Behandelter Abschnitt Phil 1,12-19
Phil 1,12-19: 12 Ich will aber, dass ihr wisst, Brüder, dass meine Umstände mehr zur Förderung des Evangeliums geraten sind, 13 so dass meine Fesseln in Christus offenbar geworden sind in dem ganzen Prätorium und allen anderen, 14 und dass die meisten der Brüder, indem sie im Herrn Vertrauen gewonnen haben durch meine Fesseln, viel mehr sich erkühnen, das Wort [Gottes] zu reden ohne Furcht. 15 Einige zwar predigen den Christus auch aus Neid und Streit, einige aber auch aus gutem Willen; 16 diese aus Liebe, da sie wissen, dass ich zur Verteidigung des Evangeliums gesetzt bin; 17 jene verkündigen den Christus aus Streitsucht, nicht lauter, wobei sie meinen Fesseln Trübsal zu erwecken gedenken. 18 Was denn? Wird doch auf alle Weise, sei es aus Vorwand oder in Wahrheit, Christus verkündigt, und darüber freue ich mich, ja, ich werde mich auch freuen; 19 denn ich weiß, dass dies mir zum Heil ausschlagen wird durch euer Gebet und durch Darreichung des Geistes Jesu Christi.
Beachten wir ferner, wie Paulus über den Prüfungen seiner vierjährigen Gefangenschaft (er war zwei Jahre in Cäsarea und zwei in Rom) erhaben ist: „Ich will aber, dass ihr wisst, Brüder, dass meine Umstände mehr zur Förderung des Evangeliums geraten sind.“ Er hätte sagen können: Wäre ich nicht nach Jerusalem gegangen, hätte ich dort den Juden, die mich veranlassten, dieses und jenes zu tun, nicht Gehör gegeben, so könnte ich noch frei umhergehen und das Evangelium predigen. – Doch er spricht nicht so, und ich möchte bei dieser Gelegenheit bemerken, dass nichts törichter ist, als auf Nebenursachen zu blicken. Es ist wohl möglich, dass wir nicht weise gehandelt haben; nur der, der über den irdischen Dingen lebt, weiß, dass alle Dinge uns zum Guten einwirken müssen: „Ich weiß, dass mir dies zur Seligkeit ausschlagen wird durch euer Gebet und durch Darreichung des Geistes Jesu Christi.“
Wir lernen hieraus außerdem, dass es eine wachsende Tätigkeit und Energie des Geistes Gottes gibt, die der Apostel „die Darreichung“ nennt, so dass wir dennoch auf die Darreichung des Geistes und auf seine durch das Wort dienende Gnade rechnen dürfen und sollen, auch wenn wir nicht eine abermalige Ausgießung des Heiligen Geistes in der Weise erwarten können, wie sie bereits stattgefunden hat.
Behandelter Abschnitt Phil 1,12-20
Phil 1,12-20: Ich will aber, dass ihr wisst, Brüder, dass meine Umstände mehr zur Förderung des Evangeliums geraten sind, so dass meine Fesseln in Christus offenbar geworden sind in dem ganzen Prätorium und allen anderen und dass die meisten der Brüder, indem sie im Herrn Vertrauen gewonnen haben durch meine Fesseln, viel mehr sich erkühnen, das Wort Gottes zu reden ohne Furcht. Einige zwar predigen den Christus auch aus Neid und Streit, einige aber auch aus gutem Willen; diese aus Liebe, da sie wissen, dass ich zur Verteidigung des Evangeliums gesetzt bin; jene verkündigen den Christus aus Streitsucht, nicht lauter, wobei sie meinen Fesseln Trübsal zu erwecken gedenken. Was denn? Wird doch auf alle Weise, sei es aus Vorwand oder in Wahrheit, Christus verkündigt, und darüber freue ich mich, ja, ich werde mich auch freuen; denn ich weiß, dass dies mir zum Heil ausschlagen wird durch euer Gebet und durch Darreichung des Geistes Jesu Christi, nach meiner sehnlichen Erwartung und Hoffnung, dass ich in nichts werde zuschanden werden, sondern mit aller Freimütigkeit, wie allezeit, so auch jetzt Christus erhoben werden wird an meinem Leib, sei es durch Leben oder durch Tod.
Der Apostel hatte auf diese Weise den Wünschen seines Herzens für die Philipper Ausdruck gegeben. Jetzt kommt er, auf die Liebe rechnend, auf seine Ketten zu sprechen, an die sie gedacht hatten. Aber er bringt es in Verbindung mit Christus und dem Evangelium, das ihm vor allem anderen am Herzen lag.
