Verse 2 | Der HERR brüllt
Und er sprach: Der HERR wird aus Zion brüllen und aus Jerusalem seine Stimme erschallen lassen, und die Weideplätze der Hirten werden trauern, und der Gipfel des Karmel wird verdorren.
Amos beginnt dort, wo Joel aufhört. Die letzten Worte Joels handeln vom Gebrüll des HERRN wie vom Gebrüll eines Löwen (Joel 4,16). Joel spricht in Juda und seine Aussage ist in Israel wahrscheinlich nicht bekannt. Aufgrund des Gebrauchs, den Amos davon macht, wird dieses Gericht auch in Israel bekannt. Hierdurch werden die Prophezeiungen dieser beiden Diener Gottes miteinander verbunden. Zwei voneinander getrennte Zeugen Gottes geben somit dasselbe Zeugnis.
Der HERR spricht aus Zion, dem zentralen Ort der Anbetung und Regierung. Er tut dies nicht, um zu trösten und zu führen, sondern um anzuklagen und zu verurteilen. Dabei spricht Er nicht nur zu Fremden, sondern auch und vor allem zu seinem Volk. Amos bezieht sich hier, obwohl er in Israel auftritt, auf Zion als Wohnsitz des HERRN.
Das „Brüllen“ des Löwen wird als Donner in der Luft wahrgenommen. In Joel geht das „Brüllen“ dem Friedensreich voraus. Es ist dort als Drohung an die Feinde gerichtet, während darauf folgt, dass seinem Volk Schutz gewährt wird. Hier in Amos richtet sich das Gebrüll des HERRN gegen die Feinde seines Volkes, aber auch gegen sein eigenes Volk, weil sie sich Ihm gegenüber feindselig verhalten. Es folgt nicht die Gewährung von Schutz, sondern die Verkündigung des Gerichts (vgl. Jer 25,30-33). Das Brüllen ist aber noch eine Drohung und kein zerstörerisches Gericht. So stellt sich der HERR ganz am Anfang dieser Prophezeiung auf.
Das von Amos angekündete Gericht betrifft nicht nur die Menschen, sondern auch das Land an sich. Die „Trauer der Weideplätze“ zeigt an, dass Gras und Blumen ihre Schönheit verlieren werden (Hos 4,3; Joel 1,10). „Der
Gipfel des Karmel“ ist bekannt für seine üppige Bewaldung, die Schatten spendet.
Gott wird kommen, um zu richten, indem Er den fruchtbaren Regen aufhören lässt. Große Dürre ist die Folge. Die Weiden in Galiläa werden austrocknen, ebenso wie das Waldgebiet vom Karmel. Durch die Gerichte Gottes wird das friedliche Wirken der Hirten eingestellt, denn es gibt kein Gras mehr für die Herden (Jer 25,36-38). Und wer hinausgeht auf den Karmel, um sich unter den Bäumen vor großer Hitze zu schützen, der wird vergeblich Schutz suchen.