Einleitung
Die Psalm 1-15 beschreiben insbesondere die Umstände des Überrestes. In den Psalm 16-24 geht es hauptsächlich um den Erlöser. Gott kommt dem Volk zur Hilfe, nicht dadurch, dass Er die Umstände verändert, sondern dass Er ihnen den Herrn Jesus vorstellt: Zuerst, wie Er als Mensch auf die Erde gekommen ist und sich des Überrestes annimmt, indem Er seine Schulter mit unter ihre Leiden stellt.
In Psalm 22 sehen wir den Herrn nicht, wie Er sich mit dem Überrest einsmacht, sondern wie Er von der Hand Gottes für dessen Sünde leidet. Hier geht Er nicht im Vertrauen und der glücklichen Gemeinschaft seinen Weg, sondern kommt Er unter den Zorn Gottes, indem Er am Kreuz hängt und von Gott geschlagen wird. In diesen Leiden ist Er völlig allein.
In Psalm 21 waren es mehrere, die sich unterredeten. Hier ist es der Herr Jesus allein, der spricht.
Die sühnenden Leiden sind nicht vergleichbar mit den Leiden, die Menschen Ihm und den Treuen angetan haben. Sie sind einmalig. Da dieser Psalm den Herrn Jesus als das Sündopfer beschreibt, finden wir keinerlei Fluch am Ende des Psalms, sondern nur Segen.
In diesem Psalm haben die Leiden Christi, wie gesagt, einen anderen, viel tieferen Charakter. Wir finden hier das große Werk, das die Grundlage aller Segnungen bildet, die in den anderen Psalmen geschildert werden, ja, jeder Segnung und sogar der ewigen Herrlichkeit. Das ermöglicht das Interesse und die Teilnahme Christi an seinen Heiligen, denn durch diese Teilnahme handelt Er gerecht, und das ist auch der Weg, auf dem Gott verherrlicht wird.
Wir haben schon früher als allgemeinen Grundsatz hervorgehoben, dass das Thema eines Psalms häufig im ersten Vers oder in den ersten Versen zu finden ist. Auch hier ist das der Fall. Christus hatte zwar vonseiten der Menschen gelitten, und zwar solcher Menschen, die ebenso gewalttätig wie gefühllos waren: Hunde hatten Ihn umgeben, Stiere Basans Ihn umringt. Aber wenn auch das Maß dieser Leiden über alle Beschreibung hinausging, wenn auch Christus das, was Er litt, viel mehr und in ganz anderer Weise empfunden hat als gewöhnliche Leiden von Seiten der Menschen, weil es ganz ungerecht und um des Herrn willen war, für dessen Namen Er Schmähungen erduldete –, so hatten doch auch andere schon in gewissem Maß und um des Herrn willen durch gefühllose Menschen gelitten. Ist Er auch in Gnade der Anführer und Vollender des Glaubens gewesen, so waren doch auch andere durch die Gnade (es war für sie ein Vorrecht, auf seiner Seite aber freiwillige Gnade) einige Schritte auf diesem von Gott ihnen vorgezeichneten Weg gegangen. Doch sie hatten auf Gott vertraut und waren gerettet worden; der Herr hatte sie nie verlassen noch versäumt. So hatte Er es verheißen, und sie trugen in ihrem Herzen das Bewusstsein, dass Er niemals irgendeine seiner guten und gnädigen Verheißungen nicht erfüllen würde.
Hier aber sehen wir ein Leiden, das außerhalb des Bereichs der Verheißungen lag, ja, noch mehr, das den Grund für deren gerechte Erfüllung legte. Wir sehen hier etwas ganz Neues, das nicht seinesgleichen hat, weder in der Vergangenheit noch in der Zukunft der Geschichte der Ewigkeit – etwas Einzigartiges: Der Gerechte wird von Gott verlassen! Das kann unmöglich zum zweiten Mal geschehen; denn dann würde es seinen Charakter verlieren. Die Wiederholung würde das Zeugnis des ersten Males leugnen oder zerstören, nämlich dass Gott vollkommen verherrlicht, moralisch verherrlicht ist hinsichtlich des Bösen. Wenn es wiederholt werden muss, dann ist Gott nicht verherrlicht worden. Aber es ist ein für allemal geschehen, vollkommen und für immer. Die Natur Gottes, alles, was Gott ist, ist vor dem ganzen Weltall im Zeugnis dargestellt und bestätigt worden. Wie könnte das je wiederholt werden? Ich sage noch einmal: wenn eine Wiederholung stattfinden müsste, so wäre die Verherrlichung Gottes weder in dem einen Fall erfolgt, noch könnte sie in dem anderen geschehen. Aber sie ist geschehen! Gott ist völlig und für ewig verherrlicht worden!
