Verse 2 | Die Torheit der politischen Bündnisse
Ephraim weidet sich an Wind und jagt dem Ostwind nach; den ganzen Tag mehrt es Lüge und Gewalttat; und sie schließen einen Bund mit Assyrien, und Öl wird nach Ägypten gebracht.
Ephraim unternimmt einen enormen Aufwand, um sich zwischen Assyrien und Ägypten, den politischen Großmächten jener Tage, zu behaupten. Wie töricht das ist, zeigt der Prophet, indem er sagt, dass Ephraim sich „an Wind weidet“. Wie kann man sich von etwas so schwer fassbarem wie Wind ernähren? Das Nachjagen vom Wind zeigt, wie eitel die Hoffnung ist, die sich auf den Menschen stützt. Wie unbelehrbar ist das Volk – und das gilt für jeden Menschen –, dass trotz der Enttäuschung, die die Suche nach Hilfe bei Menschen immer mit sich bringt, nichts daran ändert, beim nächsten Mal wieder Hilfe bei Menschen zu suchen.
Dieses Nachjagen bringt nicht nur keinen Vorteil, sondern hat sogar einen großen Nachteil: Es bewirkt den eigenen Untergang. Deshalb ist es nicht nur sich an Wind weiden, was auf die Vergeblichkeit der Bemühungen hinweist, sondern es wird auch als Ostwind bezeichnet. Dieser Ostwind oder Schirokko ist der sengende Wind aus der Wüste, der wie eine Geißel über die Ernte hereinbricht und sie vernichtet (vgl. Hos 13,15).
Israels hartnäckige Versuche, Hilfe bei den Nachbarländern zu suchen, werden auch dadurch belegt, dass sie sich „den ganzen Tag“ damit beschäftigen. Schon früher wurde geklagt, dass sie immer wieder Bündnisse schließen (Hos 10,4). Sie schließen einen Bund mit Assyrien und versuchen auch, Ägypten an die Hand zu bekommen, indem sie es mit Öl versorgen. Ihre ganze Politik besteht darin, diese Großmächte gegeneinander auszuspielen (2Kön 17,3.4). Darin können wir auch die Doppelzüngigkeit Israels beobachten. Manchmal verbünden sie sich mehr mit Ägypten, manchmal mehr mit Assyrien, wie es ihnen gerade gut dünkt.