Wie lange, Herr, habe ich gerufen, und du hörst nicht! Ich schreie zu dir: Gewalttat! – und du rettest nicht: Der Prophet richtet sich in diesem Buch nicht mit einer Botschaft an das Volk, sondern mit einem Gebet an Gott – das ist ungewöhnlich für ein Prophetenbuch. Der sündige Zustand des Volkes erregt den Zorn und die Betrübnis dieses Mannes. Er macht aber auch Gott einen Vorwurf. Es ist gut, in schwierigen Umständen zu Gott zu schreien; Habakuk hat das nun lange Zeit getan. Macht er sich zum Sprecher der Gerechten inmitten des Volkes? Dennoch berechtigt ihn das nicht, Gott Vorwürfe zu machen.
Bis wann in den Psalmen: Ps 4,1-2.; 6,4; 13,2.23.2; 62,4; 74,9.10; 79,5; 80,5; 82,2; 89,47; 90,13; 94,3.
Und du hörst nicht: Gott hört und wirkt sehr wohl. Es scheint nur so, dass Gott nicht hört (= hilft). Gott stellt Habakuks Glaube auf die Probe (1Pet 1,7). Wäre kein Glaube da gewesen, hätte Habakuk sich (a) nicht an Gott gewandt, und (b) Gott hätte nicht geantwortet und seinen Glauben nicht auf die Probe gestellt. Wir finden hier eine Mischung aus Glauben und Unglauben.