Doch zu diesem Ende war es im Blick auf das Gute und das Böse nötig, damit Gerechtigkeit und Gnade, oder Liebe, dort völlig zutage traten, wo Schwachheit und Sünde waren, dass alles, was Gott dem Bösen gegenüber ist, dargelegt und aufrechterhalten wurde. Gegenüber wem? Wer hätte es ertragen können? Der Sünder? Es hätte ewiges Verderben für ihn bedeutet. Zugleich wäre weder die Liebe, noch das, was Gott ist, offenbart worden. Doch der Herr selbst gab sich dafür hin. Er war imstande, es zu ertragen und in der tiefsten Erniedrigung derer, für die Er eintrat, in ihrer menschlichen Natur, das Werk auszuführen. Er erduldete in seiner Seele alles, was Gott gegenüber dem Bösen ist. Entsetzlicher Augenblick! Das allein lässt uns einigermaßen verstehen, was Gerechtigkeit und Gericht sind.
Beides wird uns hier vorgestellt, und zwar in den Ausdrücken Christi selbst, in denen sich sowohl die Tatsache als auch das, was Er dabei empfand, offenbart. Die Tiefen dessen, was sich da zugetragen hat, kann kein menschliches Herz ergründen. Es ist die Tatsache, die uns vorgestellt wird, aber so, wie sie von Ihm empfunden wurde. Doch wir sehen hier den Gerechten vor uns, der, sich seiner Gerechtigkeit bewusst, vollkommen unterwürfig ist; Er hat das Empfinden seines Nichts, was seine Stellung betrifft, sowie das Empfinden der bestimmten und unwandelbaren Vollkommenheit des Herrn.
Er ist gerecht, und deshalb kann Er sagen: „Warum hast du mich verlassen?“ (V. 2). Er ist unterwürfig und sagt: „Du aber bist heilig“ (V. 4). Wir begegnen hier nicht der geringsten Wirksamkeit eines Willens, der die Wege Gottes in Zweifel zieht, sondern einem lauteren und vollkommenen Zustand, der, was auch kommen möge, Gottes Vollkommenheit erblickt. Denn der einzige Gerechte, der Gott in allen seinen Wegen verherrlicht hatte, bildet hier die alleinige Ausnahme von all den Wegen der gerechten Gnade Gottes gegenüber den Gerechten: Er ist verlassen! Er ruft und bleibt ohne Erhörung! Er ist ein Wurm und kein Mann!
Aber das konnte nicht für immer so bleiben, ebenso wenig wie der Tod Ihn behalten konnte, weil Er Gott vollkommen verherrlicht hatte, indem Er bis zum äußersten Ende der Prüfung ging und wartete, bis Gottes Zeit gekommen war. Er war stets und in allem die Freude und Wonne des Herrn, Er konnte nicht erhört werden, bis alles vollbracht war, obwohl Er in viel herrlicherer Weise, und das mit Recht, das Wohlgefallen des Herrn war, als irgendeine Gerechtigkeit während seines Lebens es sein konnte, wie vollkommen sie auch gewesen sein mochte. In der Gerechtigkeit während seines Lebens hatte Er Gott hinsichtlich des Guten verherrlicht, indem Er vollkommen war in seinem Gehorsam als Mensch und vollkommen in der Offenbarung des Namens seines Vaters in Gnade, der Offenbarung dessen, was Gott war, was es Ihn auch kosten mochte. Die Schmähungen derer, die Gott schmähten, fielen auf Ihn. Jetzt aber verherrlichte Er Gott bezüglich des Bösen, indem Er zu Sünde gemacht war; und das steht, wie wir gesehen haben, einzig da.
