Einleitung
Zweifellos war Noomi bei alledem, was sie nun Ruth riet, von Gott geleitet. Gott wirkte auf seine Weise genauso, wie er das zu Beginn des vorigen Kapitels getan hatte. Bei Noomi sehen wir Gottesfurcht verbunden mit Glauben und Liebe zu Ruth. Wer im Glauben auf Gott vertraut, für den verschwindet eine Schwierigkeit nach der anderen. Ruth findet in diesem Kapitel Ruhe.
Boas überlässt Gott alles.
Wichtig für das Verständnis der weiteren Ereignisse in diesem Buch sind vor allem zwei Anweisungen des Wortes Gottes:
Das Lösen durch einen nahen Verwandten im Fall des Verkaufs von Eigentum: Das Land gehörte dem Herrn (3Mo 25,23). Es war dem Volk geliehen. Gott war der Eigentümer, und die Israeliten waren die Besitzer. Darum durfte das Land nicht dauerhaft verkauft werden. Bei Verarmung konnte das Land an jemand verkauft werden, doch der nächste Verwandte (= Blutsverwandte, goel) sollte das Land lösen, damit es in der „Großfamilie“ blieb. Eigentlich kaufte jemand nicht das Land, sondern die Anzahl Ernten, die bis zum Jubeljahr, dem 50. Jahr ausstanden (3Mo 25,10.13-16.24-28). Der Gesamtpreis eines Grundstücks machte also 50 Ernten aus (oder 42 nach Abzug der Sabbatjahre). War das Land nicht zwischenzeitlich gelöst worden, ging es im Jubeljahr an den ursprünglichen Besitzer zurück.
das Leisten der Schwagerpflicht, wenn der Mann der Schwägerin kinderlos verstorben war (5Mo 25,5). Außerdem gab es eine Gewohnheit (1Mo 38), die von Gott durch das mosaische Gesetz sanktioniert wurde, nämlich die Schwagerehe (5Mo 25,5.6). Wenn ein Israelit kinderlos verstarb, war es die Pflicht seines Bruders, die Schwägerin zu heiraten, damit der Name seines Bruders nicht ausgelöscht wurde. Der Sohn aus der „Schwagerehe“ war der rechtmäßige Erbe des Besitzes des kinderlos verstorbenen Bruders.
Noomi hatte nicht nur die Hoffnung, dass Ruth verheiratet wurde, sondern auch die Absicht, ein Feldstück zu verkaufen (Kap. 4,3). Wer war nun unter der näheren Verwandtschaft bereit, das Feldstück zu kaufen? Der nächste Verwandte in Kapitel 4 wollte wohl das Feld kaufen, nicht aber Ruth heiraten. Boas war zu beidem bereit. Er war ein vermögender Mann und er hatte Zuneigungen zu Ruth. Das von Noomi (und Ruth) in ihn gesetzte Vertrauen hat Boas nicht enttäuscht. Für Boas war das Wort Gottes Maßstab all seines Handelns. Wir sehen sowohl bei Boas als auch bei Ruth echte Gottesfurcht.
„Nach unseren Gepflogenheiten erscheint das Handeln Noomis und Ruth aus moralischer Sicht tatsächlich sehr zweifelhaft gewesen zu sein, doch nach den Gepflogenheiten des Volkes Israel zur damaligen Zeit betrachtet, war es das nicht“ (Keil).
Wir werden Zeugen eines Heiratsantrags.
Einteilung
Noomi Anweisungen für Ruth für eine Begegnung mit Boas (V. 1‒5)
Ruth trifft mit Boas zusammen (V. 6‒13)
Ruth kehrt zu ihrer Schwiegermutter zurück (V. 14‒18)
Vers 1
Und Noomi, ihre Schwiegermutter, sprach zu ihr: Meine Tochter, sollte ich dir nicht Ruhe suchen, dass es dir wohl gehe: Noomi sucht für ihre Schwiegertochter einen Ehemann. Sie hatte bereits beim Auszug aus Moab davon gesprochen, dass sie kaum heiraten und weitere Söhne haben würde; sie wünschte ihren Schwiegertöchtern Ruhe in Moab (1,9). Darum sollten Ruth und Orpa sich ja Männer in Moab suchen. Nun schöpft sie Hoffnung, dass Boas zur Schwagerehe bereit wäre.
Noomi ist in diesem Kapitel eine Gläubige, die wieder anfängt, ganz auf den Herrn zu vertrauen. Zur Erfahrung kommt das Verständnis hinzu. Sie ist in der Lage, einer jüngeren Gläubigen zu helfen, geistlich zu wachsen. Jetzt wünscht sie Ruth Ruhe bei Boas! Noomi war selbst unter den Segen von Boas gekommen; sie hatte von seiner Gerste gegessen.
Für Ruth war nun die Zeit des Ährenlesens vorüber. Wie lange würde der gesammelte Vorrat reichen? Solche Zeiten sind für Gläubige Prüfungszeiten, die sie näher zum Herrn bringen. Für Ruth bricht die Zeit an, Boas näher kennenzulernen. Bevor Ruth die „Erlösung“ kennenlernen kann, muss sie wichtige Anweisungen beachten. Im Vorbild muss sie einsgemacht werden mit dem gestorbenen Christus.