Behandelter Abschnitt Pred 5,7-8
Verse 7.8 | Bedrückung soll uns nicht verwundern
7 Wenn du die Bedrückung des Armen und den Raub des Rechts und der Gerechtigkeit in der Landschaft siehst, so verwundere dich nicht über die Sache; denn ein Hoher lauert über dem Hohen, und Hohe über ihnen. 8 Aber ein König, der sich dem Ackerbau widmet, ist durchaus ein Gewinn für ein Land.
In diesem Buch folgt der Prediger nicht einem bestimmten Muster, einer klaren Progression eines Themas. Er stellt seine Beobachtungen dar, ohne auf eine mögliche Verbindung zwischen den Themen zu achten. Es kann sein, dass er einfach so von einem Thema zum anderen wechselt. Das sehen wir auch hier. Er verlässt das Thema des Nahens zu Gott und zeigt ab Vers 7 bis Kapitel 6,12 Situationen rund um das Thema Armut und Reichtum auf, wobei der Grundgedanke lautet: Je mehr Reichtum, desto mehr Korruption. Das zugrunde liegende Denken scheint zu sein, dass Reichtum oft durch Korruption oder Bedrückung erzielt wird. Das Fehlen von Recht und Gerechtigkeit deutet auf eine korrupte Rechtsprechung hin.
In Vers 7 verweist er auf das alte, von Eifersucht getriebene „Abschiebesystem“, in dem ein immer Höherstehender verantwortlich gemacht wird, bis der Höchste und Unzugänglichste erreicht ist, der aber auch selbst jede Verantwortlichkeit ablehnt. Jeder, der Macht über einen anderen hat, meidet seine eigene Verantwortlichkeit. Von der Bürokratie und dem öffentlichen Dienst werden die Bürger wie Pingpong-Bälle hinund hergeschoben, mit endlosen Verzögerungen und Ausreden und ohne ihnen das zu geben, was ihnen rechtmäßig zusteht. Die Kultur der Selbstbereicherung gewinnt immer mehr Anhänger. Jeder füllt nur seine eigenen Taschen.
Der Prediger spricht nicht von einem Dorf oder einer Stadt, sondern von „der Landschaft“, was einen größeren Teil des Landes bedeutet, vielleicht so etwas wie eine Provinz (vgl. Esra 5,8). Bedrückung findet unter fast allen Regierungen und auf allen Regierungsebenen statt. Dies geschieht hauptsächlich durch die lokalen Behörden in den Bezirken, die weit weg vom Zentrum der Regierung liegen.
Der Prediger fordert keine Revolution, um diese Kultur zu beenden. Er sagt auf eine nüchterne Art und Weise, dass wir uns nicht verwundern sollten. Sie ist im System verankert und unauslöschlich.
In vielen Ländern gibt es Bedrückung und Unrecht. Die Ursache ist, dass eine egoistische, höhergestellte Person von einer ebenso egoistischen, noch höhergestellten Person ausgebeutet wird, die wiederum unter einer höhergestellter Person steht, und so weiter. Weil jeder Höhergestellte den direkt unter ihm Gestellten ausbeutet, wird der Untergebene dasselbe mit denen tun, die ihm untergeordnet sind. Das Volk leidet unter diesem Muster des Machtmissbrauchs.
Vers 8 scheint ein Gegenstück zu Vers 7 zu sein. In jeder Bürokratie ist es ein Vorteil, wenn es einen stabilen Autoritätspunkt gibt: einen König, der sich dem Ackerbau widmet (2Chr 26,10). Es gibt einen Unterschied im sozialen Status zwischen den Bewohnern eines Landes, aber jeder ist abhängig von dem Ertrag des Landes. Wenn das Land gut bewirtet wird und es eine gerechte Verteilung gibt, bringt das Land genug für alle ein.
Auch der König ist davon abhängig, was das Land einbringt, um seine Familie zu versorgen. Ein König, der gut regiert, schützt den Landwirt mit einer angemessenen Rechtsdurchsetzung. Er erkennt, dass er für seine Versorgung auf den Landwirt angewiesen ist. So ein König ist ein Diener des Landes. Ein solcher König wird, anstatt als der Höchste die Menschen unter ihm zu bedrücken und sich auf ihre Kosten zu bereichern, in Gerechtigkeit regieren und alle an den Erträgen des Landes teilhaben lassen.
Was für ein Segen ist es, wenn ein König, die oberste Autorität, das Wohlergehen des Landes sucht. Er ist kein Ausbeuter, er versucht sein Territorium nicht zu vergrößern, indem er Krieg führt, sondern er ist jemand, der sein Territorium für den Ackerbau zur Verfügung stellt, damit jeder von den Erträgen profitieren kann.
Wir können im Licht des Neuen Testaments an den Herrn Jesus denken. Er ist der König, der das Wohlergehen seines Landes, seines Königreichs und aller seiner Untertanen sucht.