Behandelter Abschnitt Ps 84,1-4
Verse 1b–5 | Sehnsucht nach dem Heiligtum
1b Wie lieblich sind deine Wohnungen, HERR der Heerscharen! 2 Es sehnt sich, ja, es schmachtet meine Seele nach den Vorhöfen des HERRN; mein Herz und mein Fleisch rufen laut nach dem lebendigen Gott. 3 Sogar der Sperling hat ein Haus gefunden, und die Schwalbe ein Nest für sich, wohin sie ihre Jungen legt – deine Altäre, HERR der Heerscharen, mein König und mein Gott! 4 Glückselig, die in deinem Haus wohnen! Stets werden sie dich loben. – Sela.
Die leidenschaftliche Liebe des Überrestes zu den Wohnungen Gottes steht in scharfem Kontrast zur Zerstörung dieser Wohnungen durch die Feinde (Vers 1b; Ps 83,12). Für den Überrest sind „deine Wohnungen“ „lieblich“. Das liegt daran, dass Er, der ihnen so teuer ist, dort wohnt. Er ist der Gesalbte (Vers 10), der auch ihr König und ihr Gott ist (Vers 3). Es gibt nichts anderes auf der Welt, was ihr Herz so sehr begehrt.
Angesichts der Feinde, die sich versammelt haben, um die Wohnungen Gottes in Besitz zu nehmen, spricht der Überrest zum „HERRN der Heerscharen“. Alle Mächte, auch die gottfeindlichen, stehen unter seiner obersten Autorität. Er kontrolliert, beherrscht, regiert und ordnet alles. Dieser Titel kommt noch dreimal in diesem kurzen Psalm vor: in den Versen 3.8.12.
Die „Seele“ des Sohnes Korahs und eines jeden, der Gott kennt, wie der Überrest, hat eine große Sehnsucht „nach den Vorhöfen des HERRN“ (Vers 2). Die Seele ist das innere Wesen, das Denken, alles, was in ihm ist. „Meine Seele“ ist dasselbe wie „ich“, aber mit Betonung und poetisch, und dann geht es weiter mit „mein Herz“ und „mein Fleisch“.
Diese Sehnsucht ist so groß, dass seine Seele „sehnt sich, ja, schmachtet“. Alles in ihm sehnt sich nach Gott. Er wird davon verzehrt. Es ist ein heftiger Durst nach Gott (vgl. Ps 42,1.2; 63,1). Wenn er nur in den „Vorhöfen des HERRN“ wäre, dann würde seine Sehnsucht gestillt werden. Dann wird er in der unmittelbaren Gegenwart des lebendigen Gottes sein.
Auch der neutestamentliche Gläubige darf diese Sehnsucht kennen, eine Sehnsucht, die gestillt wird, wenn er bewusst in Gottes Heiligtum eintritt. Der Weg dorthin ist ihm durch den Herrn Jesus geöffnet worden. Er hat freien Zugang zu Gott, der für ihn Vater ist (Heb 10,19-22; Röm 5,1.2; Eph 2,18). Wenn der Herr Jesus die Gemeinde zu sich in das Haus des Vaters genommen hat, wird es eine ungestörte, volle, ewige Erfüllung dieser Sehnsucht geben.
Der Überrest sehnt sich mit seinem ganzen Wesen, „mein Herz und mein Fleisch“, danach, in der Gegenwart Gottes zu sein. Sie „rufen laut nach dem lebendigen Gott“, dass Er ihre Sehnsucht stillen wird (vgl. Ps 42,3; Hos 2,1). Er ist der lebendige Gott im Gegensatz zu den toten Götzen der Feinde, die ihre Zerstörung nicht verhindern konnten (vgl. Jes 46,1.2.5-7). Es ist sinnlos, zu toten Götzen zu schreien. Der lebendige Gott hört, wenn Menschen zu Ihm rufen (vgl. 1Kön 18,25-29.36-39).
