Behandelter Abschnitt Gal 1,8-10
„Aber wenn auch wir oder ein Engel aus dem Himmel euch etwas als Evangelium verkündigte außer dem, was wir euch als Evangelium verkündigt haben: Er sei verflucht! Wie wir zuvor gesagt haben, so sage ich auch jetzt wieder: Wenn jemand euch etwas als Evangelium verkündigt außer dem, was ihr empfangen habt: Er sei verflucht!
Denn suche ich jetzt Menschen zufriedenzustellen oder Gott? Oder suche ich Menschen zu gefallen? Wenn ich noch Menschen gefallen wollte, so wäre ich Christi Knecht nicht“ ( Gal 1,8-10).
Es ist ein ernster Gedanke, dass der Apostel in solcher Art von einem Engel spricht. Engel verkündigten die Geburt Jesu. Engel versorgten Ihn in der Wüste. Ein Engel stärkte Ihn in seiner Qual in Gethsemane. Engel waren am Auferstehungsmorgen an seinem Grab und verkündigten die frohe Kunde: „Er ist auferstanden.“
Engel erleichterten die verwirrten Männer von Galiläa durch die Ankündigung, dass der Jesus, den sie nicht mehr sahen, so wiederkommen sollte, wie sie Ihn hatten fortgehen sehen. Jesus wurde von Engeln gesehen; doch Engel schmeckten nie von seiner errettenden Gnade. Sie können die Wirksamkeit seines Blutes sehen und sagen: „Würdig ist das Lamm, das geschlachtet worden ist, zu empfangen Macht und Reichtum und Weisheit und Stärke und Ehre und Herrlichkeit und Segnung“ (Off 5,12). Doch sie können nicht sagen: „Denn du . . . hast [uns] für Gott erkauft, durch dein Blut“ (Off 5,9).
Somit ist ein verlorener und verdorbener Sünder durch die Erlösung in eine größere Nähe zu Gott gebracht als ein ungefallener Engel. Und es ist die Erfahrung dieser so erstaunlichen Gnade, die einen, vergleichsweise gleichgültig in anderen Hinsichten, sensibler für die Wahrheit des Evangeliums macht als den größten Menschen oder sogar einen Engel, der diese Gnade nie geschmeckt hat.
Gibt es bei uns ein solches Empfinden für den Wert des Evangeliums? Gibt es einen solchen Eifer für die Wahrheit des Evangeliums in unseren Tagen? Der Eifer des Apostels für das Evangelium ging so weit, dass er sagen konnte: „Aber wenn auch wir oder ein Engel aus dem Himmel euch etwas als Evangelium verkündigte außer dem, was wir euch als Evangelium verkündigt haben: Er sei verflucht!“
Wird eine solche Treue das Gefallen der Menschen erregen? Was sagt der Apostel? „Denn suche ich jetzt Menschen zufrieden zu stellen oder Gott?“ Das heißt, um in dieser Redeweise zu bleiben: Suche ich die Anerkennung von Gott oder von Menschen? Die Botschaft des Evangeliums ist da ganz klar: Die Selbstverleugnung muss eine Selbstverleugnung in jeglicher Hinsicht sein – des schlechten Ich, des guten Ich, des religiösen Ich.
Das missfällt den Menschen. Darin liegt der Anstoß des Kreuzes. Es gibt keine Gelegenheit zur Kultivierung von Einzigartigkeit in der Verkündigung des Evangeliums. Es sollte einfach und ernst gepredigt werden, und es ist in sich selbst anstößig genug, weil es alle Ausflüchte in Lügen hinwegfegt.
Es ist ein ernstes Wort: „Wenn ich noch Menschen gefallen wollte, so wäre ich Christi Knecht nicht.“