Behandelter Abschnitt Dan 6,12-14
Verse 12–14 | Angeklagt
Da liefen jene Männer eilig herbei und fanden Daniel betend und flehend vor seinem Gott. 13 Dann traten sie hinzu und sprachen vor dem König bezüglich des königlichen Verbots: Hast du nicht ein Verbot aufzeichnen lassen, dass jedermann, der innerhalb von dreißig Tagen von irgendeinem Gott oder Menschen etwas erbitten würde außer von dir, o König, in die Löwengrube geworfen werden sollte? Der König antwortete und sprach: Die Sache steht fest nach dem Gesetz der Meder und Perser, das unwiderruflich ist. 14 Hierauf antworteten sie und sprachen vor dem König: Daniel, einer der Weggeführten aus Juda, achtet weder auf dich, o König, noch auf das Verbot, das du hast aufzeichnen lassen; sondern er verrichtet dreimal am Tag sein Gebet.
Diese Männer kennen Daniels Gewohnheit und die Zeiten, zu denen er betet. Sie kennen auch seinen Charakter, dass er sie treu beibehalten wird, ungeachtet der Folgen. Völlig einig in ihrem böswilligen Plan gehen sie zu Daniels Haus. Sie lauern ihm quasi auf, und ihre Erwartung wird nicht enttäuscht: Sie finden einen betenden und flehenden Daniel vor. Jetzt haben sie, was sie wollen: den Gesetzesverstoß, dass er sich an jemand anderen als an Darius wendet. Jetzt können sie ihn verklagen und verurteilen. Die Anklage beruht jedoch nicht auf einem Mangel in seinem Dienst für Gott, sondern auf seiner Treue im Dienst für Gott. Ihre Verschwörung gelingt, weil sie zu Recht auf Daniels konsequente Haltung im Dienst für seinen Gott zählen können.
Vielleicht hörten sie ihn beten und um Gnade flehen. Falls Daniel schon bemerkt hat, dass diese Menschen ihn sehen und hören, wird das sein Beten und Flehen nur noch inniger gemacht haben. Er bittet und fleht „vor seinem Gott“. Was auch immer die Menschen gegen ihn planen können, über sie hinweg sieht er seinen Gott. Die Tatsache, dass er betet und fleht, bedeutet, dass er von sich selbst keine Möglichkeit der Erlösung erwartet. Er beruft sich auch nicht auf irgend etwas Herausragendes in seiner Persönlichkeit. Beten und Flehen bedeutet, alles von Gott allein zu erwarten, ohne Rückgriff auf irgendeinen eigenen Verdienst. Das schließt jeden Anspruch auf Erhörung aus.
Nachdem diese Männer herausgefunden haben, dass Daniel weiter betet, laufen sie „eilig“ zum König, um Daniel anzuklagen. Sie verlieren keine
Zeit. Sobald sie bei Darius ankommen, erinnern sie ihn fragend an sein Gesetz und weisen dabei auch auf die Strafe bei dessen Übertretung hin. Der König bestätigt, dass er dieses Gesetz erlassen hat, und fügt hinzu, dass es unwiderruflich ist.
Nun präsentieren sie den „Übeltäter“ und nennen triumphierend seinen Namen: Daniel. Sie ergänzen, dass er „einer der Weggeführten aus Juda“ ist. Daraus spricht ihre Verachtung für alle, die als Weggeführte aus Juda unter ihnen leben. Die Anklage, die sie vor Darius bringen, lautet: Daniel missachte sowohl ihn (den König), als auch das von ihm unterschriebene Verbot. Auf diese Weise versuchen sie, Darius bei seinem Ehrgefühl zu packen (vgl. Dan 3,12).