Behandelter Abschnitt Jes 56,9-12
Verse 9–12 | Das Gericht über die Gottlosen
9 Kommt her, um zu fressen, alle ihr Tiere des Feldes, alle ihr Tiere im Wald! 10 Seine Wächter sind blind, alle ohne Erkenntnis; sie alle sind stumme Hunde, die nicht bellen können; sie träumen, liegen da, lieben den Schlummer. 11 Und die Hunde sind gefräßig, kennen keine Sättigung; und das sind Hirten! Sie haben kein Verständnis; sie alle wenden sich auf ihren [eigenen] Weg, jeder seinem Vorteil nach bis hin zum Letzten: 12 „Kommt her, ich will Wein holen, und lasst uns starkes Getränk saufen; und der morgige Tag soll wie dieser sein, herrlich über alle Maßen!“
Mit Vers 9 beginnt ein neuer Abschnitt, der sich bis in Jesaja 57 fortsetzt. Wir befinden uns in einer ganz anderen Atmosphäre mit einem völlig anderen Ton. Es geht nicht mehr um Wiederherstellung, sondern um Gericht. Während die gläubigen Heidenvölker und Verstoßenen gerettet werden, kommt das Gericht über die Abtrünnigen in Israel, die Anhänger des Antichristen. Die wilden Tiere, das sind die Assyrer unter der Führung des Königs des Nordens, werden aufgefordert, sich an dem ungläubigen Teil des Volkes Israel zu laben (Vers 9).
Dies ist das Ergebnis der Haltung ihrer Führer, die die Wächter des Volkes sind und deren Aufgabe es ist, sie vor Gefahren zu warnen. An die Sicherheit des Volkes denken sie jedoch nicht (vgl. Jer 6,17). Sie sind blind dafür (Vers 10). Sie denken nur an ihre eigene Bequemlichkeit und ihr Vergnügen. Sie träumen, legen sich hin, schlummern und sind blind für geistliche Werte und Realität. Aus dieser Haltung heraus ergeht gleichsam der Ruf an die wilden Tiere zu kommen und sie zu fressen. Der HERR richtet niemals ohne die Gerechtigkeit des Gerichts zu zeigen. Er tut dies, indem Er den moralischen Zustand des Volkes und seiner Führer offenlegt.
Diese Leiter erwachen erst dann aus ihrer eigenen Bequemlichkeit, wenn sie sich der Genusssucht, den Schwelgereien und Trinkgelagen hingeben können (Vers 11). Sie sind Hunde, die sich satt fressen, um ihre Genusssucht zu befriedigen, aber sie können nicht bellen, um die Menschen zu warnen. Sie sind wertlose Hirten. Sie gehen ihren eigenen Weg, den Weg, der ihnen am meisten Vorteile bringt. Wenn es irgendeinen Gedanken an morgen gibt, dann nur, um noch mehr darin zu schwelgen (Vers 12).
Alle, denen der Herr Jesus eine Verantwortung übertragen hat als Hirten für seine Herde zu sorgen, müssen sich vor einer allmählichen Verminderung ihrer Verpflichtungen gegenüber der Herde hüten. Sie müssen sich auch davor hüten, sich über die Herde zu erheben oder unrechtmäßigen Gewinn zu suchen (1Pet 5,2.3).
Die oben skizzierte Situation gilt auch für heute. Wer hat noch den Mut, geistliche Verantwortung zu übernehmen und vor der Verweltlichung der Gemeinde zu warnen, vor allerlei modernen Götzen wie Psychologie, Wohlstandsevangelium und kultischen Moden, vor Wölfen im Schafspelz, die unter dem Deckmantel des Christentums Irrtümer verbreiten? Wer warnt die jungen Leute in der Gemeinde vor den charismatischen Irrtümern unserer Zeit, wie Zungenreden, Visionen und sogenannten prophetischen Botschaften? Auf der anderen Seite muss es eine Aufforderung geben, selbst Gottes Wort zu studieren, um nicht allem möglichen Wind der Lehre zum Opfer zu fallen.