1. Einleitung
Paulus hat diesen Brief als letzten im Jahr 66 n. Chr. geschrieben. Er ist ein persönliches Vermächtnis, ein Testament, an sein Kind Timotheus. Er schüttet in diesem Brief diesem jüngeren Bruder sein Herz aus. Paulus hatte die Versammlungen außerhalb von Israel gegründet und aufgebaut und musste zusehen, wie Verfall und Abweichen eintraten.
2. Das Abweichen
Kap. 1 | verlassen | Paulus in seiner Entschiedenheit |
Kap. 2 | abirren | falsche Lehre im Blick auf die Auferstehung |
Kap. 3 | widerstehen | gegen Gottes Wort (Mose) V. 15: heilige Schriften |
Kap. 4 | abkehren | zu den Fabeln und Mythen wenden |
3. Unsere Vorrechte in Christus Jesus
Verheißung des Lebens (1,2)
Berufung nach Vorsatz und Gnade (1,9)
Glauben und Liebe (1,13)
Gnade (2,1)
Errettung (2,10)
Glaube an die Schriften (3,15)
4. Timotheus arbeitete in
Korinth: Lehren (1Kor 4,17)
Philippi: Sorgen (Phil 2,19-23)
Thessalonich: Befestigung, Tröstung (1Thes 3,1-3)
Ephesus: Ordnung im Haus Gottes (1Tim 3,15)
5. Kennzeichnende Begriffe
Paulus spricht besonders von seinem Evangelium (2,9), seiner Lehre (3,10), „was du von mir ... gehört hast (2,2); „von wem du gelernt hast“ (3,14). Neunmal mein in Kapitel 3,10.
Achtmal Glaube, viermal mit Artikel (2,18; 3,8.10; 4,7); viermal ohne Artikel (1,5.13; 2,22; 3,15)
6. Das Wort
nicht streiten, sondern das Bild gesunder Worte festhalten (1,13)
treuen Leuten anvertrauen, was Timotheus von Paulus gehört hatte (2,2)
recht teilen (2,15)
in dem bleiben, was er gehört hatte (3,14)
predigen und darauf halten (4,2)
7. Diverse Punkte
Man nimmt an, dass zwischen diesem Brief und dem ersten Brief nur zwei Jahre vergangen sind. Der Wechsel der Umstände ist ganz erheblich. Daher finden wir eine völlig andere Behandlung und ein sehr veränderter Ton in diesem Brief. „Wir wissen aus der Schrift und auch aus Erfahrung, dass große Umwälzungen in sehr kurzer Zeit stattfinden können ... Es sind die letzten schriftlichen Worte des Apostels, die eine besondere Ernsthaftigkeit, Bedeutung und Zartheit bei allem, was er zu sagen hat, vermitteln“ (WK).
Im ersten Brief ging es um die Ordnung in der Versammlung als das Haus Gottes und besonders die moralische Würde derer, die einen öffentlichen Dienst ausüben. Hier wartet der scheidende Apostel auf das Kommen des Timotheus (1,4; 4,9.11.13.21). In diesem Brief geht es um ein großes Haus, in dem sich Gefäße zur Unehre befinden, von denen man sich wegreinigen muss.
Im ersten Brief war Paulus nach der vierjährigen Gefangenschaft wieder frei; bei der Abfassung des zweiten Briefes finden wir ihn wieder im Gefängnis in Rom.
8. Der Dienst des Paulus und der des Johannes
Der zweite Brief an Timotheus legt eine Brücke zum ersten Brief des Johannes (2,25; 5,11.20). Der Besitz dieses Lebens – in Christus, das Leben selbst – befähigt uns, den Vater und den Sohn zu kennen und Gemeinschaft mit ihnen zu haben (Joh 3,16; 17,3; 1Joh 1,3). Johannes schrieb über den Sohn Gottes und das ewige Leben und die damit verbundene Kindschaft. Johannes schrieb erst in den Tagen des Verfalls. Dieser begann zu der Zeit des Paulus (1,15). Bei Paulus ist die Verheißung des Lebens zukünftig in der Herrlichkeit, bei Johannes ist es der gegenwärtige Besitz.
Wenn die Darstellung aller Wahrheiten, wie Paulus sie offenbart hat, verlorengehen sollte, so bleiben doch die Segnungen des ewigen Lebens dennoch unser Genuss. Sie sind in erster Linie persönlicher Art (Joh 17,3; 1Joh 1,3-4); siehe dazu Kapitel 1,10.11. Das ist ein starker Trost angesichts all der bevor stehenden Schwierigkeiten, auf die dieser Brief Bezug nimmt.
9. Wichtige Punkte in der Einleitung dieses Briefes
Autorität des Apostels (V. 1)
Befähigung zum Dienst durch Gnade (V. 2)
Anerkennung und Dank (V. 3)
Gebet (V. 3)
Zuneigung (V. 4)
Glaube (V. 5)
Erinnerung (V. 6)
Es gibt insgesamt fünfundzwanzig Aufforderungen des Paulus an Timotheus in diesem Brief.
