Behandelter Abschnitt Hld 5,4
„Mein Geliebter streckte Seine Hand durch die Öffnung (das Guckloch der Tür), und mein Inneres ward seinetwegen erregt“ (Hld 5,4).
Gott sei Dank! die Braut kommt zur Besinnung, sie wacht auf aus ihrem Schlummer. Die Hand des Herrn Selbst hat sie aufgeweckt, und sie antwortet auf Seine Liebe. Wohl ist die Antwort noch schwach, aber sie ist doch wahr und wirklich. Das Herz ist für Ihn erregt. Sie hat nie aufgehört, Ihn „ihren Geliebten“ zu nennen. Liebe für den Herrn war da trotz vielen Fehlens. Wenn aber das zarte, gnädige Klopfen der Liebe des Heilands unbeachtet bleibt, so wendet Er andere Mittel an. Er erkennt den Zustand des Herzens und weiß, was es gegen Ihn in Wallung bringen wird. „Würde Gott das nicht erforschen? denn er kennt die Geheimnisse des Herzens“ (Ps 44,22).
Zuweilen erreicht Er durch ganz unerwartete Mittel das Gewissen; und indem das Licht in uns eindringt, entdecken wir, wo wir sind und was wir sind. Die Gnade triumphiert. Die Seele sucht wieder die Gegenwart des Herrn und das Glück, das in Ihm allein zu finden ist. Dennoch mag eine Zeit vergehen, bis sie von ihrem Fall ganz wiederhergestellt ist. Es mag viel Schmerz, Beugung und Demütigung geben, ehe sie in Seiner heiligen Gegenwart wieder wahrhaft zur Ruhe kommt. Verwirrt und beunruhigt, wie einer, der eben aus tiefem Schlaf erwacht, laufen wir vielleicht hin und her, und suchen den Herrn an einem Ort, von dem Er nie gesagt hat, dass Er da gefunden werden könne; denn das Heiligtum, nicht „die Stadt“, ist der Ort Seiner gesegneten Gegenwart.