,8). Es wurde als ein edler Weinstock gepflanzt, in der Gesamtheit ein naturgetreuer Same. Doch die Sünde hat sie in entartete Ranken eines fremden Weinstocks verwandelt (Jer 2,21). Sie haben die Sünde und Ungerechtigkeit Sodoms übernommen und selbst die noch übertroffen (Jer 23,14; Hes 16,48). Gott bezeichnete sie als seinen Weinberg, einen Garten seiner Freude. Gott hatte gute Früchte erwartet, aber sein Weinberg hatte schlechte Früchte hervorgebracht (Jes 5,1-4).
Sie würden von der Frucht selbst trinken und dadurch umkommen. Auf welche Weise das geschieht, hält Gott verborgen. Er vergisst keine der geschehenen Sünden (Ps 90,8), ob es nun die Sünden der Völker sind oder die seines eigenen, unbußfertigen Volkes. Er führt Buch darüber, das zu einer durch ihn bestimmten Zeit geöffnet werden wird (Off 20,12).
Weil Gott nicht unmittelbar richtet, sündigen die Menschen gelassen weiter (Pred 8,11). Doch seine Vergeltung wird kommen, sowohl über die Feinde des Volkes (Jes 59,18) als auch über sein eigenes abgefallenes Volk (Heb 10,30). Das Wanken der Füße ist ein Bild von einem beginnenden Fall oder Absturz (Vers 35; Ps 38,16; 94,18).
Gleichzeitig mit dem Richten des Volkes, wird Er sich über seine Knechte erbarmen (Vers 36), das sind die Treuen innerhalb des untreuen Volkes in seiner Gesamtheit. Diese Treuen leiden in doppelter Hinsicht: von Seiten der Feinde des Volkes Israel und von Seiten ihrer gottlosen Volksgenossen.
Noch einmal weist Gott auf das Ende aller Gottlosen hin. Es ist keine Kraft in ihnen übriggeblieben. Spottend ruft Gott sie auf, sich an ihre Felsen, ihre Götter, zu wenden bezüglich ihrer Rettung und Beschirmung (Ri 10,14). Mit dieser Redensweise will der HERR sein Volk von der Nichtigkeit der Götzen sowie der Torheit des Götzendienstes überzeugen und zur Erkenntnis seiner allein wahren Gottheit bringen (Vers 39).