Behandelter Abschnitt Jes 54,4-8
Verse 4–8 | Erbarmen
4 Fürchte dich nicht, denn du wirst nicht beschämt werden, und schäme dich nicht, denn du wirst nicht zuschanden werden; sondern du wirst die Schmach deiner Jugend vergessen und dich an die Schande deiner Witwenschaft nicht mehr erinnern. 5 Denn der dich gemacht hat, ist dein Mann – HERR der Heerscharen ist sein Name –, und der Heilige Israels ist dein Erlöser: Er wird der Gott der ganzen Erde genannt werden. 6 Denn wie eine verlassene und im
Geist betrübte Frau ruft dich der HERR – und wie eine Frau der Jugend, wenn sie verstoßen ist, spricht dein Gott. 7 Einen kleinen Augenblick habe ich dich verlassen, aber mit großem Erbarmen will ich dich sammeln. 8 Im Zornesausbruch habe ich einen Augenblick mein Angesicht vor dir verborgen, aber mit ewiger Güte werde ich mich deiner erbarmen, spricht der HERR, dein Erlöser.
Der Abschnitt, der nun folgt, ist voll von den zärtlichsten Verheißungen und Tröstungen. Wir lesen von der „ewigen Güte“ (Vers 8) des HERRN und von seinem „großen Erbarmen“ (Vers 7) aufgrund seines Bundes und der herrlichen Zukunft, die dem Volk bevorsteht. Israel braucht sich nicht mehr zu fürchten, denn das Volk wird nicht mehr beschämt sein.
Es schien, als sei sie für immer verlassen, aber das wird sich als Irrtum erweisen. Auch die Schande ihrer Witwenschaft wird hinweggenommen. Als Verlassene und Witwe wird sie wiederhergestellt, sie wird wieder angenommen, und sie wird wieder getraut. Ihre Zukunft wird so freudevoll sein, dass sie die Schande ihrer Jugend, also die Zeit ihrer Sklaverei in Ägypten, vergessen wird. Dann wird sie wie eine Jungfrau sein, die der HERR in einem Liebesbündnis an sich bindet (Jer 2,2; Hes 16,60).
Sie wird auch nicht mehr an die Schmach ihrer Witwenschaft denken, also an die Zeit ihrer Gefangenschaft in Babel (Jer 51,5), denn ihr „Mann“ ist kein anderer als ihr „Schöpfer“ (Vers 5). Er, der ihr Mann geworden ist, hat sie auch ins Leben gerufen. Ihr Schöpfer ist mit ihr eine Liebesbeziehung eingegangen. Er ist „der HERR der Heerscharen“, der den himmlischen und irdischen Heerscharen aufträgt, was sie zu tun haben.
Er ist auch ihr „Erlöser“, dem die ganze Erde gehört und der sie deshalb mit allem versorgen kann, was sie braucht. Er ist ihr Löser, der sie aus der Macht all ihrer Feinde freigekauft hat, der ihr das Erbe zurückgibt und der sich mit ihr in der Ehe verbindet. Er ist das, was Boas für Ruth war, der Löser, der auch ihr Mann ist (Rt 4,1-13; Hos 2,18).
Ihre Beziehung zu Ihm hat wegen ihrer Untreue sehr gelitten. Aber der HERR wird sie zu sich zurückrufen (Vers 6). Er wird sie wiederaufnehmen, so wie ein Mann die Frau wiederaufnimmt, die er in seiner Jugend geliebt hat. Sie hat Ihm missfallen, aber sie ist nicht wie eine gehasste Person. Der HERR sieht die Zeit, in der Er sie verlassen musste, die Zeit ihrer Gefangenschaft, die ihr wie eine lange Zeit erschien (vgl. Klgl 5,20), als „einen kleinen Augenblick“ (Vers 7).
Es mag dem Überrest wie eine lange Zeit erscheinen, aber es wird eine noch längere Periode kommen, eine „ewige Güte“ (Vers 8), in der sie Gottes „großes Erbarmen“ (Ps 30,5a; vgl. 2Kor 4,17) genießen werden. Dies steht im Gegensatz zu dem kurzen Moment, in dem Gott seinen Zorn ausgießt.