Behandelter Abschnitt Joh 18,2-9
Joh 18,2-9: Aber auch Judas, der ihn überlieferte, wusste den Ort, weil Jesus sich oft dort mit seinen Jüngern versammelte. Als nun Judas die Schar Soldaten und von den Hohenpriestern und Pharisäern Diener erhalten hatte, kommt er dahin mit Leuchten und Fackeln und Waffen. Jesus nun, der alles wusste, was über ihn kommen würde, ging hinaus und sprach zu ihnen: Wen sucht ihr? Sie antworteten ihm: Jesus, den Nazaräer. Jesus spricht zu ihnen: Ich bin es. Aber auch Judas, der ihn überlieferte, stand bei ihnen. Als er nun zu ihnen sagte: Ich bin es, wichen sie zurück und fielen zu Boden. Da fragte er sie wiederum: Wen sucht ihr? Sie aber sprachen: Jesus, den Nazaräer. Jesus antwortete: Ich habe euch gesagt, dass ich es bin; wenn ihr nun mich sucht, so lasst diese gehen! – damit das Wort erfüllt würde, das er sprach: Von denen, die du mir gegeben hast, habe ich keinen verloren.
In den folgenden Versen sehen wir den Wolf kommen. Aber wenn Judas auch den Ort kannte, wo Jesus sich oft mit seinen Jüngern traf, so hatte er doch niemals Jesus erkannt. Er wusste nichts von der Herrlichkeit seiner Person, seiner gewaltigen Macht gegenüber allen seinen Feinden, seiner unendlichen Liebe seinen armen Schafen gegenüber noch von seinem vollkommenen Gehorsam dem Vater gegenüber. Die Bosheit des Judas ist auf der einen Seite die Gelegenheit zur Entfaltung der Vollkommenheit Jesu und auf der anderen Seite zur Offenbarung der Schwachheit und des Bösen des Fleisches selbst bei einem hingegebenen Jünger. Bei uns selbst ist es leider auch oft so, dass Widerstand, Angriff und Verrat irgendeine traurige Äußerung des Fleisches hervorrufen. Wie gut ist es dann für uns, wie auch Petrus selber in späteren Jahren uns ermuntern kann, hinzuschauen auf diese rührende Szene und Christus als ein Beispiel für uns zu nehmen, damit wir seinen Fußstapfen nachfolgen (1Pet 2,21-23).
Als Erstes sehen wir dann, wie die Herrlichkeit seiner Gottheit sowie die Vollkommenheit seiner Menschheit hervorstrahlen, denn wir lesen: „Jesus nun, der alles wusste, was über ihn kommen würde, ging hinaus.“ Ein bloßer Mensch, der auch nur die geringste Ahnung gehabt hätte von dem, was kommen würde, wäre sicherlich zurückgewichen. Nur von einer göttlichen Person konnte gesagt werden, in absolutem Sinn, dass Er alles wusste; und nur von einem vollkommenen Menschen, der alles wusste, konnte gesagt werden, dass Er „hinausging“. Er unterwirft sich dem Menschen, aber in Gehorsam dem Vater gegenüber. Er war „nicht widerspenstig, hat sich nicht zurückgewandt“ (Jes 50,5).
Zweitens sehen wir seine gewaltige Macht als eine göttliche Person; denn als Er gesagt hatte: „Ich bin es“, wichen seine Feinde zurück „und fielen zu Boden“. Sie waren in der Gegenwart des großen „Ich bin“, des Schöpfers, gegen den die Welt trotz der vereinten Kräfte mit ihren Laternen, Fackeln und Waffen nichts tun kann. Als der Herr der Herrlichkeit hinausging, wichen seine Feinde zurück. So spricht der Psalmist prophetisch von Christus und sagt: „Lass sie zurückgetrieben werden und zur Schande gemacht werden, die mir Böses wünschen“ (Ps 40,14; 70,2.3).
Drittens sehen wir die unendliche Liebe des guten Hirten zu den Schafen. Als der Wolf kommt, gibt Er sein Leben für die Schafe (Joh 10,11.12), anstatt wie der Mietling die Schafe zu verlassen und zu fliehen. Aber wenn Er sich selbst gibt, dann wird Er es nicht erlauben, dass die Schafe angetastet werden. So kann er sagen: „Wenn ihr nun mich sucht, so lasst diese gehen.“ Seine eigenen Worte werden so erfüllt: „Von denen, die du mir gegeben hast, habe ich keins verloren.“ Seine armen Schafe mögen versagen, so wie Petrus Ihn verleugnete und alle Ihn verließen; auf der Seite des Herrn ist alles Vollkommenheit, und deswegen wird nicht einer der Seinen verlorengehen. So ist es wunderbar wahr, dass zum Schluss doch alle seine Schafe nach Hause gebracht werden, wie groß auch immer unser Versagen gewesen ist, und obwohl verderbliche Wölfe Eingang in das Volk Gottes gefunden haben, die die Herde nicht schonen (Apg 20,29). Nicht eins wird verloren sein, und keins wird an jenem großen Tag fehlen.