Behandelter Abschnitt Hes 23,11-21
Verse 11–21 | Die Sünde der Oholiba
11 Und ihre Schwester Oholiba sah es, und sie trieb ihre Lüsternheit schlimmer als sie, und ihre Hurereien weiter als die Hurereien ihrer Schwester. 12 Sie entbrannte zu den Söhnen Assurs, Statthalter und Vorsteher, die nahe waren, prächtig gekleidet, Reiter, auf Pferden reitend, allesamt anmutige Jünglinge. 13 Und ich sah, dass sie sich verunreinigt hatte: Einen Weg hatten beide. 14 Aber sie trieb ihre Hurereien noch weiter; denn sie sah Männer, an die Wand gezeichnet, Bilder von Chaldäern, mit Zinnober gezeichnet, 15 mit Gürteln an ihren Lenden gegürtet, überhängende Mützen auf ihren Häuptern, von Aussehen Anführer allesamt, ähnlich den Söhnen Babels in Chaldäa, ihrem Geburtsland; 16 und sie entbrannte zu ihnen, als ihre Augen sie sahen, und sie sandte Boten zu ihnen nach Chaldäa. 17 Und die Söhne Babels kamen zu ihr zum Liebeslager und verunreinigten sie durch ihre Hurerei. Und als sie sich an ihnen verunreinigt hatte, riss sich ihre Seele von ihnen los. 18 Und als sie ihre Hurereien aufdeckte und ihre Blöße aufdeckte, da riss sich meine Seele von ihr los, so wie meine Seele sich von ihrer Schwester losgerissen hatte. 19 Und sie mehrte ihre Hurereien, indem sie sich an die Tage ihrer Jugend erinnerte, als sie im Land Ägypten hurte. 20 Und sie entbrannte zu dessen Liebhabern, deren Fleisch wie das Fleisch der Esel und deren Erguss wie der Erguss der Pferde ist. 21 Und du schautest dich um nach der Schandtat deiner Jugend, als die von Ägypten deinen Busen betasteten um deiner jugendlichen Brüste willen.
Jerusalem (und Juda) hat sich von dem schrecklichen Beispiel Samarias und Israels nicht davon abhalten lassen, denselben sündigen Weg zu gehen (Vers 11). In der Tat hat sie ihre Schwester an Bosheit übertroffen. Ihre Leidenschaft verleitete sie dazu, noch verderblicher zu handeln als ihre Schwester.
Wie Samaria hat auch Juda Hilfe bei Assyrien gesucht (2Kön 16,7), denn auch sie hat sich von dem, was Assyrien zu bieten hat, bezaubern lassen (Vers 12; Vers 6). Der HERR erkennt, wie sie sich verunreinigt hat, indem sie sich mit Assyrien verband und dessen Götzendienst annahm (Vers 13). So gehen beide Schwestern, Ohola und Oholiba, denselben Weg des Bösen, weg vom HERRN.
Jerusalem beschränkt sich nicht auf Assyrien. Sie gerät auch unter die Verlockungen der Chaldäer oder Babylonier (Vers 14). Sie sieht die Bilder der Chaldäer, Porträts, die nach babylonischer Sitte in die Wand eingraviert sind. Die rote Farbe des Zinnobers macht sie anziehend und attraktiv. Die abgebildeten Männer tragen mit Stolz die Kleidung von Babel (Vers 15). Die Werbung wirkt bezaubernd. Jerusalem verliebt sich sofort, als sie es mit eigenen Augen sieht (Vers 16). Die Begehrlichkeit kommt durch das Sehen. Sie ist die Ursache für den Fall in die Sünde (1Mo 3,6; 1Joh 2,16). Werbung funktioniert auch heute noch auf die gleiche Weise.
Jerusalem schickt Abgesandte nach Babel, um sich mit ihr zu verbünden. Für ein Volk, das den HERRN als seinen Gott hat, ist diese Mission zutiefst beschämend. Diese Mission ist eine große Unehre für Gott. Damit begeht Jerusalem geistliche Untreue, die einer Hurerei gleichkommt (Vers 17). Sie verunreinigt sich durch diese Tat. Das Teilen des Liebesbetts bezieht sich möglicherweise auch auf die Anbetung der Götzen Babels, was wir in dem Wort „Hurerei“ sehen. Dann wird sie von Babel angewidert, weil Babels Liebe vorbei ist und Babel sie hart behandelt. Aber als Babel bemerkt, dass Jerusalem während der Herrschaft von Jojakim und Zedekia Hilfe von Ägypten sucht (Jer 37,5-8; Hes 17,12-15), wendet sich Babel gegen Jerusalem.
Schamlose Hurerei oder Götzendienst bedeutet, dass sich auch Gott mit Abscheu von Jerusalem abwendet (Vers 18). Er kann es nicht ertragen, dass sie, die Er zur Frau genommen hat, sich wie eine vulgäre Hure verhält, die ihren Körper für jeden Mann entblößt.
Jerusalem hurt weiter und weiter und vervielfältigt ihre Hurereien, indem sie neue Kontakte knüpft, jetzt mit Ägypten (Vers 19). Sie sucht bei Ägypten Hilfe gegen die Vorherrschaft Babels. Infolgedessen nimmt sie die Sitten Ägyptens an. Juda ahmt darin Samaria nach (Verse 3.8). In Jerusalem kommt die „Verliebtheit“ der Vergangenheit wieder hoch (Vers 20). Die Ägypter werden mit „Eseln“ und „Pferden“ verglichen, Tieren, die für ihren feurigen Geschlechtstrieb bekannt sind. Für die Befriedigung dieser Tierart stellt sich Jerusalem zur Verfügung.
Dann wendet sich Hesekiel direkt an Jerusalem: „Und du schautest dich um.“ Er erinnert sie an ihre vergangenen schändlichen Begierden und klagt sie an, dass sie diesen Gefühlen erlaubt, wieder die Oberhand über sie zu gewinnen (Vers 21). Es ist eine Warnung an uns: Wenn vergangene Sünden, besonders sexuelle, nicht radikal als Sünde verurteilt werden, werden sie uns früher oder später wieder ergreifen (vgl. Eph 4,17-19).
In der niederländischen Tageszeitung de Telegraaf vom 24. April 2010 habe ich einen Artikel über „erste Eindrücke“ gelesen, in dem das „Erinnern an die Tage ihrer Jugend“ (Vers 19) eine aktuelle Anwendung hat. Der Artikel zitiert einen auf Ehescheidungen spezialisierten Anwalt. Nachdem er den deutlichen Anstieg der Ehescheidungen im ersten Quartal 2010 auf etwa 20% geschätzt hat, sagt er: „Die Zahl der Ehescheidungen nimmt seit Jahren zu, unter anderem, weil die Menschen immer häufiger fremdgehen und wegen des Aufkommens des Internets. Das führt dazu, dass alte Lieben plötzlich wieder auftauchen – mit weitreichenden Folgen.“
Alte Lieben mit „ersten Eindrücken“, die nicht vergessen sind, nicht abgelegt wurden und wieder aufflammen …