Behandelter Abschnitt Hes 23,22-35
Verse 22–35 | Gericht über Oholiba
22 Darum, Oholiba, so spricht der Herr, HERR: Siehe, ich erwecke gegen dich deine Liebhaber, von denen deine Seele sich losgerissen hat, und lasse sie von ringsumher über dich kommen: 23 die Söhne Babels und alle Chaldäer, Pekod und Schoa und Koa, alle Söhne Assurs mit ihnen, anmutige Jünglinge, Statthalter und Vorsteher allesamt, Anführer und Räte, allesamt auf Pferden reitend. 24 Und sie werden über dich kommen mit Waffen, Wagen und Rädern und mit einer Schar von Völkern; Schild und Tartsche und Helm werden sie ringsum gegen dich richten. Und ich werde ihnen das Gericht übergeben, und sie werden dich richten nach ihren Rechten. 25 Und ich will meinen Eifer gegen dich richten, und sie werden im Grimm mit dir verfahren: Deine Nase und deine Ohren werden sie abschneiden, und was dir übrig bleibt, wird durchs Schwert fallen; deine Söhne und deine Töchter werden sie wegnehmen, und was dir übrig bleibt, wird durchs Feuer verzehrt werden. 26 Und sie werden dir deine Kleider ausziehen und deine herrlichen Geschmeide nehmen. 27 Und ich will bewirken, dass deine Schandtat von dir ablässt und deine Hurerei vom Land Ägypten her, so dass du deine Augen nicht mehr zu ihnen erheben und dich an Ägypten nicht mehr erinnern wirst. 28 Denn so spricht der Herr, HERR: Siehe, ich gebe dich in die Hand derer, die du hasst, in die Hand derer, von denen deine Seele sich losgerissen hat. 29 Und sie werden im Hass mit dir verfahren und deinen ganzen Erwerb wegnehmen und dich nackt und bloß lassen; und deine hurerische Blöße und deine Schandtat und deine Hurereien werden aufgedeckt werden. 30 Das wird dir geschehen, weil du den Nationen nachgehurt hast, weil du dich mit ihren Götzen verunreinigt hast. 31 Auf dem Weg deiner Schwester bist du gewandelt, und so will ich ihren Becher in deine Hand geben. 32 So spricht der Herr, HERR: Du wirst den Becher deiner Schwester trinken, den tiefen und weiten: Zum Gelächter und zum Spott wird er gereichen, weil er so viel fasst. 33 Voll Trunkenheit und Kummer wirst du werden; der Becher deiner Schwester Samaria ist ein Becher des Entsetzens und der Betäubung. 34 Und du wirst ihn trinken und ausschlürfen und wirst seine Tonscherben benagen und deine Brüste zerreißen; denn ich habe geredet, spricht der Herr, HERR. 35 Darum, so spricht der Herr, HERR: Weil du mich vergessen und mich hinter deinen Rücken geworfen hast, so trage du auch deine Schandtat und deine Hurereien.
„Darum“ (Vers 22) bezieht sich auf die in den vorherigen Versen erwähnte Untreue. Der HERR wird als Strafe für diese Untreue die Nationen gegen Israel aufbringen, bei denen es zuvor Hilfe gesucht hat. Der HERR sagt, welche Nationen das sind (Vers 23). Es sind die Babylonier und die Assyrer mit einigen Nomadenstämmen, die es so bewundert hat (Vers 6), gegen die es aber auch wieder rebelliert hat. Sie werden mit großem militärischem Aufgebot gegen Jerusalem ziehen und sich von allen Seiten gegen sie stellen (Vers 24). Der HERR wird ihnen die Macht geben, das Gericht über Jerusalem zu vollstrecken. Sie werden es nach den Sitten der Völker tun, die sie angenommen hat.
Durch die ehemaligen Liebhaber wird der HERR Jerusalem seine Eifersucht spüren lassen (Vers 25). Er handelt wie ein eifersüchtiger Ehemann, der von seiner Frau auf die übelste Weise betrogen worden ist. Darüber ist Er so zornig, dass Er seinen Grimm durch die Feinde auf die Stadt herablassen wird. Sie werden Jerusalem verstümmeln, sie abscheulich machen. Diejenigen, die in der Stadt am Leben bleiben, werden durch das Schwert fallen oder ergriffen werden. Jerusalem wird um alles beraubt werden, was anmutig ist, und sie wird nackt zur Schau gestellt werden (Vers 26).