Mit dem 12. Vers des ersten Kapitels, nach der vorangegangenen Einleitung, beginnt der eigentliche Brief. Paulus war ein Gefangener zu Rom. Der Feind schien einen großen Sieg errungen zu haben, indem er den Apostel auf diese Weise in seiner Wirksamkeit hemmte. Aber durch die Kraft Gottes, der alle Dinge leitet und der in dem Apostel wirkte, hatten die Anschläge des Feindes sogar der Förderung des Evangeliums gedient. Zunächst ließ die Gefangenschaft des Apostels das Evangelium dort bekanntwerden, wo es sonst nicht verkündigt worden wäre, nämlich in den hohen Kreisen in Rom. Und viele andere Brüder fassten Mut, das Evangelium ohne Furcht zu predigen. Zuerst waren sie in Gefahr gewesen, sich seiner zu schämen, als wäre er ein Verbrecher. Jetzt hatten sie wegen der Lage des Apostels wieder Vertrauen gewonnen.
Doch die Abwesenheit des Apostels äußerte auch noch in anderer Weise ihre Wirkung. Manche, die angesichts seiner Kraft und seiner Gaben zwangsläufig kraftlose und unbedeutende Personen waren, konnten sich jetzt ziemlich wichtig machen, wenn in den unausforschlichen, aber vollkommenen Wegen Gottes dieses mächtige Werkzeug seiner Gnade beiseitegesetzt war. Sie konnten hoffen zu glänzen und die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, wenn die Strahlen dieses glänzenden Lichtes durch die Mauern eines Gefängnisses aufgehalten wurden. Diese eifersüchtigen Menschen, die sich zurückzogen, wenn er gegenwärtig war, benutzten seine Abwesenheit, um sich hervorzutun. Entweder waren es falsche Brüder oder eifersüchtige Christen, die in seiner Abwesenheit seine Autorität in der Versammlung und sein Glück zu beeinträchtigen suchten. Doch genau das Gegenteil geschah– sie vermehrten nur beides. Gott war mit seinem Knecht.
Anstelle der Selbstsucht, durch die diese traurigen Prediger der Wahrheit getrieben wurden, fand sich bei Paulus der reine Wunsch für die Verkündigung der guten Botschaft von Christus. Er fühlte deren ganzen Wert sehr tief. Ihm ging es einzig und allein um diese Verkündigung, auf welche Weise sie auch geschehen mochte. Für seine eigene Lage findet der Apostel seinen Trost darin, dass Gott bezüglich der Mittel, die Er einsetzt, unabhängig von der geistlichen Ordnung seines Hauses wirksam ist.
Der normale Zustand der Versammlung ist, dass der Geist Gottes in den Gliedern des Leibes wirkt, und zwar in jedem Glied an seinem Platz zur Offenbarung der Einheit des Leibes und der gegenseitigen Tätigkeit seiner Glieder. Christus hat Satan überwunden und die Seinen aus der Hand dieses Feindes gerettet. Jetzt erfüllte Er diese Befreiten mit seinem eigenen Geist. Zugleich sollen sie die Kraft Gottes und die Wahrheit ihrer Befreiung aus der Gewalt des Feindes auch in ihrem Verhalten zeigen. Dies Verhalten ist Ausdruck der Gesinnung und der Kraft Gottes selbst. Hier bleibt kein Raum für die Gesinnung und die Kraft des Feindes. Die Christen bilden das Heer und das Zeugnis Gottes in dieser Welt gegen den Feind. Zudem aber ist jedes einzelne Glied, vom Apostel bis zum schwächsten Christen, in wirksamer Weise an seinem eigenen Platz tätig. Die Macht Satans hat hier nichts zu sagen. Das Äußere entspricht dem Inneren und damit dem Werk Christi. Der, welcher in ihnen ist, ist größer als der, welcher in der Welt ist. Aber immerhin ist hierzu Kraft und ein einfältiges Auge nötig. Dieser Gemeindezustand wird uns im Epheserbrief gezeigt.
Es gibt auch einen anderen Zustand der Dinge: Es ist nicht alles an seinem Platz nach dem Maß der Gabe des Christus in Tätigkeit. Dennoch schütztdie wiederherstellende Kraft des Geistes durch den Apostel die Versammlung oder führt sie zu ihrem normalen Zustand zurück, wenn sie in ihren einzelnen Teilen versagt hat. Diesen Zustand finden wir in den Briefen an die Korinther und an die Galater.
Der Brief an die Philipper behandelt – jedoch mit der Feder eines göttlich inspirierten Apostels – einen Zustand der Dinge, in dem diese letzte Hilfsquelle fehlte. Der Apostel konnte jetzt nicht in derselben Weise arbeiten wie früher. Aber er konnte uns die
Gedanken des Geistes über den Zustand der Versammlung mitteilen, wenn sie, nach der Weisheit Gottes, dieser normalen Kräfte beraubt war . Gott konnte ihr nicht genommen werden. Ohne Zweifel war die Versammlung damals nicht so weit von ihrem regelrechten Zustand abgewichen wie es heute der Fall ist. Aber das Übel sprosste schon auf. „Alle suchen das Ihre“, sagt der Apostel, „nicht das, was Jesu Christi ist“ (Phil 2,21). Und Gott erlaubte, dass es so schon zu Lebzeiten der Apostel war, damit wir die Offenbarung seiner Gedanken darüber haben und zu den wahren Hilfsquellen seiner Gnade in solchen Umständen geleitet werden möchten.
