Behandelter Abschnitt Hld 6,10
„Wer ist sie, die da hervorglänzt wie die Morgenröte, schön wie der Mond, rein wie die Sonne, furchtbar wie Kriegsscharen?“ (Hld 6,10).
Dieser Vers scheint die Sprache der Bewunderer des Bräutigams zu sein und lautet wie ein Gesang, der den Chor begleitet. Alle sind einig in dem Lob der Braut. Die trübe Nacht ist vorüber, der helle Morgen bricht an. „Wer ist sie, die da hervorglänzt wie die Morgenröte?“ Sie taucht gleichsam auf aus der Finsternis der langen, langen Nacht, durch die sie gegangen ist; alles dahinten lassend, tritt sie hervor in der Frische und Schönheit des Morgens, und bald wird sie in mittäglichem Glanz dastehen, übergossen von den Strahlen der „Sonne der Gerechtigkeit“.
Zur Darstellung der zukünftigen Würde und Herrlichkeit Israels benutzt der Heilige Geist häufig die Himmelskörper: Sonne, Mond und Sterne. Schon der Traum Josephs zeigt uns dies im Vorbild. In der Familie Jakobs erblicken wir das ganze Volk (1Mo 37). In Off 12 sehen wir den Stamm Juda, aus dem unser Herr kam, mit gleicher Herrlichkeit bekleidet. Das Bild ist „eine Frau, bekleidet mit der Sonne, und der Mond war unter ihren Füßen und auf ihrem Haupt war eine Krone von zwölf Sternen“. Die Herrlichkeit der zwölf Stämme erscheint hier vereinigt in dem einen königlichen Stamm. – Auch der Gedanke der Beständigkeit und Festigkeit wird durch jene Himmelslichter verwesentlicht. „Einmal habe ich geschworen bei meiner Heiligkeit: wenn ich dem David lüge! Sein Same wird ewig sein, und sein Thron wie die Sonne vor mir; ewig wird er feststehen wie der Mond; und der Zeuge in den Wolken ist treu“ (Ps 89,35-37).
Welch eine Veränderung für die lange verachteten, niedergetretenen Israeliten! Mit Bewunderung betrachten die Töchter, die Königinnen und Kebsweiber den königlichen Stamm, die Braut Juda, „die da hervorglänzt wie die Morgenröte, schön wie der Mond, rein wie die Sonne, furchtbar wie Kriegsscharen“. Bekleidet mit Licht, Herrlichkeit und Würde, wird sie, als die herrliche Braut des königlichen Sohnes Davids, zu dem großen Anziehungspunkt der Erde und zum Gegenstand der allgemeinen Bewunderung.
Sei mir gegrüßt, du seliger Morgen! die Finsternis ist vergangen, „die Sonne der Gerechtigkeit geht auf mit Heilung in ihren Flügeln“. Ihre Strahlen vergolden die dunklen Berge des heiligen Landes und füllen seine Täler mit Licht und Wonne. Aller Herzen frohlocken: Hosanna dem Sohne Davids! Die Verheißung ist erfüllt. – „Steh auf, leuchte! denn dein Licht ist gekommen, und die Herrlichkeit des Herrn ist über dir aufgegangen.. . Und Nationen wandeln zu deinem Licht hin, und Könige zum Glanz deines Aufgangs“ (Jes 60,1.3).