Behandelter Abschnitt Amos 1,3-5
Verse 3–5 | Gericht über Damaskus und Syrien
So spricht der HERR: Wegen drei Freveltaten von Damaskus und wegen vier werde ich es nicht rückgängig machen: Weil sie Gilead mit eisernen Dreschschlitten gedroschen haben, 4 so werde ich ein Feuer senden in das Haus Hasaels, und es wird die Paläste Ben-Hadads verzehren; 5 und ich werde den Riegel von Damaskus zerbrechen, und den Bewohner ausrotten aus der Talebene Awen, und den, der das Zepter hält, aus Beth-Eden; und das Volk von Syrien wird nach Kir weggeführt werden, spricht der HERR.
Nachdem Amos sich selbst (Vers 1) und seinen Herrn (Vers 2) vorgestellt hat, beginnt er mit der Ankündigung der Gerichte. Zuerst sind die „bösen Nachbarn“ Israels (Jer 12,14) an der Reihe, danach Juda und Israel. Die Nationen werden gerichtet, weil sie, nachdem sie von Gott gebraucht wurden, um sein Volk zu züchtigen, ihre eigenen Interessen brutal verfolgt haben (Jes 10,5-19). Der oft wiederholte Ausspruch „so spricht der HERR“ zeigt, dass das, was gesagt wird, seinen Ursprung in Ihm hat. „Wegen drei Freveltaten … und wegen vier, werde ich es nicht rückgängig machen“, ist eine hebräische Redewendung, um zu sagen, dass es sich um eine häufige oder vielfältig auftretende Freveltat handelt. Daraus wird ersichtlich, dass das Maß voll ist und überläuft (Spr 30,15-31; 6,16; Hiob 5,19; Pred 11,2). Aus diesem Grund gibt es keine Änderung an dem Gericht.
In Übereinstimmung mit dieser Redewendung führt der Prophet auch nicht alle Straftaten auf. Als Beispiel beschreibt er nur eine Freveltat. Diese eine Freveltat ist typisch für die vielen Freveltaten, die begangen wurden. Obwohl eine Freveltat für das Gericht Gottes ausreicht, zeigt sich hieraus
Gottes Geduld. Gott vollzieht das Gericht nur, wenn das Maß voll ist und das Böse überströmt (1Mo 15,16). Weitere Verzögerungen würden Ihn hinsichtlich seiner Ankündigungen über das Gericht unglaubwürdig machen.
Der Geist Gottes beginnt mit dem größten ausländischen Feind, Syrien. Damaskus ist die Hauptstadt und repräsentiert die gesamte Bevölkerung Syriens. Die folgenden Feinde sind alle in gewisser Weise mit dem Volk Gottes verbunden: die Philister, indem sie auf ihrem Gebiet wohnen, Tyrus durch das Bündnis und Edom, Ammon und Moab durch Verwandtschaft.
Die grausame Art und Weise, wie die Syrer mit den Israeliten auf der Ostseite des Jordans, einschließlich Gilead, umgegangen sind, wird nicht vergeben werden. Dies geschah durch Hasael, der dieses Gebiet eroberte und die Gefangenen tötete und „sie gemacht hat, wie den Staub, den man zertritt“ (2Kön 13,7; 10,32.33).
Das Gericht, von dem das Feuer ein Bild ist, wird vom HERRN selbst über Syrien gebracht. Er sendet das Feuer. Dieses „Feuer senden“ kommt immer wieder bei den nächsten Nationen vor, bis auf die letzte, Israel. An erster Stelle trifft es „das Haus Hasaels“.
Die Tatsache, dass Hasael namentlich erwähnt wird, ist nicht umsonst. Er regiert über Syrien von ca. 841 bis 806 v. Chr. Als Elisa auf Wunsch von Ben-Hadad in Damaskus ist, trifft er Hasael. Bei diesem Treffen ist Elisa das Böse bewusst, das Hasael Israel antun wird. Das sagt er ihm auch (2Kön 8,7-15). Aber Hasael und seine Nachfolger lassen sich durch diese Prophezeiung nicht von ihren bösen Taten abbringen. Trotz des Kontakts mit den Propheten des Volkes Gottes haben sie Israel grausam behandelt. Das macht sie umso schuldiger, weil sie sich an dem Volk Gottes vergriffen haben.
Jede Verteidigung gegen dieses Gericht Gottes wird sich als vergeblich erweisen, weil der „Riegel“ fehlt. Der Riegel ist die Querstange, die vor das Tor geschoben wird, um es damit zu schließen. Wenn der HERR den Riegel zerbricht, bedeutet das, dass Er dem Feind freien Zugang gewährt. In einer breiteren Anwendung geht es darum, ihnen all die Macht und Sicherheit, auf die sie vertrauen, zu nehmen.
Dieses Gericht über Syrien wurde 732 v. Chr. vom König von Assyrien, Tiglat-Pileser, vollzogen (2Kön 16,9). Das Gericht kommt über das ganze
Volk, nicht nur über „den, der das Zepter hält“, welche seine Führer und andere hochrangige Personen sind, die sie zu einer Freveltat angestiftet haben. Das ganze Volk ist verantwortlich. Sie haben ihre Führer unterstützt.
Talebene Awen bedeutet „Tal der Götzen oder Nichtigkeit“ – das ist Damaskus in den Augen Gottes – und steht für Götzendienst. Beth-Eden bedeutet „Haus der Lust, Haus des Vergnügens“ – das ist in den Augen des Menschen Damaskus – und steht für fleischliche Vergnügen. Anhänger dieser Ausprägungen des Bösen werden ausgerottet.
Wo Kir gelegen hat, kann nicht mit Sicherheit gesagt werden. Es wird angenommen, dass es sich in Armenien oder Georgien in der Nähe des Kaukasus befunden hat. Amos wird damit den Ort meinen, aus dem das syrische Volk ursprünglich kam (Amos 9,7) und von dem aus es seine Eroberungen machte. Dorthin werden die Syrer verbannt werden. Wir können dies mit der Drohung vergleichen, die der HERR über sein eigenes Volk ausspricht, wenn Er sagt, dass Er sie im Fall von Untreue wieder nach Ägypten zurückbringen wird, d. h., dass Er sie wieder in die Sklaverei bringen wird.