Behandelter Abschnitt Rt 3,6-13
Bei Ihm
„Und sie ging zur Tenne hinab und tat nach allem, was ihre Schwiegermutter ihr geboten hatte. Und Boas aß und trank, und sein Herz wurde fröhlich; und er kam, um sich am Ende des Getreidehaufens niederzulegen. Da kam sie leise und deckte zu seinen Füßen auf und legte sich hin. Und es geschah um Mitternacht, da schrak der Mann auf und beugte sich vor: Und siehe, eine Frau lag zu seinen Füßen. Und er sprach: Wer bist du? Und sie sprach: Ich bin Ruth, deine Magd; so breite deine Flügel aus über deine Magd, denn du bist ein Blutsverwandter. Und er sprach: Gesegnet seist du von dem Herrn, meine Tochter! Du hast deine letzte Güte noch besser erwiesen als die erste, indem du nicht den Jünglingen nachgegangen bist, sei es armen oder reichen. Und nun, meine Tochter, fürchte dich nicht! Alles, was du sagst, werde ich dir tun; denn das ganze Tor meines Volkes weiß, dass du eine tüchtige Frau bist. Und nun, ich bin wirklich ein Blutsverwandter; doch ist auch ein näherer Blutsverwandter da als ich. Bleib diese Nacht hier; und es soll am Morgen geschehen, wenn er dich lösen will, gut, so mag er lösen; wenn er aber keine Lust hat, dich zu lösen, so werde ich dich lösen, so wahr der Herr lebt! Bleibe bis zum Morgen liegen“ (3,6–13).
Die Geschichte hat den Augenblick erreicht, als Ruth zu den Füßen Boas gefunden wird, und wendet sich jetzt natürlich mehr dem zu, was Boas tut. Er bewirkt die Befriedigung der Bedürfnisse, die seine Liebe und Gnade hervorgerufen hat, aber er wird auch die Befriedigung seines eigenen Herzens bewirken. Alles das bringt das weitaus tiefere Geheimnis des Christus und seines Verlangens nach seiner Versammlung vor uns. Sein Herz wird nicht eher befriedigt sein, als bis seine Heiligen bei Ihm und Ihm gleich sind. Seine Liebe muss die Gemeinschaft mit seinen Geliebten haben. Wir gehen zum Himmel, weil die Liebe uns dort haben will. Es befriedigte das Herz des Vaters nicht, dem verlorenen Sohn seine Lumpen abzunehmen und seiner Not zu begegnen; Er wollte ihn in Gemeinschaft mit sich bringen, passend für seine Gegenwart, mit dem besten Kleid, den Sandalen an den Füßen und dem Ring an der Hand. So befriedigt es auch Christus nicht, uns nur vom Gericht zu befreien und uns von unseren Sünden zu waschen, sondern Er will uns bei sich haben und wir sollen Ihm gleich sein.
Mit diesem Ziel sammelte Er Seelen um sich, als Er durch diese Welt ging, denn als Er die Zwölf berief, tat Er das zuerst, damit sie bei Ihm seien (Mk 3,14).
Dafür betete Er, als Er sagte: „Vater, ich will, dass die, die du mir gegeben hast, auch bei mir seien, wo ich bin“ (Joh 17,24).
Dafür starb Er, „damit wir, sei es, dass wir wachen oder schlafen, zusammen mit ihm leben“ (1Thes 5,10).
Mit diesem Ziel dient Er auch heute seinem Volk, indem Er unsere Füße wäscht, damit wir ein Teil mit Ihm haben (Joh 13,8). Dieses Ziel hat Er im Blick, wenn Er einen seiner Heiligen entschlafen lässt, damit er abscheidet und bei Christus ist (Phil 1,23).
Und wenn der Herr schließlich in Wolken kommt, um uns heimzurufen, tut Er das, um uns selbst zu empfangen, damit, wo Er ist, auch wir seien, „allezeit bei dem Herrn“ (1Thes 4,16.17).
Das ist also die herrliche Wahrheit, die wir zu seinen Füßen lernen. Nicht nur, dass wir Ihn haben wollen, sondern, dass Er uns haben will. Es ist wenig verwunderlich, dass wir Ihn haben wollen, aber es ist ein immerwährendes Wunder, dass Er uns haben will. Maria lernte zu seinen Füßen, dass Er auf all unseren Dienst verzichten kann, aber dass Er nicht ohne uns sein kann. „Ich bin meines Geliebten, und nach mir ist sein Verlangen“ (Hld 7,11) ist die große und herrliche Wahrheit, die wir zu seinen Füßen lernen. Und so spricht uns Ruth von der gleichen Wahrheit, denn zu den Füßen Boas lernte sie nicht nur ihr Verlangen nach Boas kennen, sondern auch sein Verlangen nach ihr. Und weil sie das gelernt hatte, konnte sie bleiben und warten, bis Boas die Sache zu Ende geführt hatte (V. 18).