Die Anwendung des Grundsatzes (dass die Herrschaft des Gesetzes mit dem Tod endet) auf den Gläubigen (7,4–6)
„Also seid auch ihr, meine Brüder, dem Gesetz getötet worden durch den Leib des Christus, um eines anderen zu werden, des aus den Toten Auferweckten, damit wir Gott Frucht brächten“ (7,4).
Paulus hat den Grundsatz genannt und illustriert, dass der Tod die Herrschaft des Gesetzes beendet. Nun wendet er diesen Grundsatz auf die Gläubigen an. In der Illustration stirbt der Ehemann, in der Anwendung stirbt die Frau. Das aber ergibt keinen Unterschied, was das zugrunde liegende Prinzip betrifft: Der Tod trennt das Band (der Ehe). Um die Sprache der Illustration zu verwenden: Wir sterben dem einen Ehepartner, um mit einem anderen verheiratet zu werden.
Das große Thema der Kapitel 6 und 7 ist, dass wir gestorben sind. Wichtig ist, dass wir in dem Tod Christi gestorben sind. Dieser Tod wird durch den Ausdruck der „Leib des Christus“ vorgestellt. Im Tod Christi sind wir von der Regel des Gesetzes befreit worden, um unter den Einflussbereich des aus den Toten auferstandenen Christus zu kommen. Statt dass unser Leben durch ein geschriebenes Gesetz kontrolliert wird, das gegen uns ist, sind wir nun unter die Kontrolle einer lebenden Person gekommen, die uns liebt.
In der Illustration haben wir es mit zwei Dingen zu tun:
1. Trennung von dem ersten „Ehemann“ durch Tod
2. Vereinigung mit dem zweiten „Ehemann“ im Leben.
In der Anwendung wird der Gläubige als getrennt von dem Gesetz durch den Tod Christi gesehen, dafür aber verbunden mit dem lebenden und auferstandenen Christus. Trennung von dem Gesetz und Vereinigung mit dem auferstandenen Christus sind nicht einfach Vorrechte, die wir uns zu eigen machen können, sondern Tatsachen, die wahr sind für jeden Gläubigen durch das Handeln Gottes. Gott selbst hat das Band des Gläubigen mit dem Gesetz durch den Tod Christi zerschnitten: „Also seid auch ihr, meine Brüder, dem Gesetz getötet worden durch den Leib des Christus.“ Wir sind dem Gesetz nicht gestorben durch irgendeine Erfahrung, durch die wir gehen, sondern durch den Leib des Christus. Wenn der tote Leib Christi am Kreuz hing, war offenbar, dass Er aus dem Zustand des Lebens, auf welches das Gesetz sich bezog, geschieden war. Das aber, was für Christus in den Augen Gottes wahr ist, gilt auch für den Gläubigen, an dessen Stelle Christus gestorben ist.
Zwei Arten, sich unter das Gesetz zu stellen
Es ist daher von größter Wichtigkeit zu sehen, dass durch einen Akt Gottes selbst wir „nicht mehr unter Gesetz, sondern unter Gnade“ sind (Röm 6,14).
Ich mag mich praktischerweise in zweierlei Hinsicht unter das Gesetz stellen:
Ich glaube, dass Gott wegen meiner Sünden und meiner Sünde gegen mich ist.
Ich glaube, dass Gott angesichts meiner eingebildeten Rechtschaffenheit für mich sein muss.
In beiden Fällen mache ich Gottes Haltung mir gegenüber abhängig davon, was ich für Gott bin. Genau das ist das Prinzip des Gesetzes. Gnade dagegen zeigt mir, dass Gott nicht wegen meiner Bosheit gegen mich ist und auch nicht wegen meiner (möglichen) Rechtschaffenheit für mich ist. Gott ist für mich durch das, was Er in sich selbst ist. Er kann auf gerechter Grundlage für mich sein durch das, was Christus getan hat.
Das ist also die erste große Wahrheit, die wir lernen müssen. Durch den Tod Christi hat Gott die Gläubigen von dem Grundsatz des Gesetzes befreit und unter Gnade gebracht.
Um jedoch praktischerweise die Befreiung von der Gesetzlichkeit zu erfahren, ist es nicht genug zu sehen, dass das alte Band im Tod Christi zerrissen worden ist. Wir müssen auch erfassen, dass ein neues Band mit dem auferstanden Christus gebildet worden ist. Wenn wir in der Kraft dieses neuen Bandes leben, werden unsere Seelen in Freiheit geführt werden, um Frucht für Gott zu bringen. Das Bild der Ehe zeigt sehr schön das neue Band, das Gott für den Gläubigen mit dem auferstandenen Christus geknüpft hat. Man hat darauf hingewiesen, dass in der Ehebeziehung die Frau auf drei Dinge vonseiten ihres Ehemannes zählen kann: Gemeinschaft, Liebe und Unterstützung. Mit dem auferstandenen Christus verbunden zu sein bedeutet, seine Gesellschaft zu erleben, seine Liebe zu genießen und seine Unterstützung zu erhalten.
Gemeinschaft, Liebe und Unterstützung durch Christus
Wir können diese drei Dinge in gesegneter Weise sehen, als der Herr Jesus hier auf der Erde bei seinen Jüngern war. Sie erlebten seine Gemeinschaft, seine Liebe und seine Unterstützung. Sie waren Menschen mit gleichen Gemütsbewegungen wie wir – vollkommen schwach, oft versagend, unwissend und egoistisch. Ihnen begegneten Stürme, sie erlebten Entbehrungen und der Feind war gegen sie. Aber Christus war mit ihnen, denn Christus liebte sie bis ans Ende, und Er half ihnen bei jedem Schritt des Weges.
Nachdem Er nun der Auferstandene ist, ist es unser Vorrecht, seine Gemeinschaft zu haben. Denn Er hat gesagt: „Ich will dich nicht versäumen und dich nicht verlassen.“ Auch wir können seine Liebe genießen, und zwar in einer viel tieferen Weise als das die Jünger konnten. Denn es ist eine Liebe, die bewiesen hat, dass sie stärker ist als der Tod. Zudem besitzen wir seine Hilfe in einer Weise, die von den Jüngern kaum erlebt werden konnte. Denn wir kennen die Hilfe von Einem, der über jeden Feind triumphiert und die Macht des Todes und des Grabes gebrochen hat. Wie könnten wir einsam sein, wenn wir die Gemeinschaft mit dem Einen kennen, der in jeder Hinsicht lieblich ist. Wie könnten wir unzufrieden sein, wenn unsere Herzen durch eine Liebe erfüllt sind, die der Tod nicht zerstören kann und die unveränderlich ist, so dass sie selbst in der Ewigkeit nicht endet? Wie können wir von unserer Schwachheit sprechen, wenn wir uns bewusst machen, dass wir die ganze mächtige Kraft des auferstandenen Christus auf unserer Seite haben?
So finden wir die praktische Befreiung in dem Bewusstsein unserer Verbindung mit dem auferstandenen Christus. Es ist letztlich das Erfassen von zwei Dingen – die Trennung vom Gesetz und die Einsmachung mit dem auferstandenen Christus – zu der die Seele geführt wird, wenn sie ausruft: „Ich danke Gott durch Jesus Christus, unseren Herrn!“ (Röm 7,25). So findet sie Befreiung vom Gesetz und bringt Frucht für Gott.