Behandelter Abschnitt Ruth 1,6-7
Der Glaube (Ruth 1,6-18)
Eine hoffnungslosere Lage als die von Noomi kann man sich kaum vorstellen: ohne Mann und ohne Söhne, in fremdem und feindlichem Land. Und doch ist es wahr, dass die dunkelste Stunde diejenige ist, die der Morgendämmerung unmittelbar vorausgeht. Es war göttliche Fügung, dass unser Herr den Hahnenschrei als Zeitpunkt für die Verleugnung des Petrus gewählt hatte. Es war die dunkelste Stunde in seiner Geschichte – er verleugnete dreimal seinen Retter, Freund und Herrn, sogar mit Flüchen.
Und doch brachte dieser furchtbare Ausbruch des Bösen das hervor, was sich nicht mehr hinter lauten Beteuerungen der Ergebenheit verstecken konnte. Petrus sieht sich selbst, konnte sich selbst nicht mehr trauen, und in jener dunkelsten Stunde ertönt der Vorbote des anbrechenden Tages. So wendet sich die verwitwete Noomi in der Stunde ihrer Verlassenheit in schlichtem Glauben an den Einen, von dem sie sich so tief abgewandt hatte.
Das Gleiche gilt für die Geschichte der Rückkehr des Volkes Iarael zu Gott. Josephs Brüder kehrten auch in der Zeit einer Hungersnot zurück – wenn auch unbewusst – mit dem Bekenntnis zu dem, den sie so schwer verletzt hatten. Am Tag der Finsternis und der Dunkelheit, am Tag der Verwüstung wird es sein (Zeph 1,15), dass die verirrten Schafe des Herrn gesucht und gesammelt werden. In gleicher Weise wird jede Seele durch die göttliche Gnade geborgen, wenn alles am dunkelsten erscheint, wenn das Böse ans Licht gebracht wird.
Aber das Wiederanfachen des Glaubens macht zunächst nur eine schwache Flamme, die mehr Rauch als Licht hat. Es ist ein selbstsüchtiges Motiv, das sie zur Rückkehr veranlasst, ähnlich wie bei dem verlorenen Sohn, der sein Gesicht dem Haus des Vaters wieder zuwendete. Noomi hatte im Land der Moabiter gehört, dass der Herr sich seinem Volk zugewandt habe, um ihnen Brot zu geben.
Sie scheint kein Empfinden dafür zu haben, dass es falsch war, das Haus des Brotes zu verlassen und dass sie versagt hatte, indem sie sich den Moabitern zuwandte. Ja, selbst unserer Reue können wir uns nicht rühmen: alles ist befleckt.