Vers 12: Überdies musste der Apostel Paulus seines treuen Zeugnisses wegen leiden. Es war nicht verkehrtes Verhalten, das ihn in Leiden und Widrigkeiten geführt hatte. Sein Eifer als Herold, seine Hingabe als Apostel Jesu Christi, seine Treue zu der Versammlung als Lehrer führten dazu, dass er sagen konnte: „Aus diesem Grund leide ich dies (diese Dinge) auch“. Gefangenschaft war nur eines „dieser Dinge“, die dieser treue Knecht zu erleiden hatte. Es gab darüber hinaus Leiden, die sein empfindsames Herz tief fühlte; denn „diese Dinge“ schließt mit ein, dass solche in Asien, die er liebte und unter denen er so lange Zeit gewirkt hatte, sich von ihm abgewandt hatten.
Dann litt er wegen des Widerstandes solcher bloßen Bekenner, die der Wahrheit widerstanden (Kapitel 2,25), er litt durch die Verfolgungen böser Menschen (Kapitel 3,11–13), und er litt durch die aktive Bösartigkeit einzelner Bekenner, die, wie Alexander der Schmied, dem Apostel viel Böses erzeigt hatten (Kapitel 4,14). Obwohl er sah, dass er für seine Treue als Knecht Jesu Christi leiden musste, konnte er trotzdem sagen: „. . . aber ich schäme mich nicht. . . “ Daneben schämte er sich nicht nur nicht, sondern er war auch nicht niedergeschlagen und es kam auch kein Wort ärgerlichen Zorns wegen der Ungerechtigkeit dieser Welt, seines Verlassenseins, der Undankbarkeit und sogar des Widerstandes seitens vieler Christen über seine Lippen. Er erhob sich über alles Niedergeschlagensein, allen Ärger und alle Bitterkeit, da er davon überzeugt war, dass Christus mächtig sein würde, das Ihm von Paulus Überantwortete auf jenen Tag zu bewahren.
Als Christus gescholten wurde, schalt Er nicht wieder, als Er litt, drohte Er nicht, sondern übergab Sich selbst Dem, der recht richtet (1Pet 2,23). Angesichts der Leiden, des Verlassenseins und der Schmähungen übergab Paulus in der Gesinnung seines Herrn alles in die Hände Christi. Seine Ehre, sein Ansehen, seine Wesensart, seine Rechtfertigung, sein Glück – alles war Christus übergeben, da er wusste, dass Christus ihn nie versäumen würde, wenn auch die Heiligen sich von ihm abwenden oder ihm sogar widerstehen würden. Er war davon überzeugt, dass Christus mächtig sein würde, für seine Angelegenheiten Sorge zu tragen, seine Ehre wiederherzustellen, und jedes Unrecht an jenem Tag richtig zu stellen.
Im Licht „jenes Tages“ konnte Paulus triumphierend durch „diesen Tag“ mit all den damit verbundenen Beleidigungen, Verachtungen und Schmähungen gehen. Wir mögen uns fragen, warum dieser treu ergebene Apostel verlassen werden durfte und sogar Widerstand von den Heiligen erleiden musste; aber an „jenem Tag“, an dem jedes Unrecht richtig gestellt und alle Schmach und Leiden und Widerstand befunden werden „zu Lob und Herrlichkeit und Ehre in der Offenbarung Jesu Christi“ (1Pet 1,7), werden wir nichts mehr fragen. Die Treuen in diesen Tagen mögen tatsächlich eine kleine und unscheinbare Minderheit sein – so wie der Apostel Paulus mit den Wenigen, die am Ende seines Lebens noch mit ihm verbunden waren – doch an „jenem Tag“ wird es als weit besser empfunden werden, mit diesen verachteten Wenigen gewesen zu sein, als mit der untreuen großen Masse.
Die Eitelkeit des Fleisches liebt es, beliebt und angesehen zu sein, und sie stellt sich selbst vor der Welt und vor den Heiligen in den Vordergrund; aber im Licht „jenes Tages“ ist es besser, in Zurückhaltung einen niedrigen Platz einzunehmen, als durch Eigenreklame einen öffentlichen Platz. Dann nämlich wird festgestellt werden, dass viele Erste Letzte, und Letzte Erste sind (Mk 10,31).
Es mag in der Tat sein, dass wir wegen unseres eigenen Versagens leiden müssen, und dies sollte uns demütigen. Doch mit dem Beispiel des Apostels vor uns tun wir gut daran, uns zu erinnern, dass wir bei einem Wandel in absoluter Treue noch mehr zu leiden haben werden; es bleibt nämlich immer wahr, dass „alle aber auch, die gottselig leben wollen in Christus Jesus, verfolgt werden“ (Kapitel 3, 12). Wenn wir dem Licht entsprechend treu sind, welches Gott uns gegeben hat, und wenn wir danach trachten, in Absonderung von allem, was nicht Christus ist, unseren Weg zu gehen, werden wir finden, dass wir in unserem kleinen Maß Verfolgung und Widerstand begegnen werden – in ihren schmerzlichsten Formen sogar von unseren Mitgläubigen.
Und es wird gut für uns sein, wenn wir beim Auftreten von Schwierigkeiten – wie Paulus – alles dem Herrn anbefehlen und auf Seine Rechtfertigung an „jenem Tag“ warten können. Allzu oft sind wir angesichts der Ungerechtigkeiten unruhig und ungeduldig und wollen sie schon an „diesem Tag“ richtig gestellt haben, anstatt auf „jenen Tag“ zu warten. Wenn die Herrlichkeit „jenes Tages“ durch den Glauben unserer Herzen vor unseren geistlichen Augen erstrahlen kann, statt dass wir in Versuchung kommen, gegen die Beleidigungen und Ungerechtigkeiten aufzubegehren, dann werden wir uns freuen und frohlocken, sagt der Herr: „. . . denn euer Lohn ist groß in den Himmeln“ (Mt 5,12).