Joh 15,16: Ihr habt nicht mich auserwählt, sondern ich habe euch auserwählt und euch gesetzt, auf dass ihr hingehet und Frucht bringet, und eure Frucht bleibe, auf dass, was irgend ihr den Vater bitten werdet in meinem Namen, er euch gebe.
Fünftens ist die christliche Gesellschaft eine auserwählte Gesellschaft. Der Herr sagt von ihr: „Ihr habt nicht mich auserwählt, sondern ich habe euch auserwählt.“ Die Wahl ist von Ihm ausgegangen, nicht von uns. Wie gut, dass dem so ist. Hätten wir in einem Augenblick der Gefühlsaufwallung den Herrn als unseren Meister erwählt, um hinzugehen und Frucht zu bringen, so würden wir wohl unter dem Druck der Umstände uns schon längst wieder umgewandt haben. Die Freiwilligen, die zeitweise den Pfad des Herrn kreuzten, schöpften aus ihrem Entschluss nur wenig Ermutigung und gingen nur ein kurzes Stück mit Ihm, der nicht hatte, wo Er sein Haupt hinlegte, und der von den
Menschen verworfen war. Doch von denen, die Er berufen hatte, konnte Er sagen: „Ihr aber seid es, die mit mir ausgeharrt haben in meinen Versuchungen“ (Lk 6,13; 9,1; 22,28). Hier handelt es sich gewiss nicht um die über alles erhabene Wahl zum ewigen Leben, sondern um die Liebe, die uns erwählte und dazu bestimmte, Frucht zu bringen, die bleiben sollte. Wie gesegnet ist dies in den Aposteln erfüllt worden, denn die Gnaden Christi, die in ihrem Leben zum Ausdruck kamen, haben sie für alle Zeiten zu Beispielen für die Herde gemacht.
Endlich ist die christliche Gesellschaft eine betende und von Gott abhängige Gesellschaft, die in dem Namen Christi Zugang zum Vater hat. In der Freude der Liebe Christi und als Freunde seines Vertrauens würdig befunden, werden sie so in seiner Gesinnung unterwiesen sein, dass Er ihnen geben kann, was immer sie im Namen Christi vom Vater erbitten.
So ist der christliche Kreis nach den Gedanken des Herrn. Es ist ein Kreis, in dem alles, was Christi ist, gekannt und genossen werden kann, denn wie lieblich klingt das kleine Wort „mein“ von den Lippen des Herrn. Im Hinblick auf die Seinen sagt Er: „Meine Liebe, meine Freude, meine Gebote, meine Freunde, mein Vater und mein Name.“ Ferner wird hier die ganze Geschichte der Liebe in der Liebe des Vaters zum Sohn, der Liebe des Sohnes zu seinem Volk, der Liebe seines Volkes untereinander gefunden. Jeder Schritt ist beides: die Quelle und das Maß für den nächsten.
Wie schön ist das Gemälde der christlichen Gesellschaft, wie es vom Herrn selbst entworfen ist! Leider aber suchen wir vergebens nach einem allgemeinen praktischen Ausdruck der Wünsche des Herrn unter seinem Volk. Doch auch so, getrennt und zerstreut wie wir sind, lasst uns unseren Wandel nicht nach einem niederen Maßstab einrichten, sondern ein jeder suche persönlich, den Gedanken des Herrn zu entsprechen.