Deshalb sagt Er auch: „Darum liebt mich der Vater, weil ich mein Leben lasse, damit ich es wiedernehme“ (Joh 10,17). Hier, wo Er vor Gott am Platz der Sünde stand, zur Sünde gemacht war, während Er das Gegenteil von Sünde, nämlich einen unbedingten und vollkommenen Gehorsam in völliger Hingabe an Gott offenbarte, so dass Gottes Gerechtigkeit darin einen Beweggrund für seine Liebe fand, und doch seine Gerechtigkeit darin erweisen musste, dass Er Ihn verließ – hier wurde der Grund zu ewiger Gerechtigkeit und ewiger Segnung gelegt; hier wurde Gott vollkommen verherrlicht und die Grundlage für die Erfüllung all seiner Ratschlüsse in Herrlichkeit gelegt.19
Dann aber, nachdem das Werk vollendet war, dieses Werk der Verherrlichung Gottes, wurde Er von den Hörnern der Büffel erhört. Der Mensch und alles umher verschwand in dieser Stunde, in Finsternis eingehüllt, wo alles, was in Gott ist, wo die Macht und die Ohnmacht des Bösen gegenüber der unumschränkten Güte und Gerechtigkeit Gottes, zu dieser göttlichen Erfüllung gebracht und Gott darin verherrlicht wurde. Und all das ging vor zwischen der Seele dessen, der ein Opfer für die Sünde wurde, und dem gerechten Herrn. Aber dann kam der Abschluss. Er war vollkommen; Er hatte die Herrlichkeit Gottes bestätigt; Er hatte Gott verherrlicht, als Er nicht erhört werden konnte.
Dann wurde Er erhört, und alles war beendet. Er stieg zwar ins Grab hinab, dieses bestimmte und unwiderlegliche Zeugnis dafür, dass bezüglich dieser großen Frage, von welcher der Tod das verordnete Zeugnis war, nunmehr alles zum Abschluss brachte. Doch Er stieg nur hinab, um wieder aufzuerstehen, wobei nicht das Geringste fehlte an der Vollkommenheit des Werkes der Versöhnung und der Verherrlichung Gottes betreffs der Sünde sowie an dem vollständigen Sieg über jeden und selbst den letzten Feind. Er wurde erhört! Wer könnte das in Frage stellen, da er weiß, dass Er auferstanden ist?
Und was blieb nun noch übrig? Die Sünde? Sie war (was das Werk betrifft, das zu diesem Zweck vollbracht werden musste) gänzlich und für immer vor den Augen Gottes entfernt; und wenn auch das volle Ergebnis noch nicht da war, so war sie doch vollkommen entfernt für die, die an Ihm teilhaben.20 Gab es für solche noch Zorn? Er hatte den Kelch des Zorns getrunken. War noch Gericht da über die Sünde oder über den Sünder wegen der Sünde, wenn Glaube vorhanden ist? Er hatte es erduldet. Wie stand es mit der Macht des Todes über einen Menschen? Sie war besiegt. Wie mit der Macht Satans, der die Macht des Todes hatte? Sie war vernichtet. Dagegen strahlte das Licht des Angesichts und der Liebe des Vaters in vollem Glanz, und das Wohlgefallen des Vaters an göttlicher Gerechtigkeit war da, und zwar für uns. In diese Beziehung trat Jesus jetzt ein, indem Er aufgrund dessen, was Er zur Verherrlichung seines Vaters vollbracht hatte, in Gerechtigkeit vor Gott stand, und nicht nur in dem ewigen Wohlgefallen, das Gott an seiner Person hatte. Deshalb ist diese Stellung unerschütterlich für die, die mit Ihm an diesem Platz teilhaben, und sie begründet die ewigen Segnungen in den neuen Himmeln und auf der neuen Erde. Der Platz war für Sünder erworben, indem ihre Sünde weggetan worden war, und zwar gegründet auf die Gerechtigkeit Gottes selbst. In die volle Segnung dieses Vaternamens (das ist in die wahre Beziehung zu Gott entsprechend diesem Namen) trat Er jetzt als Mensch ein.21
Aber Er hatte auch Brüder – zumindest solche, mit denen Er sich einsmachte und die Ihm nach der Verherrlichung seines Vaters am meisten am Herzen lagen. Er war zu diesem Platz unvermischter Freude hingegangen, und was nun für sein Herz noch übrigblieb, war, seinen Brüdern den Namen kundzutun, der der Ausdruck dieser Segnung war, und sie verstehen zu lassen, was es war, in diese Beziehung eingeführt zu sein: „Verkündigen will ich deinen Namen meinen Brüdern“ (V. 23). Und dieses überaus wertvolle Zeugnis seiner Liebe war genau das, was Er nach seiner Auferstehung ausführte: „Geh aber hin zu meinen Brüdern und sprich zu ihnen: Ich fahre auf zu meinem Vater und eurem Vater und meinem Gott und eurem Gott“ (Joh 20,17).
