Einleitung
Been: Dieses Kapitel beschreibt die Berufungsvision Jesajas, seine Selbstverurteilung, Reinigung, Demut und Bereitwilligkeit, den Auftrag des Herrn an Juda und Jerusalem bekanntzumachen. Dieser Auftrag bestand im Predigen des Gerichts und Verhärtung, die über das Volk kommen würden. Es sollte hören, aber nicht verstehen, es sollte sehen, aber nicht aufmerken. Jesaja musste das Herz des Volkes fettmachen, ihre Ohren schwer, ihre Augen schließen, damit es mit den Augen nicht sehen sollte, mit den Ohren nicht hören sollte, mit dem Herzen nicht verstehen sollte, sich nicht bekehren sollte und der Herr es nicht heilen sollte. Dieses schreckliche Urteil der Verhärtung wurde über Juda und Jerusalem ausgesprochen, nachdem völlig deutlich geworden war, dass es sich selbst verhärtet hatte, nicht hören wollte, nicht sehen wollte und sich nicht von der Bosheit bekehren wollte. Doch war diese von Gott kommende Verhärtung nur teilweise, denn es gab später wieder einen Überrest, der aus der babylonischen Gefangenschaft zurückkehrte, dem Herrn wieder diente und den Tempel in Jerusalem wieder aufbaute. Und in den ersten Tagen der Versammlung wurden viele Juden ihr zugefügt, um errettet zu werden (Apg 2,47; Röm 11,5).
Man könnte nun fragen, warum diese Berufungsvision nicht zu Beginn des 1. Kapitels der Prophetie Jesajas erwähnt worden ist, sondern erst in Kapitel 6. – Unserer Antwort darauf ist, dass der Prophet schwerlich gegen die Zustände in Juda hätte predigen können, so wie er das in den Kapiteln 1–5 getan hat, wenn ihm von Seiten Gottes bereits bekannt war, dass das Volk sich verhärtet hatte. Erst nachdem diese Tatsache beim Volk festgestellt war, nach der Predigt Jesajas, teilte der Herr ihm mit, dass das Volk verhärtet war und was das Gericht war, das auf die vorhergehende Verhärtung des Volkes selbst folgte (Been, S. 107).
Weitere Punkte
Kapitel 6 knüpft an Kapitel 5 an. Der große Feind des wahren Volkes sind die Ungläubigen, die Gottlosen, unter dem Volk. Ihr Gericht – das Gericht der Verhärtung – wird in Kapitel 6 angekündigt.
Zugleich führt Kapitel 6 weiter; es ist eine Einführung zu den nach folgenden Kapiteln 7 und 9.
Jesaja stellt hier zuerst einmal dem Volk den Herrn Jesus vor. Er spricht auch davon, wie Er von seinem Volk verworfen werden wird. Das sehen wir, wenn wir uns die Zitate aus diesem Kapitel im Neuen Testament ansehen. Durch die Verwerfung des Messias kommt eine Verhärtung über das Volk Israel, die dann ihrerseits wieder Gericht nach sich zieht.
Jesaja bekommt – obwohl er schon ein wirkender Prophet war – erst hier während dieser Vision einen bestimmten Auftrag in seinem Dienst in dem Bewusstsein, dass das Volk bereits verhärtet war.
Einteilung
Jesaja sieht den Herrn (adonai) auf einem Thron im Tempel (V. 1‒4)
Jesaja ruft ein Wehe über sich selbst aus wegen seiner unreinen Lippen (V. 5‒7)
Das Gericht der Verhärtung und die entsprechenden Folgen (V. 8‒13)
Vers 1
Im Todesjahr des Königs Ussija, da sah ich den Herrn sitzen auf hohem und erhabenem Thron, und seine Schleppen füllten den Tempel: Das war das Jahr 740. Vielleicht hat Jesaja beim Tod dieses großen Königs gedacht: Wie geht nun alles weiter? Jotham, der Sohn Ussijas, übte bereits seit elf Jahren die Regierungsgeschäfte aus, da Ussija viele Jahre aussätzig war.
Jesaja war zu dieser Zeit noch ein junger Mann. Offensichtlich hatte Jesaja diese Vision im Tempel. Haben die Leviten gesungen, so dass Jesaja dahinter die Engel gesehen hat? Gott wohnte immer noch im Tempel, über der Bundeslade. Ussija hatte sich angemaßt, König-Priester zu sein, nun durfte Jesaja den wahren König-Priester sehen. Christus „hatte nicht nur einen Altar, sondern auch einen Altar, der die Macht hatte, die Ungerechtigkeit wegzunehmen und die Sünde zu sühnen“ (Been, S. 102).
Im Todesjahr des Königs Ussija: Zu Ussija siehe
http://biblische-lehre-wm.de/wp-content/uploads/Koenige-von-Israel-und-Juda-WM.pdf
Den Herrn [adonai]: vgl. „der Herr sprach zu meinem Herrn [adonai]“ (Ps 110,1). Jedenfalls sah Jesaja den Herrn Jesus (Joh 12,37-41). Christus ist das Wort, das Gott offenbart hat. Wir finden also in diesen Versen folgende Namen:
Herr = Jahwe, der Bundesgott Israels
Herr der Heerscharen, Jehova Zebaoth, der Kriegsname des Herrn. Jeremia hat diesen Namen 80-mal, in Habakuk kommt der Name in zwei Kapiteln 14-mal vor. Jeremia gebraucht den Namen etwa 50-mal und Maleachi nicht weniger als 24-mal.
Der Herr [adonai] – das ist eine Bezeichnung für den Herrn Jesus als dem erhöhten Herrn (vgl. Ps 110).
Auf hohem und erhabenen Thron: Wären wir doch mehr unter dem Eindruck der Größe und Herrlichkeit des Herrn Jesus. Jesaja beschreibt nicht den Herrn, sondern erwähnt lediglich, dass seine Schleppen den Tempel erfüllten. „... du, der in Licht sich hüllt wie in ein Gewand, der die Himmel ausspannt wie eine Zeltdecke“ (Ps 104,2; vgl. 1Tim 6,16).