10. Numerische Struktur des zweiten Briefes
1. | 1,1–18 | Gott ist immer für uns |
1.1. | 1,1–5 | Entsprechend der Verheißung des Lebens |
1.2. | 1,6–12 | Die Notwendigkeit und Unterstützung des Muts inmitten von Problemen |
1.3. | 1,13.14 | Das Bild gesunder Worte |
1.4. | 1,15–18 | Das Wegwenden und die Erprobung des Glaubens |
2. | 2,1–13 | Der Konflikt des Glaubens |
2.1. | 2,1–2 | Die Notwendigkeit der Kraft in Gnade |
2.2. | 2,3–7 | Als Soldat und Landwirt |
2.3. | 2,8–13 | Die Nachfolge des Gestorbenen und Auferstandenen |
3. | 2,14–16 | Das Offenbarwerden des Bösen in organisierter Weise |
3.1. | 2,14–15 | Die Notwendigkeit, in der Wahrheit zu verharren |
3.2. | 2,16–18 | Der fressende Krebs des Irrtums |
3.3. | 2,19–21 | Das große Haus |
3.4. | 2,20–26 | Erprobung |
4. | 3,1–17 | Die Erprobung in jeder Weise |
4.1. | 3,1–7 | Die Gesetzlosigkeit der letzten Tage |
4.2. | 3,8–13 | Der Widerstand durch Nachahmung und die Verfolgung der Gläubigen |
4.3. | 3,14–17 | Die inspirierten Quellen |
5. | 4,1–29 | Der bevorstehende Heimgang des Paulus |
5.1. | 4,1–4 | Sei umso stärker |
5.2. | 4,5–8 | Den Kampf gekämpft |
5.3. | 4,9–22 | Erinnerungen |
Kapitel 1
Einleitung
Mit diesem Brief bittet der Apostel Timotheus, zu ihm zu kommen (4,9). Paulus schüttet ihm sein Herz aus im Blick auf sein baldiges Abscheiden (4,6‒8).
Er erinnert an den ungeheuchelten Glauben in seiner eigenen Familie und auch der des Timotheus.
Er ermutigt Timotheus auf alle Weise und stellt ihm die weitreichende Bedeutung des Evangeliums vor.
Paulus sehnt sich nach Gemeinschaft und Erquickung (Onesiphorus, Timotheus)
Einteilung
Gruß, reines Gewissen und ungeheuchelter Glaube (V. 1‒5)
Gnadengabe und Trübsal (V. 6‒8)
Was Gott durch das Evangelium Gottes ans Licht gebracht hat (V. 9.10)
Der Dienst des Paulus und das dem Herrn Anvertraute (V. 11.12)
Festhalten des Bildes gesunder Worte und Bewahren des Anvertrauten (V. 13.14)
Viele haben sich abgewandt ‒ Onesiphorus erquickt den Apostel (V. 15‒18)
Vers 1
Paulus, Apostel Christi Jesu durch Gottes Willen, nach Verheißung des Lebens, das in Christus Jesus ist: Paulus ist ein Apostel (= Gesandter) des verherrlichten Christus. Er war vom Himmel aus berufen (Apg 9). Das gab dem Apostel Mut und Ausharren in dieser schwierigen Zeit. Die anderen Apostel waren vom Herrn auf der Erde berufen worden (Lk 6,13; Mt 28,16-20; Mk 16,14-18).
Apostel: Trotz der Vertrautheit dieses Briefes stellt der Apostel sich hier so vor. Die Autorität des Apostels wird dadurch nicht abgeschwächt. Dieser Brief enthält moralische Ermahnungen für die Endzeit, die von großer Tragweite sind.
Durch Gottes Willen: Dieser Ausdruck findet sich auch im ersten und zweiten Korintherbrief, in den Briefen an die Epheser und die Kolosser. Wille ist umfassender als Befehl. Der Wille Gottes ist in erster Linie die Verherrlichung des Sohnes (Eph 1,9). Gott hatte Paulus nicht im Unklaren darüber gelassen, was sein Willen war (Gal 1). Dazu war Paulus Apostel. Das schließt die Offenbarung der Ratschlüsse Gottes durch Paulus ein. Wenn vieles verlorengehen sollte, Gottes Wille wird dennoch zur Ausführung kommen. Gott hat seine erhabenen Ratschlüsse. Solange Gott will, bleibt Paulus Apostel.
Nach [katav] Verheißung des Lebens: Die Verheißung des Lebens war charakteristisch für seine Apostelschaft. Dieser Ausdruck verleiht ihr einen unbesiegbaren Charakter. Es ist das erste Mal, dass er sich so vorstellt. Das Leben und der Glaube sind sehr persönliche Dinge. Das Leben wird hier eine Verheißung genannt, weil die völlige Kraft und Entfaltung erst in der Zukunft gesehen wird. In der Ewigkeit verheißen, in der Ewigkeit völlig realisiert. Was für eine Festigkeit.
In Christus Jesus: Dieses Leben ist in Christus Jesus, dem Sohn Gottes. Er ist zugleich der vollkommene Ausdruck dieses Lebens (vgl. 1,9). Diese Verheißung geht über alle Verheißungen im Wort Gottes hinaus, auch zeitlich (Tit 1,2). In Christus bleibt das Leben von Ewigkeit zu Ewigkeit erhalten.