Paulus selbst musste diese Wahrheit an erster Stelle erfahren. Die Bande, die ihn mit der Versammlung und mit dem Werk des Evangeliums verknüpften, waren die stärksten, die es auf Erden gibt. Und doch war er gezwungen, das Evangelium und die Versammlung dem Gott zu überlassen, dem sie gehörten. Das war schmerzlich. Aber es hatte die Wirkung, den Gehorsam, das Vertrauen, die Einfalt des Auges und die Selbstverleugnung im Herzen zu vervollkommnen, d.h. sie zu vervollkommnen nach dem Maß der Wirksamkeit des Glaubens. Trotz allem zeigt der dem Apostel verursachte Schmerz die Unfähigkeit des Menschen, das Werk Gottes auf seiner Höhe zu erhalten. Aber das alles geschieht, damit Gott die ganze Ehre hinsichtlich des Werkes empfängt. Und es ist notwendig, damit das Geschöpf in jeder Hinsicht der Wahrheit gemäß offenbar werde. Es ist überaus wichtig zu sehen, wie der Verfall des Lebens in den einzelnen Gläubigen und der Rückgang der Kraft in der Versammlung als Gesamtheit eine viel größere Entfaltung von persönlicher Gnade einerseits und von dienender Energie andererseits (da wo Glauben ist) hervorbringt, als sonst wo gefunden wird. Das sieht man auch in dem zweiten Brief an Timotheus. Es ist tatsächlich immer so. Männer wie Mose, David und Elia werden in den Zeiten eines Pharao, eines Saul und eines Ahab gefunden.
Der Apostel war zur Untätigkeit verurteilt. Er musste sehen, wie das Evangelium ohne ihn gepredigt wurde, von einigen aus Neid und Streit, von anderen aus Liebe. Die Letzteren, durch die Bande des Apostels ermuntert, wünschten ihm diese Bande zu erleichtern, indem sie sein Werk fortsetzten. Auf alle Weise wurde Christus gepredigt, und das Herz des Apostels erhob sich über die Beweggründe, die die Prediger beseelen mochten, indem er die unermesslich große Tatsache anschaute, dass ein Heiland, der von Gott gesandte Erlöser, der Welt verkündigt wurde. Christus und selbst die Seelen waren wertvoller für Paulus als dass das Werk durch ihn selbst betrieben wurde. Gott setzte es fort; und deshalb würde es für Paulus, der sich mit den Absichten Gottes einsmachte, zum Triumph gereichen. Darin zeigt sich ein außergewöhnlicher Glaube. Aber es kann nur so sein, wenn ein Mensch das Werk zu seiner Lebensaufgabe gemacht hat. Paulus konnte sagen: „Das Leben ist für mich Christus.“ Weil das der Fall war, war er glücklich, wenn das Werk gedieh. Wenn nur Christus verherrlicht wurde, so war er zufrieden, mochte der Herr ihn selbst auch beiseitegesetzt haben. Paulus verstand den großen Kampf, der zwischen Christus (in seinen Gliedern) und dem Feind geführt wurde. Und wenn dieser scheinbar dadurch einen Sieg davongetragen hatte, dass er Paulus ins Gefängnis brachte, benutzte Gott dieses Ereignis zur Förderung des Werkes Christi durch das Evangelium. Dadurch erlangte Er in Wirklichkeit neue Siege über Satan – Siege, mit denen Paulus in Verbindung stand, weil er zur Verantwortung jenes Evangeliums gesetzt war. Deshalb schlug das alles für ihn zur Seligkeit aus, indem sein Glaube durch diese Wege eines treuen Gottes befestigt wurde. Gott richtete nur die Augen seines treuen
Knechtes völliger auf sich selbst. Unterstützt durch die Gebete anderer und durch die Darreichung des Geistes Jesu Christi, rühmt er sich mehr und mehr des sicheren Sieges Christi, an dem er teilhatte anstatt vom Feinde niedergeworfen und erschreckt zu werden.
Dementsprechend drückt er seine unerschütterliche Überzeugung aus, dass er in nichts beschämt werden würde, sondern dass es ihm geschenkt werden würde, alle Freimütigkeit zu gebrauchen, und dass Christus in ihm verherrlicht werden würde, sei es durch sein Leben oder durch seinen Tod. Und den Tod hatte er vor Augen. Berufen, vor dem Kaiser zu erscheinen, konnte ihm sein Leben durch dessen Urteil genommen werden; menschlich gesprochen, war der Ausgang ganz ungewiss. Er spielt darauf an in Philipper 1,22.30; 2,17; 3,10.