Sich der Sünde für tot zu halten (6,11)
„So auch ihr, haltet dafür, dass ihr der Sünde tot seid, Gott aber lebend in Christus Jesus“ (6,11).
Der Blick auf den Segen, der uns durch den Tod Christi ermöglicht worden ist, soll eine sehr praktische Wirkung für unser gegenwärtiges Leben haben.. Der Glaube schaut zurück und weiß, was auf dem Kreuz vollbracht worden ist (Vers 6). Der Glaube schaut nach vorne und weiß, was das Ergebnis des Kreuzes in der Herrlichkeit sein wird (Verse 8–10). In der Zwischenzeit leben wir auf der Erde, sozusagen zwischen Kreuz und Herrlichkeit. Hier hält sich der Christ dafür, dem Grundsatz der Gesetzlosigkeit gegenüber tot zu sein.
Wir wissen, dass unser alter Mensch mit Christus gekreuzigt worden ist und dass Christus aus den Toten auferweckt wurde, um Gott zu leben. Daher sollen wir uns selbst dafür halten, der Sünde tot zu sein, Gott aber lebend in Christus Jesus. Wir sehen uns selbst als tot an im Blick auf das Vollbringen unseres eigenen Willens, der die Welt um uns herum regiert, aber auch in uns noch praktischerweise vorhanden ist. Und wir halten uns selbst dafür zu leben, um den Willen Gottes zu tun, indem wir mit Christus vor Gott verbunden sind.
Wären wir tatsächlich tot, gäbe es keine Notwendigkeit, sich im Blick auf die Sünde für tot zu halten. Wären wir tatsächlich schon in der Herrlichkeit, gäbe es keine Notwendigkeit, uns selbst dafür zu halten, Gott zu leben. Wir müssen uns deshalb praktischerweise so verhalten, weil wir noch in der Welt sind, die unter der Macht der Sünde steht. Und weil wir uns noch nicht in der Szene befinden, die dem Machtbereich der Sünde entkommen ist, sollen wir uns dafür halten, der Sünde tot zu sein, Gott aber lebend in Christus Jesus.
Das Beispiel Mephiboseths
Der Bericht über Mephiboseth ist dafür benutzt worden, die Stellung der Gläubigen in der Welt aufzuzeigen, die Christus verworfen hat. Wahrscheinlich ist Mephiboseth die beste Illustration für diese praktische Haltung, die wir in der Schrift finden. Denn sie macht nicht nur die Bedeutung dieser Haltung deutlich, sondern zeigt auch die Kraft, die für diese praktische Gesinnung nötig ist.
David hatte Mephiboseth um Jonathans Willen die Güte Gottes erwiesen. Das ist ein Bild der Gnade Gottes, die uns um Christi willen geschenkt worden ist (2Sam 9). Dann kam in der Geschichte des Königs David ein Zeitpunkt, an dem er selbst durch Jerusalem verworfen wurde (2Sam 15-18). Während dieser Zeit musste David Jerusalem verlassen und an einen Platz fliehen, der weiter entfernt war (2Sam 15,17). Mephiboseth, der vom König Gnade erwiesen bekommen hatte, wurde in der Stadt zurückgelassen, die gegen den König rebellierte. Sein Herz gehörte dem König und sympathisierte daher nicht mit den Feinden des Königs in seiner Nähe, die sich in Auflehnung gegen den König befanden.
Wie würde Mephiboseth unter solchen Umständen handeln? In 2. Samuel 19,25 lesen wir, dass er sich „von dem Tag an, als der König weggegangen war, bis zu dem Tag, als er in Frieden einzog“, „seine Füße nicht gereinigt und seinen Bart nicht gemacht und seine Kleider nicht gewaschen“ hatte. Während der Zeit der Abwesenheit des Königs handelte er in einer Weise, die zeigte, dass er sich selbst dafür hielt, tot im Blick auf die ihn umringende Szene zu sein.
Beratungen wurden abgehalten, eine Armee wurde herbeigerufen, Offiziere wurden benannt: Aber an allen diesen Dingen hatte Mephiboseth keinen Anteil. Er hielt sich dafür, tot für das alles zu sein, denn er sagte: „Das ganze Haus meines Vaters war nichts anderes als Männer des Todes“ (Vers 29). Weiter spricht er von sich als lebend für David, denn er fügt hinzu: „Und doch hast du deinen Knecht unter die gesetzt, die an deinem Tisch essen.“ In Verbindung mit dem Haus seines Vaters sieht er den Tod als Macht über sich, aber verbunden mit David war er freigesprochen zum Leben an dem Tisch Davids.
In der Macht der Liebe für David und in dem Bewusstsein, dass sein Leben direkt mit David verbunden war, handelte er in einer Weise, die zeigte, dass er sich der Szene um ihn herum für tot hielt. Wäre er wirklich tot gewesen oder andererseits wirklich bei David gewesen, hätte es keine Notwendigkeit oder überhaupt Möglichkeit gegeben, in der Weise zu handeln, wie er es tat.
So ist es auch im Blick auf den Gläubigen. In der Kraft des Lebens halten wir uns dafür, dieser Welt tot zu sein, die von der Sünde regiert wird.