Sie wissen, dass Gott sich um den unbedeutenden „Sperling“ (Lk 12,6) kümmert, indem Er diesem kleinen Tier „ein Haus“ gibt (Vers 4). Er gibt auch der unruhigen „Schwalbe ein Nest“ gegeben, „wohin sie ihre Jungen legt“. Diese beiden kleinen Vögel, die ein Bild für den Menschen sind, der nichts bedeutet und ruhelos umherzieht (vgl. Spr 26,2), haben einen Ort der Ruhe gefunden, nicht nur für sich selbst, sondern auch für ihre Jungen.
Diese kleinen Vögel haben ihre Nester in den Gebäuden des Tempels. Es ist der bevorzugte Platz in der Nähe des Altars. So findet – im Bild – der unbedeutende, aber für Gott wertvolle Überrest einen Ruheplatz in der Gegenwart Gottes. Das ist es, was sich der Psalmist wünscht. Wie glückselig, wie gesegnet (Vers 4) ist der, der in der Gegenwart Gottes wohnt.
Wenn dieser Wunsch des Psalmisten in Erfüllung geht, wird er ein Zuhause, Gemeinschaft und Gesellschaft mit Gott haben.
Der Ort der Ruhe ist bei „deinen Altären“. Es gibt zwei Altäre im Haus Gottes: den kupfernen Brandopferaltar und den goldenen Räucheraltar. Der Brandopferaltar steht im Vorhof und spricht von dem Werk des Herrn Jesus am Kreuz. Hier findet der Mensch Ruhe für sein Gewissen. Der Räucheraltar steht für die Anbetung. Er steht im Heiligtum, in der Gegenwart Gottes, wo der Gläubige die Gemeinschaft mit Ihm genießt.
Der Überrest spricht hier direkt zu Gott. Sie nennen Ihn erneut „HERR der Heerscharen“. Er steht über allen himmlischen und irdischen Heerscharen. Sie fügen nun ihre persönliche Beziehung zu Ihm hinzu. Jedes Mitglied des Überrestes hat auch seine eigene persönliche Beziehung zu Ihm. Deshalb sagt es jeder selbst zu Gott: „Mein König und mein Gott.“
Die Söhne Korahs – als Mund des Überrestes, der zehn Stämme in der Zerstreuung –, die weit vom Heiligtum entfernt sind, preisen „glückselig, die in deinem Haus wohnen!“ (Vers 5). Glückselig bedeutet voller Glück. In Psalm 1 ist „glückselig“ derjenige, der sich am Gesetz des HERRN erfreut (Ps 1,1-3). Das Wort Gottes bringt uns in die Gegenwart Gottes. Psalm 1 weist auch auf die beiden Wege hin, die zu wählen sind. Hier, in Psalm 84, trifft der Überrest die richtige Wahl. Deshalb wird hier das Wort „glückselig“ hinzugefügt. Dieses „glückselig“ klingt hier für diejenigen, die im Haus Gottes wohnen. „Denn es hat ja Christus einmal für Sünden gelitten, [der] Gerechte für [die] Ungerechten, damit er uns zu Gott führe“ (1Pet 3,18). Sein Leiden diente dem Zweck, uns in die Gegenwart Gottes zu bringen. Wenn man dort ist, kann man nicht still sein. Deshalb ist das „Glückselig“ sein hier mit dem „stets Loben“ des HERRN verbunden. Im Haus Gottes zu wohnen bedeutet, dort zu Hause zu sein, dort in der Gemeinschaft mit Gott zu ruhen (vgl. Ps 23,6). Wer dort wohnt, ist erfüllt von Gottes Herrlichkeit und bringt Ihm „stets ein Opfer [des] Lobes“ dar (Heb 13,15). In Gottes Haus findet statt, was auch in der Ewigkeit ununterbrochen stattfinden wird: Gott loben. Dazu gibt es allen Grund. Schließlich hat Er die Seinen erlöst und in seine Gegenwart gebracht (Kol 1,12-15).