Dies ist die Situation, deren Hervorrufung die Vorsteher und Satrapen mit satanischer Scharfsinnigkeit aushecken. Offenbar war es üblich, dass die Verwalter Verordnungen entwarfen, denen der König durch seine Unterschrift Autorität verlieh. Folglich stellen sich diese Männer mit einem Erlass vor den König, dass dreißig Tage lang keine Bitte an irgendeinen Gott oder Menschen außer an den König gestellt werden dürfe, unter der Strafe, in die Löwengrube geworfen zu werden. Drei Dinge kennzeichnen diese Verordnung:
Erstens ist die Verordnung an sich der Höhepunkt der Boshaftigkeit, denn sie ist der schreckliche Versuch, Gott zu entthronen und den Menschen an seine Stelle zu setzen. Sie versucht, den König in eine Stellung absoluter Vorherrschaft über Himmel und Erde zu bringen, über Gott und Menschen, denn während der dreißig Tage sollte keine Bitte an „irgendeine[n] Gott oder Menschen“ gerichtet werden. So groß die Sünde Nebukadnezars auch war, diese war weitaus größer. Nebukadnezar hatte ein Götzenbild anstelle von Gott errichtet; aber Darius erhebt sich nun selbst auf den Platz Gottes. Es ist die Vergötterung von Menschen.
Zweitens ist der Beweggrund der Verordnung in höchstem Maße bösartig. Indem sie die Aufrichtigkeit Daniels Charakters und seine eigene Treue gegenüber dem Gesetz seines Gottes ausnutzen, erdenken diese Männer absichtlich eine Anordnung, von der sie wissen, dass Daniel sie nicht befolgen wird.
Drittens scheint die Verordnung, die sie formulieren, dem König außerordentlich zu schmeicheln. Sie wird so präsentiert, dass das wahre Motiv sorgsam verschleiert wird, und der König tappt törichterweise in die Falle und unterschreibt die Anordnung.
„Und als Daniel erfuhr, dass die Schrift aufgezeichnet war, ging er in sein Haus. Und er hatte in seinem Obergemach offene Fenster nach Jerusalem hin; und dreimal am Tag kniete er auf seine Knie und betete und lobpries vor seinem Gott, wie er vorher getan hatte“ (6,11).