Behandelter Abschnitt Jes 57,3-9
Verse 3–9 | Die Sünden des Volkes
3 Und ihr, naht hierher, Kinder der Zauberin, Nachkommen des Ehebrechers und der Hure! 4 Über wen macht ihr euch lustig, über wen sperrt ihr das Maul auf [und] streckt die Zunge heraus? Seid ihr nicht Kinder des Abfalls, Nachkommen der Lüge, 5 die ihr für die Götter entbranntet unter jedem grünen Baum, die ihr Kinder in den Tälern schlachtetet unter den Klüften der Felsen? 6 An den glatten [Steinen] des Bachtals war dein Teil; sie waren dein Los; auch gossest du ihnen Trankopfer aus, opfertest ihnen Speisopfer. Sollte ich mich darüber trösten? 7 Auf einem hohen und erhabenen Berg schlugst du dein Lager auf; auch stiegst du dort hinauf, um Schlachtopfer zu opfern. 8 Und hinter die Tür und den Pfosten setztest du dein Gedächtnis. Denn von mir abgewandt decktest du auf und bestiegst, machtest breit dein Lager, und du machtest [deinen Lohn] mit ihnen aus; du liebtest ihr Beilager, schautest ihre Blöße. 9 Und du zogst mit Öl zum König und vermehrtest deine wohlriechenden Salben; und du sandtest deine Boten in die Ferne und erniedrigtest dich bis zum Scheol.
Es folgt eine auffällige Veränderung in den Äußerungen des Propheten. In den vorangehenden Versen, beginnend mit Jesaja 56,9, hat er zunächst die Führer angesprochen. Nun wendet er sich an das Volk. Es sind nicht nur die Führer, die verantwortlich sind. Obwohl sie eine größere Verantwortung haben, ist das Volk auch für das eigene Handeln verantwortlich. Das Volk wird wegen zweier Sünden angesprochen: Götzendienst und Hurerei. Diese beiden werden auch im Neuen Testament zusammen erwähnt (Off 2,20; 1Kor 6,9).
Zuerst gibt es eine Warnung an die Bösen, sich zu nähern, um auf die Stimme Gottes zu hören (Verse 3.4). Sie werden angesprochen als „Kinder der Zauberin“ – Okkultismus, Dämonenverehrung – und als „Nachkommen des Ehebrechers und der Hure“, Kinder des Abfalls und Nachkommen der Lüge. Daraus entsteht ihr Charakter, so wie in der Schrift der moralische Charakter eines Menschen häufiger durch Bezugnahme auf seinen Vater oder seine Mutter oder beide gezeichnet wird (1Sam 20,30; 2Kön 6,32; Hiob 30,8).
Alles, was in den Versen 5–11 folgt, ist an diejenigen gerichtet, die in die Gefangenschaft gegangen sind, und prophetisch an diejenigen, die zu Anhängern des Antichristen geworden sind. Sie betreiben verschiedene Formen der Baumanbetung, in denen die verschiedenen Bäume als besondere Behausungen verschiedener Gottheiten angesehen werden (Vers 5). Bei diesem Götzendienst finden grausame Rituale statt.
In Vers 6 ist die Rede von der Anbetung von Steinen und den Trankopfern, die über sie ausgegossen werden. All dies wird mit geistlicher Hurerei verglichen, mit Untreue gegenüber dem HERRN (Verse 7–9). Sie finden Ruhe an erhabenen Orten, die sie erklommen haben, um ihren Götzen zu opfern (Vers 7). Sie unterziehen sich allen möglichen Einweihungen in die höhere Welt, um sich des geschäftlichen Erfolgs zu versichern. Dass sie sich damit dämonischen Mächten ausliefern, kommt ihnen nicht in den Sinn.
Hinter den Türen und Pfosten ihrer Häuser, an die sie Gottes Wort geschrieben haben (5Mo 6,6,9), haben sie ihr eigenes „Gedächtnis“ oder ihren eignen Götzen aufgestellt (Vers 8). Dort leben sie ihr Leben in Ausschweifung und Hurerei. In der Zukunft wird das ungläubige Israel das Öl der Anbetung zu „dem König“ – oder: dem Molech – bringen, der der Antichrist ist. Dem Molech werden Kinderopfer dargebracht (3Mo 18,21; 2Kön 23,10). Molech ist wörtlich Melech, was König bedeutet, wie es hier übersetzt wird. Heute werden Kinder den Götzen „Karriere“ und „Vergnügen“ geopfert.
Um sich gegen den Feind zu stärken, schicken sie ihre „Boten in die Ferne“, um einen Bund mit dem „Scheol“ zu schließen (Vers 9; Jes 28,15). Es ist ein Bund mit dem Teufel, „der die Macht des Todes hat“ (Heb 2,14) und der sich eins macht mit der Gestalt des Herrschers des römischen Reiches, des Tieres aus dem Meer.
Auch Götzendienst und Unzucht sind große Gefahren für uns. Götzendienst ist alles, was den lebendigen und wahren Gott vom ersten Platz in unserem Leben verdrängt. Der Apostel Johannes warnt uns: „Kinder, hütet euch vor den Götzen“ (1Joh 5,21). Der Apostel Paulus spricht von der „Habsucht, die Götzendienst ist“ und sagt, dass wir ihr unbedingt ein Ende setzen müssen (Kol 3,5). Götzendienst ist eng verwandt mit Hurerei, ein Verlangen nach Dingen außerhalb von Gott.