Beachten wir, dass der Herr von den Hörnern der Büffel erhört wurde, und zwar in dem Augenblick, als das Werk vollbracht war und Er seine Seele dem Tod, als dem göttlichen Gericht, unterwarf. Nachdem der Gehorsam bis zum Tod vollendet war, wurde die Erhörung zu einer gerechten und notwendigen Sache; die Auferstehung hat dies dem Menschen bewiesen. Doch Er konnte sagen: „Vater, in deine Hände übergebe ich meinen Geist“ (Lk 23,46). Er konnte ihn dem Vater übergeben und dem Räuber versichern, dass er noch am selben Tag mit Ihm im Paradiese sein werde (Lk 23,43).
Ich habe bereits auf einen äußerst wichtigen Charakterzug dieses Psalms hingewiesen, der den Psalmen, die von den Leiden Christi seitens der Menschen reden, so ganz entgegengesetzt ist, nämlich dass hier alles Gnade ist und kein Wort von Gericht gefunden wird. Wer hätte auch gerichtet werden müssen, nachdem Gott selbst es war, der die Leiden auferlegt hatte, die besonders in dem Verbergen seines Angesichts bestanden, und nachdem die Sünden der Menschen, die glaubend daran teilhatten, dadurch weggetan waren? Diese Leiden waren für sie das Gericht, und das Gericht war vollzogen und vorüber. Daher ist alles, was nun folgt, Segenswoge auf Segenswoge, überströmender Segen und nichts anderes.
Beachten wir jedoch, dass die Segnung sich hier ganz und gar auf die Erde bezieht; so völlig beschränkt der Herr sich in den Psalmen auf Israel und die Juden. Und obwohl uns seine Auferstehung vorgestellt worden ist und wir weiterhin auch seine Himmelfahrt stattfinden wird, so dass der Weg des Lebens bis in die Gegenwart Gottes selbst dem Glauben geöffnet wird, ist doch der himmlische Platz für die Gläubigen nicht enthüllt. Wir wissen wohl, dass die Wahrheiten, auf denen die Segnung beruht, uns weiterführen, doch die Psalmen reden nicht davon.
„Inmitten der Versammlung will ich dich loben“ (V. 23). Der zur Zeit des Herrn gesammelte Überrest bildet den ersten Kreis, der an der Stätte des Lobes vereinigt ist; dann folgt die tausendjährige Segnung in ganz Israel. Die den Herrn fürchten, sollen Ihn loben. Die Menschen fürchten den Herrn, aber weiter vermögen sie nichts zu tun. Das hier beschriebene Werk dagegen führt dazu, dass die, die Ihn fürchten, Ihn auch loben.
Solche, die an jenem Tag den Herrn fürchten und durch Leiden gehen, können Mut fassen, denn Christus ist der Bürge ihrer Befreiung und ihres Vertrauens (und Er kann es sein, weil Er Sühnung bewirkt hat), aber auch ihrer tatsächlichen Errettung, denn der Herr hat sein Ohr nicht für das Elend des Elenden verschlossen, noch sein Angesicht vor Ihm verborgen; als Er zu Ihm schrie, hörte Er. Christus war für einen Augenblick in Leiden, aber nur, um das Versöhnungswerk zu vollbringen. Und jetzt nachdem dies geschehen und Er erhört worden ist, kann Er anderen die Gewissheit der Errettung schenken.
