Götzendienst
Im zweiten Kapitel haben wir gesehen, dass die Regierungsmacht in einer kaiserlichen Form von Gott in die Verantwortung von den Nationen übertragen wurde. Darüber hinaus haben wir eine prophetische Übersicht über die vier großen Weltreiche vor uns gehabt, die diese Macht während der „Zeiten der Nationen“ ausüben werden.
In den darauffolgenden Kapiteln 3 bis 6 finden wir die Aufzeichnung einer Reihe historischer Ereignisse, die ohne Zweifel dazu dienen, den Charakter und die Haltung dieser aufeinanderfolgenden Weltreiche herauszustellen. Wir sollen lernen, dass sie, nachdem die Regierungsverantwortung in ihre Hände gegeben worden war, darin scheitern, diese Herrschaft in Abhängigkeit von Gott auszuüben, so dass sie in ihrer Verantwortung von Anfang an gänzlich versagen.
Diese Ereignisse zeigen deutlich, dass die hervorstechenden Merkmale dieses Regierungsversagens Götzendienst bzw. das Beiseitesetzen der Rechte Gottes (Kapitel 3), die Erhöhung des Menschen (Kapitel 4), Gottlosigkeit (Kapitel 5) und schließlich Abfall sein werden (Kapitel 6). Wir werden demnach gewarnt, dass die Zeiten, in denen wir leben, an der äußersten Grenze der Bosheit enden werden, indem sich der Mensch selbst gegen Gott erhöht und versucht, Gott von dieser Erde zu verdrängen.
Das goldene Bild (Vers 1)
„Der König Nebukadnezar machte ein Bild aus Gold: seine Höhe sechzig Ellen, seine Breite sechs Ellen; er richtete es auf in der Ebene Dura, in der Landschaft Babel“ (3,1).
Nebukadnezar, der König, dem Gott die Weltherrschaft übertragen hatte, richtet in der Ebene Dura ein Bild aus Gold auf, dessen Höhe sechzig Ellen und dessen Breite sechs Ellen war. Möglicherweise hatte das Bild aus seinem Traum den König zu diesem Götzenbild angeregt. Wenn dies der Fall ist, zeigt es nur, dass das von Gott Gegebene für unsere eigenen Zwecke entwürdigt wird, wenn es nicht in Gemeinschaft mit Gott festgehalten wird.
Hier erkennen wir die Wurzel des menschlichen Versagens in seiner Verantwortung, die Welt zu regieren. Die gewaltige Macht, die dem Menschen übergeben wurde, wird unmittelbar für eine Zurschaustellung des gewaltigsten Ausbruchs des Götzendienstes missbraucht. Der Mensch benutzt die ihm übertragene Macht, um die Rechte Gottes beiseitezusetzen – die Rechte des Einen, der die Macht gegeben hat. Dies ist die erste Eigenschaft der Zeiten der Nationen und die Wurzel alles nachfolgenden Versagens.
Anstatt seine Macht in Abhängigkeit von Gott auszuüben, setzt Nebukadnezar die Rechte Gottes beiseite und versucht, sein Reich durch eigene Mittel zu befestigen. Da ihm die Herrschaft über die gesamte bewohnte Erde gegeben worden war, war sein Reich gezwungenermaßen aus vielen Völkern unterschiedlicher Sprachen zusammengesetzt, die unterschiedliche Ziele und Interessen verfolgten. Daraus folgt, dass der König dem Problem der Erhaltung der Einheit in diesem heterogenen Reich gegenüberstand.
Die Geschichte hat gezeigt, dass Völker nichts so zertrennt und zerstört wie Unterschiede in der Religion. Andererseits wird nichts Nationen so wirksam verbinden wie Einheit der Religion, sei sie falsch oder wahr. Religiöse Einheit wird weit darin fortschreiten, politische Einheit zu erzeugen. Nebukadnezar erkennt diese Tatsachen offenbar und versucht, eine politische Einheit zu sichern, indem er eine religiöse Einheit einführt. Hierfür verwendet er seine große Macht, um unter Todesstrafe für die, die sich nicht anpassen, allen Völkern eine Staatsreligion aufzuzwingen.
Eine Staatsreligion sollte vor allem anderen dem natürlichen Menschen entsprechen. Um dies zu erreichen, muss sie extrem einfach sein, die Sinne ansprechen, keine großen Anforderungen an den Intellekt stellen und das Gewissen unberührt lassen. Sie muss wenig Zeit in Anspruch nehmen und kein besonderes Opfer an Geld oder Gütern erfordern. All diese Bedingungen wurden in der von Nebukadnezar ersonnenen Staatsreligion auf beeindruckende Weise erfüllt.