Behandelter Abschnitt Gal 4,22-23
„Denn es steht geschrieben, dass Abraham zwei Söhne hatte, einen von der Magd und einen von der Freien; aber der von der Magd war nach dem Fleisch geboren, der aber von der Freien durch Verheißung“ ( Gal 4,22-23).
In 1. Mose 15 erhält Abraham in einer Vision das Wort des Herrn; und zum ersten Mal wird von einem sündigen Menschen das himmlische Wort vernommen: „Fürchte dich nicht, Abram“ – und wie stark war der Grund, der für die Hinwegnahme aller Furcht gegeben wurde: „Ich bin dein Schild, dein sehr großer Lohn“ (1Mo 15,1). Alles, was Abraham nachfolgend kundgetan wird, ist in diese allumfassende Segnung eingebettet. Doch wie kann eine solche Segnung zu Abraham kommen, wenn man sich die Umstände ansieht, in denen er war? „Siehe“, spricht er, „mir hast du keinen Nachkommen gegeben, und siehe, der Sohn unseres Hauses wird mich beerben. Und siehe, das Wort des Herrn erging an ihn, indem er sprach: Nicht dieser wird dich beerben, sondern der aus deinem Leib hervorgehen wird, der wird dich beerben. Und er führte ihn hinaus und sprach: Blicke doch zum Himmel und zähle die Sterne, wenn du sie zählen kannst! Und er sprach zu ihm: So wird dein Same sein! Und er glaubte dem Herrn; und er rechnete es ihm zur Gerechtigkeit“ (1Mo 15,3-6).
Abraham glaubte, dass Gott das tun konnte, was er selbst nicht tun konnte. Das ist es, was das Evangelium uns vorstellt: „Was bei den Menschen unmöglich ist, ist möglich bei Gott“ (Lk 18,27). Es ist Gott möglich, einen Sünder vollkommen gerecht zu machen, und die Art und Weise, auf die Er das tut, und die Grundlage dessen ist der Tod und die Auferstehung des Herrn Jesus Christus. Somit kann kein Zweifel den Sinn des Gläubigen in Bezug auf seine vollständige Errettung beunruhigen.
Doch es gibt eine Art Erbkrankheit in der Familie des Glaubens, und zwar die Krankheit des Unglaubens. In der Geschichte Abrahams sehen wir eine frühe Ausprägung davon. Glaube und Geduld sind notwendigerweise miteinander verbunden; doch Unglaube ist ruhelos und ungeduldig und nimmt Dinge aus Gottes Hand in seine eigene. Abraham hatte auf Gottes Ruf hin sein Land und seine Verwandtschaft verlassen. Dieser Akt des Glaubens wird von dem Apostel an anderer Stelle angeführt: „Durch Glauben war Abraham, als er gerufen wurde, gehorsam, auszuziehen an den Ort, den er zum Erbteil empfangen sollte; und er zog aus, ohne zu wissen, wohin er komme“ (Heb 11,8).
Wir erhalten tiefe Belehrungen, nicht nur aus dem Glauben, sondern sogar aus den Fehlern des Vaters aller Glaubenden. Nach einem solch entschiedenen Akt des Glaubens bei Abraham, wobei er sogar alles für den Ruf Gottes aufgegeben hat, erwarten wir kaum ein solches Versagen. Doch so war es.
Das Versagen des Gläubigen zeigt sich in der Regel bei einer Gelegenheit, in der es leichter scheint, Gott zu vertrauen, als bei Gelegenheiten, bei denen wir Ihm früher vertraut haben. Doch gewohnheitsmäßige Abhängigkeit von Gott ist immer der Natur entgegengesetzt. Abraham und Sarah wurden ungeduldig, und dachten, dass sie durch ihre eigene Weisheit und Kraft die Segnung erlangen könnten, die Gott ihnen durch seine Macht und Gnade verheißen hatte. Daher kam es dazu, dass Sara Abraham Hagar gab (1Mo 16).
Dies war in Wirklichkeit ein Versuch, die verheißene Segnung durch das Gesetz zu erlangen; und es endete in eklatantem und leidensvollem Versagen. Das unmittelbare Ergebnis war, dass Sarah von Hagar „verachtet“ wurde. Die Pharisäer verachteten in ihrem Stolz über ihre eigene Gerechtigkeit den, durch den die Gnade und die Wahrheit gekommen waren. So ist es auch in Bezug auf uns: Wenn wir gesetzlich werden, dann wird die Gnade in unseren Augen verachtenswert. Hagar gebar einen Sohn, doch er wurde nach dem Fleisch geboren. Das Wort „Fleisch“ wird hier gebraucht, um die Kraft des Menschen zu markieren. Wenn man die menschliche Kraft hineinbringt und versucht, sie der Kraft Gottes hinzuzufügen, dann gibt es Verwirrung und Schwierigkeiten.
Die menschliche Kraft wird hier der Verheißung gegenübergestellt – der Verheißung, die Gott selbst zu erfüllen versprochen hatte. Fleisch und Verheißung können nicht nebeneinander stehen. Die Rettung muss entweder durch die Kraft Gottes oder durch die des Menschen erzielt werden; und wenn wir sie der Kraft Gottes überlassen, dann dürfen wir nicht die menschliche Kraft hineinbringen, um sie zu erlangen. Gott wird sich als der Allmächtige erweisen – als der allgenügsame Gott –, um seine eigenen Verheißungen in der ganzen Familie des Glaubens zu bewirken, so wie Er es beim Vater aller Glaubenden tat (1Mo 17,1).