Die Sanftmütigen der Erde werden essen und satt werden und Frieden haben. Doch die Segnung soll sich nicht auf Israel beschränken; alle Enden der Erde werden eingedenk werden und zu dem Herrn umkehren und vor Ihm niederfallen; denn das Reich wird dem Herrn gehören. Alle sollen sich vor Ihm niederbeugen. Auch soll die Segnung nicht auf das damalige Geschlecht beschränkt bleiben: Einem Volk, das geboren wird, sollen jene erzählen, dass der Herr dies getan hat.
Da ich nur die Psalmen zu erklären suche, kann ich nicht auf eine nähere Betrachtung des wunderbaren Werkes eingehen, auf das dieser Psalm sich gründet. Ich sage, sich gründet, weil der Psalm weit weniger von dem Werk selbst redet, als davon, was Christus dabei empfunden hat. Ich möchte nur wünschen, dass dieses beständige und unerschöpfliche Thema für das Nachsinnen der Gläubigen auf meinen Leser, wie auf mich, die ganze Kraft ausübe, für die arme, aber erneuerte menschliche Wesen durch die Macht des Heiligen Geistes empfänglich sein können. Was den Frieden der Seele betrifft, so ist es unser Trost, dass Gott, da seine Liebe der Ursprung dieses Werkes war, es auch nach seiner ganzen Fülle schätzt, und dass Er, da Er Jesus verherrlicht hat, dieses Werk auch selbst zu unserem Frieden angenommen hat. Doch wie gesagt möchte ich hier nur, soweit ich es vermag, die Gliederung und den Inhalt des Psalms selbst darstellen.
Der Leser wird beachtet haben, wie tief die äußeren Leiden waren; aber unter allen Gerechten war Christus der einzige, der das Verlassensein von Gott erdulden musste. Er, der oftmals sein Vertrauen auf den Herrn und die Innigkeit seiner Beziehung mit Ihm ausgedrückt und seine Jünger gelehrt hatte, auf Ihn zu vertrauen, als auf den, der stets ein Hörer des Gebets ist, musste Er öffentlich aussprechen, dass Er nicht erhört, sondern verlassen wurde. Welch eine Sprache redet das von der Bedeutung jener Stunde!
Doch es ist beachtenswert, dass, während seine Leiden seitens der Menschen das Gericht über seine Feinde herbeiführen, sein Verlassensein von Gott, weil es zur Versöhnung gehört, das Tragen des Gerichts bedeutete, und dass alles, was daraus hervorgeht, unvermischte Gnade ist. Weil dieses Werk einen sühnenden Charakter trägt, so ist, nachdem Er einmal von den Hörnern der Büffel erhört ist, alles Gnade. Ein Strom der Gnade fließt für den Überrest hervor, dann für Israel, für die Welt, für das künftige Geschlecht; und alles ist die Folge des unerschütterlichen und göttlich vollkommenen Sühnungswerkes durch den Tod Christi. In dem Werk, in den Leiden, war Er allein; aber sobald es vollendet ist, nimmt Er seinen Platz in der Versammlung ein, die Er selbst um sich schart.
Beachten wir auch, wie vollkommen in Christus die Erkenntnis des Namens seines Gottes und Vaters und die daraus hervorkommende Freude sein musste, in deren Genuss Er als Mensch eintrat, nachdem Er die Sünde gesühnt hatte, und wie vollkommen andererseits die Wonne Gottes an Ihm und an seinem Werk sein musste: Alles, was Gott im Blick auf Ihn war, ist Er jetzt für Ihn entsprechend der Vortrefflichkeit dieses Werkes. Wie völlig musste Christus verstehen, was es ist, aus seinen Leiden auf dem Kreuz errettet und in dieses Licht der Wonne Gottes einzutreten! Nun, das ist hier die Quelle seines Lobes. Das muss auch der Charakter unseres Lobes sein, es muss sich auf die glückselige Gewissheit gründen, dass wir aus dem Bereich der Sünde, des Todes und des Gerichts hinübergebracht sind in den Bereich der Vollkommenheit der Gunst Gottes. Alles, was nicht diesem Bewusstsein entspringt, steht nicht im Einklang mit Ihm, der unseren Lobgesang leitet (JND).
