Behandelter Abschnitt Hld 5,10
„Mein Geliebter ist weiß und rot, ausgezeichnet vor Zehntausenden.“ (Hld 5,10).
Damit beginnt die Braut die Beschreibung ihres Geliebten. Von David wird, ohne Zweifel im Blick auf seine jugendliche Kraft und Schönheit, gesagt: „Er war rötlich und von gutem Ansehen“. Aber in der Beschreibung, die hier von dem wahren David gegeben wird, mag der Geist der Prophezeiung wohl an die fleckenlose Reinheit Seiner Person und an den Charakter Seines Opfers erinnern wollen. „Weiß und rot“ sind bedeutungsvolle Worte. Es ist die Freude des Heiligen Geistes, uns immer wieder, sei es in Vorbildern oder in Gleichnissen, die Schönheit der Person Christi und den Wert Seines Opfers vor Augen zu stellen. „Könnt ihr mir etwas nennen, das weißer ist als Schnee?“ fragte einmal ein Sonntagsschullehrer seine jungen Schüler und Schülerinnen.
„Eine Seele, die im Blut Jesu gewaschen ist“, antwortete ein kleines Mädchen; sie hatte Recht. Aber wenn ein Brand, der aus dem Feuer gerissen ist, der durch die Sünde geschwärzt und gleichsam schon dem Feuer des Gerichts verfallen war, weißer gewaschen werden kann als Schnee, so weiß wie das Licht des Himmels, kraft des kostbaren Blutes Christi, was muss dann, so mögen wir wohl fragen, die Reinheit und Heiligkeit Dessen sein, der durch Sein Blutvergießen ein so wunderbares Werk möglich gemacht hat? Ja fürwahr, schon eine einzige gerettete Seele beweist die herrliche Wirkung dieses Opfers. Aber was werden wir sagen, wenn wir bald im Himmel Myriaden über Myriaden von erlösten Seelen sehen werden, die das ewig neue Lied singen: „Dem, der uns liebt und uns von unseren Sünden gewaschen hat in seinem Blut und uns gemacht hat zu einem Königtum, zu Priestern seinem Gott und Vater: Ihm sei die Herrlichkeit und die Macht von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen.“
Geliebter Leser! was wir dann sehen werden mit unseren Augen, das sollten wir jetzt glauben mit unseren Herzen. Lasst uns deshalb sinnen über die kostbaren Worte: „Mein Geliebter ist weiß und rot, ausgezeichnet vor Zehntausenden.“ Was ist so weiß, so rein, so heilig wie die hochgelobte Person des Sohnes des Menschen, wie JHWA = Jesus, die Wurzel und das Geschlecht Davids? was so rot wie das Blut, das auf Golgathas Höhen aus Seinen Wunden floss? Wer wäre so würdig, das Haupt aller himmlischen Heerscharen zu sein, wie Er, der Anführer unserer Seligkeit?
So Jesus zu kennen, ist gegenwärtiges Heil, bedeutet Frieden und Glück. Zu wissen, dass meine Sünden ausgelöscht, ja für immer ausgelöscht sind durch Sein kostbares Blut, bedeutet vollkommene Segnung. Sie existieren jetzt nicht mehr vor Gott, dem Richter über die Sünde. Ich habe Vergebung aller meiner Sünden; ich weiß, dass ich sie habe, denn Gott sagt es; aber zu wissen, dass meine Sünden nicht nur vergeben, sondern auch ausgelöscht sind, ist ein noch weitergehender Gedanke. Wie ein Stein in die Tiefe des Meeres versinkt, um nie wieder gesehen zu werden, so sind die Sünden des Gläubigen alle in die Tiefen des Meeres geworfen; sie werden nie wieder zum Vorschein kommen. Und Gott ist durch das Werk Seines geliebten Sohnes so völlig verherrlicht worden, dass Er jetzt nicht nur Seine Gnade, sondern auch Seine Gerechtigkeit erweist, wenn Er alle segnet, die an Jesus glauben. Er kann jetzt Seine Liebe darin befriedigen, dass Er dem vornehmsten Sünder, der sich vor dem Namen des einst verachteten, aber jetzt hoch erhobenen Menschensohnes beugt, in Gnaden begegnet.
Nachdem die Braut den Töchtern Jerusalems zunächst in allgemeiner Weise betreffs ihres Geliebten geantwortet hat, beginnt sie jetzt Ihn genauer zu beschreiben. Geleitet durch den Geist Gottes, ist es ihre Freude, bei den mannigfaltigen Vortreffiichkeiten und Herrlichkeiten Seiner Person zu verweilen, und sie tut dies unter dem Bilde menschlicher Eigenschaften und Züge. Bei deren Betrachtung wollen wir uns hüten, ihre geheimnisvolle Bedeutung über die Grenzen der Schrift hinaus erforschen zu wollen. Der Ort, auf dem wir stehen, ist heiliges Land (Vergl. 2Mo 3,5). Obgleich der Herr einst Seinem Knecht Moses nicht verbot, dem brennenden Dornbusch zu nahen, sagte Er ihm doch deutlich, dass es nur mit unbeschuhten Füßen geschehen dürfe. Möchte deshalb unser Auge gesalbt und unser Herz in einer anbetenden Stellung sein, wenn wir über den herrlichen König Zions nachsinnen.