Diese Strafe wird zur Folge haben, dass sie aufhören wird, sich schändlich zu verhalten und zu huren (Vers 27). Sie wird nicht mehr an ihre ehebrecherische Beziehung zu Ägypten denken. Dass sie nicht mehr an Ägypten denken wird, liegt nicht daran, dass sie zur Buße gekommen ist. Es liegt daran, dass der HERR sie an ihre Feinde ausgeliefert hat und sie wegen ihrer Missgestalt jede Anziehungskraft verloren hat. Vor allem braucht sie nicht mehr an Ägypten zu denken, weil Ägypten sich nicht für ein entblößtes und aller Herrlichkeit beraubtes Jerusalem interessiert.
Die Verse 28–30 wiederholen mit anderen Worten, was bereits in den Versen 22–27 gesagt wurde. Der HERR ist von ihrem Verhalten so angewidert, dass Er ihr ihre Sünden noch einmal vor Augen führt. Er muss es tun, weil sie so starrköpfig ist. Er übergibt sie der Macht von Nationen, die sie hasst und von denen sie sich losreißen wollte (Vers 28). Diese Nationen werden sie schändlich behandeln und ihr alles wegnehmen und sie arm und mittellos zurücklassen (Vers 29).
Sie hat dieses Gericht durch ihr eigenes schändliches Verhalten gegenüber dem HERRN über sich gebracht (Vers 30). Sie hat Ihn bis in die Tiefen seiner Seele beleidigt, indem sie Unterstützung in politischen Bündnissen mit den benachbarten Nationen suchte. Diese unzüchtige Verbindung hat sich in der Anbetung der Stinkgötter dieser Heiden manifestiert. Was für eine Beleidigung für Ihn!
Damit ist Jerusalem denselben Weg gegangen wie ihre Schwester Samaria (Vers 31). Deshalb wird Jerusalem das gleiche Gericht erleiden wie Samaria; nur wird es von einer anderen Nation ausgeführt werden. Sie wird den Kelch des Zornes Gottes trinken müssen, wenn die Stadt von den Babyloniern eingenommen wird, genauso wie Samaria diesen Kelch bei ihrer Wegführung durch die Assyrer trank.
Dieses Gericht wird Jerusalem noch einmal in einem Lied vor Augen geführt (Vers 32). Das Schicksal Jerusalems wird kein Mitleid hervorrufen, sondern Hohn und Spott. Der Kelch des Zornes Gottes ist bis zum Rand gefüllt. Die Feinde werden mit Schadenfreude feststellen, dass der Becher, den sie zu trinken bekommt, gut gefüllt ist, dass sie schwer bestraft wird. Der Becher ist so voll, dass derjenige, der ihn trinkt, betrunken sein wird (Vers 33). Diese Trunkenheit wird nicht zu „Gemütlichkeit“ führen, sondern zu großem und bitterem Leid. Jerusalem kann bei ihrer Schwester Samaria sehen, was es bedeutet, diesen Kelch zu trinken.
Jerusalem wird diesen Kelch trinken und wird ihn ausleeren (Vers 34). Die bestrafte Hure, die sich früher bei ihrer schändlichen Unzucht mit Lust betrank, wird nun betrunken und wahnsinnig werden vor Schmerz und Trauer, wenn sie den Kelch des Zornes Gottes bis zum letzten Tropfen trinken muss. Außer sich vor Schmerz wird sie den Becher in Stücke beißen; mit den Scherben wird sie sich die Brüste aufreißen, mit denen sie ihre Liebhaber erfreute. Der „Herr, HERR“ hat dieses Wort persönlich geredet und deshalb wird es geschehen.
Noch einmal wird Jerusalem die Ursache für diese Zuchtmaßnahme nachdrücklich vor Augen geführt (Vers 35). Sie hat den HERRN vergessen. Dieses Vergessen des HERRN ist ein schuldhaftes Vergessen. Das ist die Ursache ihres Elends. Sie ist aber noch weiter gegangen und hat Ihn verächtlich hinter ihren Rücken geworfen und damit gezeigt, wie wertlos sie Ihn findet, nicht mehr wert, Ihm Beachtung zu schenken. Jetzt muss sie die Folgen ihrer eigenen Sünden tragen.