Einteilung
Überschrift (V. 1)
Das Verlassensein des Herrn Jesus und seine tiefe Erniedrigung (V. 2‒7)
Die Feindschaft gegen den Herrn und die entsprechenden Kreuzesleiden (V. 8‒19)
Die Bitte des Herrn, dass der Herr nicht fern wäre und Ihn erretten möge (V. 20‒22a)
Erhörung und Erhebung Gottes (V. 22b‒26)
Segnungen aufgrund des Kreuzes für die Menschen im Friedensreich (V. 27‒32)
Vers 1
Dem Vorsänger, nach Ajjelet Haschachar {d. i. Hirschkuh der Morgenröte}. Ein Psalm von David: Dieser Psalm gibt Antwort auf das Geheimnis, wieso Gott nach der langen Nacht der Sünde und der Leiden einen neuen Tag (die Morgenröte) anbrechen lässt: Weil der Herr Jesus auf dem Kreuz die Sünden seines Volkes getragen hat.
Ajjelet Haschachar: Hirschkuh der Morgenröte kann bedeuten, dass der künftige Überrest im Bild einer Hirschkuh gesehen wird. In Psalm 42,7 heißt es: „Wie ein Hirsch [= Hirschkuh] lechzt nach Wasserbächen, so lechzt meine Seele nach dir, o Gott!“ So wird der Überrest Israels zu Gott schreien, wenn Gott ihn durch schwierige Umstände zur Buße führt. Der Herr Jesus wird im Hohelied mit einem „Jungen der Hirsche“ verglichen (Kap. 2,9.17; 8,14). Er wird mit Erlösung zu dem erneuerten Volk Israel kommen und ihn als Braut annehmen.
19 Je mehr wir uns mit dem Kreuz beschäftigen, desto mehr werden wir sehen, dass dort jede Frage im Blick auf das Gute und das Böse beantwortet wurde, und die unerschütterliche Grundlage wurde gelegt für eine vollkommene Segnung (gemäß dem, was Gott in Gerechtigkeit und Gnade und auch in Majestät ist) für die neuen Himmel und die neue Erde, in denen Gerechtigkeit wohnt. Es bezeugt uns in gesegneter Weise, dass es allen unseren Bedürfnissen entsprochen hat. Doch wenn wir es in Frieden betrachten, sehen wir, wie der Mensch in unbedingter Bosheit und Sünde Gott in seiner Gnade und Güte hasst und verwirft. Wir erblicken Satans ganze Macht – die Jünger flohen voll Furcht – und wie die ganze Welt durch seine Macht gegen Christus geführt wird. Andererseits sehen wir einen Menschen in unbedingter Güte den Vater lieben und Ihm gehorchen und, was es auch kosten mochte, der Gott verherrlichte, gerade da, wo es nötig war, am Platz der Sünde. Wir sehen Gott in vollkommener Gerechtigkeit der Sünde gegenüber wie nirgendwo anders und sehen zugleich seine vollkommene Liebe zum Sünder. Der Zustand der Unschuld im Paradies war eine Segnung, die von Bedingungen abhing. Das, was am Kreuz geschah, ist dagegen in Vollkommenheit erfüllt, und sein Wert kann sich niemals ändern. Es ist eine ewige Gerechtigkeit. Daher ist die Segnung der neuen Himmel und der neuen Erde unwandelbar. Wir hatten ein unschuldiges Eden, dann eine sündige Welt; und wir werden außer dem Tausendjährigen Reich, in dem die Gerechtigkeit herrscht, neue Himmel und eine neue Erde haben, in denen Gerechtigkeit wohnt.↩︎
20 Wir wissen das durch den Heiligen Geist, der herabgesandt wurde, als Er hinaufgefahren war zur Höhe. Die neuen Himmel und die neue Erde, in denen Gerechtigkeit wohnt, werden das volle Ergebnis sein, sowie andererseits die Offenbarung des gerechten Grundes der endgültigen Verdammnis der Ungläubigen.↩︎
21 Christus gebrauchte während seines Lebens naturgemäß den Ausdruck „Vater“; auf dem Kreuz, am Ende der Stunden der Finsternis, sagt Er: „Mein Gott, mein Gott“, bei seinem Sterben: „Vater“, wie auch vorher in Gethsemane; nach seiner Auferstehung sagt Er: „Vater und Gott“, das eine in seiner persönlichen Beziehung zu Ihm und als das Wohlgefallen des Vaters, das andere in göttlicher Gerechtigkeit, indem Er uns dort einführt.↩︎