Behandelter Abschnitt Jes 40,27-31
Verse 27–31 | Der ewige Gott gibt dem Müden Kraft
27 Warum sprichst du, Jakob, und redest du, Israel: Mein Weg ist verborgen vor dem HERRN, und mein Recht entgeht meinem Gott? 28 Weißt du es nicht? Oder hast du es nicht gehört? Ein ewiger Gott ist der HERR, der Schöpfer der Enden der Erde; er ermüdet nicht und ermattet nicht, unergründlich ist sein Verstand. 29 Er gibt dem Müden Kraft, und dem Unvermögenden reicht er Stärke dar in Fülle. 30 Und Jünglinge ermüden und ermatten, und junge Männer fallen hin; 31 aber die auf den HERRN harren, gewinnen neue Kraft: Sie heben die Schwingen empor wie die Adler; sie laufen und ermatten nicht, sie gehen und ermüden nicht.
Wenn Gott so mächtig erhoben ist über die Schöpfung, seine Schöpfung, wird Er dann nicht denen helfen, die in Not sind? Würden wir uns Sorgen machen über die Pläne der Herrscher auf der Erde, wenn Er sie regiert? Deshalb kommt jetzt eine Botschaft des Trostes für den Überrest, die prophetisch ihre Erfahrungen schildert, die sie in der Zeit der großen Drangsal durchmachen (Vers 27).
Der treue Überrest wird hier zuerst als Jakob und dann als Israel angesprochen. Das soll sie an ihre Ursprünge erinnern, an die Begegnung ihres Stammvaters mit dem HERRN in Pniel (1Mo 32,24-31). Diese Begegnung veränderte Jakobs Leben. Dort wird er aus einem „Fersenhalter“ – das ist die Bedeutung des Namens Jakob – ein „Fürst oder Krieger Gottes“ – das ist die Bedeutung des Namens Israel. Wann geschieht dies? Es geschieht in dem Moment, in dem er um Gnade fleht (Hos 12,5).
Es hatte den Anschein, dass Gott sie dem Feind preisgegeben hatte und nicht mehr an sie dachte. Sie haben gedacht, dass ihr Weg, der sie durch die große Drangsal führte, vor Ihm verborgen oder von Ihm übersehen wurde. Aber würde Er, der den Planeten ihren Weg zeigt, nicht den Weg kennen, auf dem die Seinen gehen? Sie haben gedacht, dass Er keine Rücksicht auf ihr Recht nimmt und dass Er sie überliefert hat an Feinde voller
Ungerechtigkeit. Aber würde Er, der Herrscher und Machthaber wegbläst, seinem Überrest, der auf Ihn vertraut, das Recht vorenthalten?
Die in diesem Vers ausgedrückten Überlegungen können auch wir haben. Wir wundern uns doch auch manchmal: „Warum lässt Gott das zu? Fehlt es Ihm an Kraft? Ist Er nicht an uns interessiert?“
Der Gedanke, dass Er sie ihrem Schicksal überlassen würde, ist unbegründet. Davon sollte auch die doppelte Frage in Vers 28, die gleiche wie in Vers 21, sie überzeugen. Wenn wir unter dem Druck der Umstände von Verzweiflung überwältigt werden, müssen wir wieder die Hände auf die Fakten legen, die wir angenommen haben, als wir zum Glauben kamen. Wir können auch Mut aus unseren Erfahrungen mit Gottes Barmherzigkeit bei früheren Gelegenheiten schöpfen. Er, der Schöpfer aller Dinge, „ist derselbe gestern und heute und in Ewigkeit“ (Heb 13,8).
Mit der gleichen Kraft, mit der Er die Welten erschaffen hat, steht Er uns zur Verfügung. Er wird nie müde, geschweige denn erschöpft. Sein Verstand ist ebenfalls unergründlich und deshalb kennt Er uns und unsere Umstände. Unsere größten Prüfungen, ob sie nun von innen oder von außen kommen, kennt Er nicht nur, sondern sie sind auch unter seiner absoluten Kontrolle. In seiner Weisheit bestimmt er den Zeitpunkt und die Art und Weise seines Eingreifens und unserer Befreiung, die anders und höher ist als unsere Weisheit.
Anstatt müde zu werden, gibt Er den Müden Kraft (Vers 29). Was wir tun müssen, ist unsere Herzen zu öffnen, um Kraft zu empfangen. Er ist immer bereit, sie uns zu geben, wenn wir durch Prüfungen gehen. Dann verwandelt Er Zeiten der Prüfung in Zeiten des Segens. Sein Ziel ist es, dass wir uns unserer eigenen Ohnmacht bewusst werden und uns auf seine Kraft berufen, anstatt in der Bedrängnis zu verzweifeln.
Auch der Stärkste kann nicht sicher sein, dass er allezeit frei von Müdigkeit sein wird (Vers 30). Die Müdigkeit kann in Mutlosigkeit umschlagen, wenn die Aussicht auf Erlösung und die Sicht auf den Retter behindert werden. Auch ein Hindernis auf seinem Weg kann ihn zum Straucheln bringen. Ein plötzliches Ereignis kann Niedergeschlagenheit verursachen. Die einzige Kraft, die unerschöpflich ist und vor Straucheln und Fallen bewahrt, ist das erwartungsvolle Aufschauen zum HERRN (Vers 31).
Das Warten auf den Herrn ist nicht nur eine Frage der Geduld oder gar des Verlangens, sondern wichtiger ist noch, dass unsere Hoffnung auf seine Wiederkunft gekennzeichnet ist durch Vertrauen und Glauben. Dann gehen wir „von Kraft zu Kraft“ (Ps 84,6-8) und schöpfen dabei ständig aus dem Brunnen seiner Kraft. Mit Flügeln erheben wir uns über Schwierigkeiten, um uns über den Nebel und die Dunkelheit der Erde zu erheben und in das helle Sonnenlicht der Gegenwart Gottes zu kommen.
Ein Merkmal von „Adlern“ ist, dass ihr Gefieder regelmäßig erneuert wird. Dies ist ein schönes Bild für das Schöpfen neuer Kraft durch diejenigen, die den HERRN erwarten (vgl. Ps 103,5). Weitere Merkmale eines Adlers sind Schnelligkeit, ein ausgeprägter Geruchssinn und ein scharfes Auge. Aufsteigen heißt also nicht nur, sich über Schwierigkeiten zu erheben, sondern auch, dass wir schnell Einsicht erlangen in dem Willen und in die Wege Gottes mit einem scharfen Blick auf Ihn selbst durch den Glauben. Wenn das unsere Erwartung ist, werden wir „laufen“, was Anstrengung voraussetzt, aber „nicht ermatten“. Wir werden auch „gehen“ oder wandern, was Gemeinschaft voraussetzt, und davon „nicht ermüden“.