Behandelter Abschnitt Amos 1,9-10
Verse 9.10 | Gericht über Tyrus
9 So spricht der HERR: Wegen drei Freveltaten von Tyrus und wegen vier werde ich es nicht rückgängig machen: Weil sie Gefangene in voller Zahl an Edom ausgeliefert und sich nicht an den Bruderbund erinnert haben, 10 so werde ich ein Feuer senden in die Mauer von Tyrus, und es wird seine Paläste verzehren.
Tyrus, das für ganz Phönizien steht, hat die gleiche Sünde begangen wie die Philister. Auch sie haben israelitische Gefangene verkauft. Wegen ihrer Sünde brachen sie auch den Bund. In der Zeit Davids und Salomos gab es einen Bund zwischen Israel und Tyrus (1Kön 5,26). Andere Schriften zeigen die Freundschaft, die zwischen Israel und Tyrus über einen längeren Zeitraum bestand (2Sam 5,11; 1Chr 14,1; 2Chr 2,11-15). Das Böse, das von Bundesbrüdern angetan wird, ist schlimmer als das Böse eines Feindes. Es ist Verrat. Du erwartest nicht, dass dir ein Freund etwas Böses antut.
Amos erwähnt nicht, dass Tyrus in Israel eingedrungen ist; das „Wegführen“ von Vers 6 fehlt hier. Es ist möglich, dass Tyrus als „Mittelsmann“ fungierte, der Israeliten wahrscheinlich von Syrien oder anderen gekauft und an Edom weiterverkauft hat. Es ist bekannt von Tyrus, dass sie mit Menschen gehandelt haben (Hes 27,13).
Soweit wir wissen, hat Israel noch nie einen Krieg mit Tyrus geführt. Doch Tyrus hat verräterisch gehandelt und wollte sich als Handelsstadt sogar durch den Handel mit Menschen bereichern, die obendrein zum Volk Gottes gehören. Gott wird daher auch sein Gericht über dieses Volk vollstrecken. Sein ganzes Vermögen wird vergehen. Die Kaufleute sind alles Fürsten, die in Luxushäusern und Palästen leben. Von dieser Pracht wird nichts übrigbleiben.
Für uns Christen ist das Gericht über Tyrus eine ernste Warnung. Das Gericht Gottes wird hart auf diejenigen fallen, die brüderliche Gemeinschaft verräterisch aufkündigen. Dieser Bruch findet statt, wenn ein Christ seinen eigenen Interessen und Vorstellungen nachjagt und dabei schriftgemäße Verhaltensweisen als Christ vernachlässigt, ob im persönlichen Leben oder im gemeinschaftlichen Leben mit anderen Gläubigen in der Gemeinde.
Mit einer solchen Gesinnung verblassen die christlichen Tugenden allmählich. Eine solche Person möchte vielleicht immer noch vom Namen her ein Christ genannt werden, christliche Versammlungen besuchen und sogar am Abendmahl teilnehmen, aber die christlichen Werte werden „verkauft“. Gott durchschaut das. Er lässt sich nicht täuschen und richtet diejenigen, die solche Dinge tun (1Kön 11,27-31).