Behandelter Abschnitt Ri 9,1-3
Einleitung
In diesem Kapitel sehen wir die Auswirkungen des Götzendienstes (8,27.33) und der Vielweiberei Gideons (8,29–32). So gab es immer ein Aufleben, eine Erweckung, und dann wieder Niedergang. Der Niedergang erreichte unter Abimelech einen Tiefpunkt.
Abimelech ist nicht von Gott berufen. Die Schrift nennt ihn nicht einen Richter. Er reißt die Herrschaft an sich aufgrund seiner Abstammung von Gideon. Er hat nicht die Gesinnung seines Vaters (Ri 8,22.23). Andererseits ist deutlich, dass das Böse Abimelechs im Zusammenhang mit der Untreue Gideons steht, die ab Kapitel 8,24 beschrieben wird:
Gideon machte ein Ephod, das seinem Haus zum Fallstrick wurde und dem Israel nachhurte.
Gideon hatte viele Frauen und Nebenfrauen. Eine seiner Nebenfrauen ist die Mutter Abimelechs.
Der Niedergang und die Hinwendung zum Götzendienst geschahen nach dem Tod Gideons (8,33–35). Vergleiche dazu den allmählichen Übergang des Bösen von Pergamus nach Thyatira. Jede Phase der Kirchengeschichte geht moralisch aus der vorherigen hervor.
Einteilung
Jotham reißt die Herrschaft an sich (V. 1‒6)
Jothams Gleichnis (oder Fabel) und Warnung (V. 7‒15)
Die Botschaft Jothams und seine Flucht nach Beer (V. 16‒21)
Gott wirkt das Gericht an Abimelech und an Sichem (V. 22‒25)
Gaal bietet den Männer von Sichem eine Revolution an (V. 26‒41)
Abimelech kämpft gegen die Bewohner Sichems und nimmt die Stadt ein (V. 42‒49)
Abimelechs Ende bei der Belagerung von Tebez (50‒57)
Verse 1–3
Und Abimelech, der Sohn Jerub-Baals, ging nach Sichem zu den Brüdern seiner Mutter; und er redete zu ihnen und zum ganzen Geschlecht des Hauses des Vaters seiner Mutter und sprach: 2 Redet doch vor den Ohren aller Bürger von Sichem: Was ist besser für euch, dass siebzig Männer über euch herrschen, alle Söhne Jerub-Baals, oder dass ein Mann über euch herrsche? Und bedenkt, dass ich euer Gebein und euer Fleisch bin 3 Und die Brüder seiner Mutter redeten von ihm vor den Ohren aller Bürger von Sichem alle diese Worte. Und ihr Herz neigte sich Abimelech nach; denn sie sprachen: Er ist unser Bruder: Abimelechs Mutter wohnte in Sichem. Sie hatte weitere Söhne von Gideon, die Brüder Abimelechs.
Abimelech: mein Vater ist König, oder: Vaterkönig, väterlicher König. Es war der Titel der Philisterkönige. Diesen Namen hat wohl die Nebenfrau Gideons ihrem Sohn gegeben. Obwohl Gideon kein König war, wollte sie einen König aus ihm machen. Er sollte Vater seines Volkes sein. Abimelech war der erste König in Israel (9,22), noch vor Saul. Er war ein durch und durch herrschsüchtiger Mann.
Nach Sichem: Abimelech kehrt zurück nach Sichem. Sichem ist der Ort, wo Abraham bei der Terebinthe (9,6) zuerst einen Altar baute. Jakob hat bei dieser Terebinthe seine Götzen begraben (1Mo 35,4). Bei derselben Terebinthe hatte Josua einen Stein des Zeugnisses (= Denkmal) errichtet (Jos 24,26). Es war ein heiliger Ort. Genau dort hat Abimelech sich zum König salben lassen.
Jerub-Baal: Der Geist Gottes nennt Gideon in diesem Kapitel immer bei dem Namen, der uns daran erinnert, dass er den Götzen Baal niedergehauen hat. Von diesen Kennzeichen war bei Abimelech nichts mehr zu finden.
Dass ich euer Gebein und euer Fleisch bin: Damit bringt er die Bewohner Sichems hinter sich. Er war ja einer von ihnen.
Brüder seiner Mutter: Abimelech hatte Brüder, die seine Herrschgelüste unterstützten.
Bürger von Sichem: Baalim von Sichem, Herr oder Meister. Die Bürger von Sichem hatten ihren Namen gleichsam von Baal geliehen. Diese Verbindung ist sicher nicht zufällig. Die Bürger Sichems waren wohl hauptsächlich Kanaaniter.