Behandelter Abschnitt Amos 1,11-12
Verse 11.12 | Gericht über Edom
11 So spricht der HERR: Wegen drei Freveltaten von Edom und wegen vier werde ich es nicht rückgängig machen: Weil es seinen Bruder mit dem Schwert verfolgt und sein Erbarmen erstickt hat und weil sein Zorn beständig zerfleischt und es seinen Grimm immerfort bewahrt, 12 so werde ich ein Feuer senden nach Teman, und es wird die Paläste von Bozra verzehren.
Edom ist ein anderer Name für Esau (1Mo 36,1), Jakobs Zwillingsbruder. Bei Edom geht es nicht so sehr um bestimmte Aktionen. Es geht mehr um seine Einstellung und Gesinnung gegenüber dem Volk Gottes. Sie werden aufgezeigt, und dafür wird er beschuldigt.
Edom war schon immer feindselig gegenüber dem Volk Gottes. So begegnete Edom dem Volk Israel mit dem Schwert auf seiner Reise in das verheißene Land (4Mo 20,18-21). Er hat einen unersättlichen, unversöhnlichen und tödlichen Hass gegen Israel. Jedes Gefühl des „Erbarmens“ gegenüber Israel, jede Form menschlicher Barmherzigkeit wurde von Edom im Keim „erstickt“. Gnade war ihm fremd.
Er ist nicht nur egoistisch, sondern auch voller Hass auf das, was von Gott ist. Er ist gegen alles gepanzert, was er für schwach hält. In seinem Urteil ist er steinhart. Er setzt allem, was ihn bedroht, ein Ende. Seine ganze Haltung strahlt einen zerstörerischen Zorn aus. Zerstörung ist das Einzige, woran er denken kann. Buße zu tun, kommt für ihn nicht in Frage. Er bewahrt seinen Grimm auf ewig.
Für Hiob in seinem Elend ist Gott einer, der ihn mit „seinem Zorn zerfleischt“ (Hiob 16,9). Hiob erlebt Gott als jemanden, der ihn hasst, dessen Zorn auf zerstörerische Weise gegen ihn wütet. Natürlich ist Gott so nicht, aber so erfährt Hiob Ihn. Doch Edom ist in seinem Charakter so geprägt. Er bewahrt seinen Zorn und seinen Grimm, als wären sie etwas, das ihm lieb ist und er will es nicht ändern.
Edom ist ein Bild von dem Fleisch, also dem eigenen „Ich“. Der Mensch ohne Gott lebt im Fleisch und hasst alles, was von Gott ist. Es wird nicht immer auf so eine brutale Weise zum Ausdruck kommen wie bei Edom in Bezug auf Israel. Aber was das Fleisch denkt, ist immer Feindschaft gegen Gott (Röm 8,7). Edom ist in seinem Wesen ein Mensch ohne Gott.
Aber auch das Fleisch ist im Gläubigen anwesend und ist in Feindschaft gegen Gott. De3shalb wird der Gläubige ermahnt, nicht auf die Dinge des Fleisches zu sinnen. Dies ist nur durch die Kraft des Heiligen Geistes möglich (Röm 8,13). Der Mensch ist untrennbar mit dem Fleisch verbunden. Es gibt sozusagen eine Blutsverwandschaft wie zwischen Jakob und Esau oder Israel und Edom. Dies geht über eine Bündnisbeziehung hinaus, wie sie beispielsweise zwischen Tyrus und Israel besteht. Für den Christen, der wiedergeboren ist, hat Gott die Sünde im Fleisch „verurteilt“ in Christus (Röm 8,3). Er darf dies bereits im Glauben sehen und danach leben.
In Zukunft wird Gott Edom wegen seiner Unversöhnlichkeit richten. Der Prophet Obadja widmet eine ganze Prophezeiung dem, wie und warum dieses Gericht stattfinden wird (Obad 1,1–21; Hes 25,12-14). Wegen der begangenen Verbrechen und der verbrecherischen Haltung werden die Städte Teman und Bozra ausgerottet. Teman ist eine der größten Städte Edoms; Bozra ist eine starke Festungsstadt im Norden Edoms. Diese Städte repräsentieren das ganze Land Edom.
Wenn wir in Edom ein Bild des sündigen Fleisches haben, dann können wir diese Städte als ein Bild davon sehen, wie sich das Fleisch äußert. Teman ist eine Stadt, die in der Bibel mit Weisheit verbunden ist (Jer 49,7; Obad 1,8.9). Wir können Teman als die Weisheit des Fleisches sehen, eine Weisheit des natürlichen Menschen, der denkt, dass er alles in seinen eigenen Händen hat und es kontrollieren kann. Aber Gott wird „ein Feuer senden“ in Teman, was für uns bedeutet: Er wird „die Weisheit der Weisen vernichten, und den Verstand der Verständigen … wegtun“ (1Kor 1,19).
Wie bereits gesagt wurde, ist Bozra eine Festung, die schwer zu erobern ist. Nach verschiedenen Auslegern ist es die Hauptstadt von Edom. In Verbindung mit Teman können wir in Bozra Festungen unserer eigenen Gedanken und Ideen sehen, die sich gegen Gott erheben. Aber das Feuer, das Gott nach Teman sendet, bedeutet, dass es auch „die Paläste von Bozra verzehren“ wird. Durch die Weisheit Gottes in Christus wurden die Weisheit der Welt und der Stolz des Herzens gerichtet. Diejenigen, die dies erkannt haben, können mit Paulus sagen: „Denn die Waffen unseres Kampfes sind … göttlich mächtig zur Zerstörung von Festungen, indem wir Vernunftschlüsse zerstören und jede Höhe, die sich erhebt gegen die Erkenntnis Gottes, und jeden Gedanken gefangen nehmen unter den Gehorsam des Christus“ (2Kor 10,4.5).