Behandelter Abschnitt Joh 10,7-9
Verse 7-9 Ich bin die Tür
7 Jesus sprach nun wiederum zu ihnen: Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Ich bin die Tür der Schafe. 8 Alle, die vor mir gekommen sind, sind Diebe und Räuber; aber die Schafe hörten nicht auf sie. 9 Ich bin die Tür; wenn jemand durch mich eingeht, so wird er errettet werden und wird einund ausgehen und Weide finden.
Der Herr fährt mit seiner Bildsprache fort und fügt noch eine Erklärung hinzu. So wie Er die Bildsprache mit einem doppelten und dadurch nachdrücklichen Wahrlich einleitete, gefolgt von dem gebietenden Ich sage euch (V. 1), so leitet Er auch das Folgende damit ein. Er bezeichnet sich selbst als die Tür. Er ist nicht die Tür Israels, sondern die Tür der Schafe. Es gibt keine andere Tür, keine andere Möglichkeit für die Schafe, den Ort des Segens zu betreten. Dieser Segen ist der Segen, der im Christentum gefunden wird und der auf einer völlig anderen Grundlage beruht als alles, was mit dem Judentum verbunden ist.
Der Herr spricht über die vielen, die sich selbst unter dem Volk eine Stellung angemaßt haben. Diese Personen sind Diebe und Räuber. Sie haben das Volk bestohlen, und sie haben vor allem Gott bestohlen, indem sie auf Kosten seines Volkes nur ihren eigenen Interessen nachgejagt sind. Die Schafe haben nicht auf sie gehört, das bedeutet, dass keine Beziehung des Vertrauens zwischen den Schafen und ihnen besteht.
Ab Vers 7 spricht der Herr über die Schafe, die bereits herausgeführt sind, seine eigenen Schafe. In Vers 9 stellt Er sich selbst noch einmal als die Tür vor, nun allerdings nicht mehr im Blick auf die Schafe, sondern im Blick auf die Segnungen, die jedes Schaf – das ist jeder Mensch (Hes 34,31) – bekommt, das durch Ihn in den Bereich des Segens hineingeht. Die Segnungen sind dreifach:
errettet werden
einund ausgehen
und Weide finden.
Der erste Segen ist errettet werden. Das dazu erforderliche Werk, sein Tod und seine Auferstehung, musste zwar erst noch stattfinden, doch der Herr deutet schon auf das Ergebnis des Werkes hin. Einund ausgehen sind Ausdrücke für Freiheit (Apg 9,28). Im Judentum gibt es keinen freien Zugang zu Gott. Die Juden dürfen auch nicht frei zu den Völkern hinauszugehen, um ihnen von Gott zu erzählen. Jetzt gibt es für beide Aktivitäten Freimütigkeit (Heb 10,19; Apg 8,4). Der dritte Segen ist: Weide finden. Damit ist die geistliche Speise gemeint, die der gute Hirte ihnen gibt. Das steht im Gegensatz zu den falschen Hirten, die nur sich selbst Gutes tun, sich selbst weiden und das Übrige zertreten (Hes 34,18).
Ich bin der gute Hirte (10,10–15)
10 Der Dieb kommt nur, um zu stehlen und zu schlachten und zu verderben. Ich bin gekommen, damit sie Leben haben und es in Überfluss haben. 11 Ich bin der gute Hirte; der gute Hirte lässt sein Leben für die Schafe. 12 Der Mietling aber und der nicht Hirte ist, dem die Schafe nicht gehören, sieht den Wolf kommen und verlässt die Schafe und flieht; und der Wolf raubt sie und zerstreut die Schafe. Der Mietling aber flieht, 13 weil er ein Mietling ist und sich nicht um die Schafe kümmert. 14 Ich bin der gute Hirte; und ich kenne die Meinen und bin gekannt von den Meinen, 15 wie der Vater mich kennt und ich den Vater kenne; und ich lasse mein Leben für die Schafe.
Der Herr macht auf den großen Gegensatz zwischen dem Dieb und dem guten Hirten aufmerksam. Ein Dieb kommt heimlich und unerwartet und ohne jegliches Mitleid. Er beutet die Schafe aus, und nicht nur das. Er kommt nicht nur, um zu stehlen, sondern auch um zu schlachten, also zu töten, und will sogar jede Spur seiner Bosheit verwischen, indem er alles verdirbt. Er gibt nichts, sondern nimmt alles, bis hin zum Leben und auch noch dessen Resten.
Wie völlig anders ist der Herr Jesus. Er ist nicht gekommen, um etwas zu nehmen, sondern um etwas zu geben, und zwar Leben, und das in Überfluss. Er gibt das Leben in seiner reichsten und überfliesenden Form, das ist das ewige Leben. Um das geben zu können, hat Er nicht nur sein Leben in die Waagschale gelegt, sein Leben riskiert, sondern Er hat es tatsächlich gegeben. Das ist der Beweis, dass Er der gute Hirte ist.
Das Gute an diesem Hirten ist nicht, dass Er seine Schafe herausführt und ihnen ewiges Leben gibt, sondern dass Er für sie sein Leben in den Tod gibt. Die herrliche Folge davon ist, dass Er seine Schafe herausführt und ihnen ewiges Leben gibt. Seine Schafe sind Ihm so wertvoll, dass Er, um ihnen Leben in Überfluss geben zu können, für sie in den Tod gehen wollte. In der Hingabe seines Lebens handelt Er hier selbst völlig freiwillig. Sie ist der größte Beweis seiner Liebe zu den Schafen. So lässt Er seine Jünger in Freiheit gehen, als sie kommen, um Ihn gefangen zu nehmen (18,8).
Welch einen Gegensatz bildet dieses Handeln zum Handeln eines Mietlings. Der Mietling zeigt einen anderen Aspekt eines falschen Hirten, außer dem, was der Herr zuvor über die Diebe und Räuber gesagt hat. Der Mietling braucht nicht unbedingt böse zu sein wie der Dieb oder der Räuber. Sein Interesse gilt jedoch nicht in erster Linie den Schafen, sondern dem Geld. Deshalb flieht ein Mietling, sobald Gefahr droht. Er denkt nicht an die Schafe, sie liegen ihm nicht am Herzen. Er sorgt sich nur um sein eigenes Leben. Er hat keinerlei Beziehung zu den Schafen.
Bei dem guten Hirten ist das ganz und gar anders. Der Herr Jesus ist der gute Hirte; Er eine enge Beziehung zu den Schafen. Er kennt sie, sie sind sein, Er widmet ihnen seine Aufmerksamkeit und sorgt für sie. Das gegenseitige Kennen des Hirten und Schafe beruht auf dem engen Band, das zwischen dem Hirten und den Schafen besteht. Dieser Hirte kennt die Bedürfnisse jedes einzelnen Schafes ganz genau. Weil eine Beziehung besteht, kennen die Schafe, die Ihm angehören, Ihn auch. Sie wissen, wer Er ist, der für sie sorgt.
Genauso wie der Vater den Sohn kennt, kennt der Hirte und seine Schafe. Das gegenseitige Kennen des Vater und des Sohnes ist vollkommen. So ist es auch mit dem Kennen des Herrn Jesus und der Seinen. Der Sohn ist die Freude des Herzens des Vaters. Auf dieselbe Weise sind die Schafe die Freude seines Herzens. Das gegenseitige Kennen basiert darauf, dass die Schafe dasselbe Leben haben wie der gute Hirte. Um das zu ermöglichen, hat der Herr Jesus sein Leben für die Schafe gelassen.