Behandelter Abschnitt Daniel 11,31-35
„Und Streitkräfte von ihm werden dastehen; und sie werden das Heiligtum, die Festung, entweihen und werden das beständige Opfer abschaffen und den verwüstenden Gräuel aufstellen. Und diejenigen, die gottlos handeln gegen den Bund, wird er durch Schmeicheleien zum Abfall verleiten; aber das Volk, das seinen Gott kennt, wird sich stark erweisen und handeln. Und die Verständigen des Volkes werden die Vielen unterweisen, aber sie werden fallen durch Schwert und Flamme, durch Gefangenschaft und Raub, eine Zeit lang. Und wenn sie fallen, wird ihnen mit einer kleinen Hilfe geholfen werden; und viele werden sich ihnen mit Heuchelei anschließen. Und von den Verständigen werden einige fallen, damit sie geläutert und gereinigt und weiß gemacht werden bis zur Zeit des Endes; denn es verzögert sich noch bis zur bestimmten Zeit“ (11,31–35).
Von der Mitte von Vers 30 bis zum Ende von Vers 35 finden wir eine Beschreibung der Handlungen Antiochus‘ in Jerusalem und dem gelobten Land – er verhält sich (in Relation zu den Grundsätzen Gottes) so teuflisch, dass er, wie bereits mehrfach festgestellt, ein Vorbild des mächtigen Feindes Israels in den letzten Tagen bildet. Vielleicht sogar noch mehr als ihr letzter Feind, der Assyrer, denn er scheint fast jedes Element der Feindschaft und Gotteslästerung in sich zu bündeln, das in den beiden Tieren aus Offenbarung 13 sowie in dem König des Nordens gefunden werden wird.
Uns wird gesagt, dass er „gegen den heiligen Bund ergrimmen und handeln“ wird. Das bedeutet nach unserer Auffassung, dass er entsprechend seinem Grimm gegen die Juden und den heiligen Bund handeln wird. Darüber hinaus hatte er eine Vereinbarung mit den abtrünnigen Juden. Der Bericht seiner Taten kann Makkabäer 1 und 2 entnommen werden, woraus deutlich wird, dass er entschieden danach trachtete, die Juden zu heidnisieren und tatsächlich wie Nebukadnezar in Daniel 3 seine Herrschaftsgebiete zu vereinen, indem er alle seine Untertanen dazu zwang, dieselben falschen Götter anzubeten. Dass er damit unter den Juden Großteils Erfolg hatte, kann man dieser prophetischen Berichterstattung entnehmen. Abtrünnige werden in den Versen 30 und 32 benannt.
Zur Verfolgung seiner Absichten würde der Tempel ihm gezwungenermaßen im Weg stehen und seine tödlichste Feindschaft hervorrufen; Vers 31 beschriebt sein Vorgehen in Bezug darauf. Es heißt: „Und Streitkräfte von ihm werden dastehen; und sie werden das Heiligtum, die Feste entweihen und werden das beständige Opfer abschaffen und den verwüstenden Gräuel aufstellen.“ Makkabäer 1 bezieht sich hierauf mit folgenden Worten: „Der König schickte Boten nach Jerusalem und in die Städte von Juda mit der schriftlichen Anordnung, man solle eine Lebensform übernehmen, die dem Land fremd war. Brand-, Schlacht- und Trankopfer im Heiligtum seien einzustellen, Sabbate und Feste zu entweihen, das Heiligtum und die Heiligen zu schänden. Man solle stattdessen Altäre, Heiligtümer und Tempel für die fremden Götter errichten sowie Schweine und andere unreine Tiere opfern . . . So sollte das Gesetz in Vergessenheit geraten und alle seine Satzungen sollten hinfällig werden.“ Weiter lesen wir: „Am fünfzehnten Kislew des Jahres 145 ließ der König auf dem Altar den Gräuel der Verwüstung errichten“ und „am fünfundzwanzigsten dieses Monats brachten sie auf dem Altar, den sie über dem Brandopferaltar errichtet hatten, ein Opfer dar.“ (Makkabäer 1,44–59). Aus anderen Quellen wissen wir, dass die Anbetung, die Antiochus anstelle des Gottes des Himmels, Jahwe, anordnete, die des Jupiter Olympus war.
Diese Tatsachen ermöglichen es dem Leser, den 30. Vers und den schrecklichen Charakter der Taten, Gotteslästerungen und der Bosheit dieses Königs des Nordens zu verstehen; genauso wie die Leiden, die durch sein Verhalten über die Juden kamen, die ihrem Gott und seinem Wort treu blieben. Einige, „die gottlos handeln gegen den Bund“, würden durch Schmeicheleien zum Abfall verleitet werden. Doch Gott erhielt einen treuen Überrest, und dieser kannte seinen Gott, erstarkte und vollbrachte Heldentaten (V. 32). Im nächsten Vers wird uns eine kleinere Gruppe vorgestellt – „die Verständigen des Volkes“.
Es gab demnach drei Gruppen von Juden:
1. Die große Masse, die durch Schmeicheleien zum Abfall gebracht wurde;
2. der treue Überrest, der sich weigerte, auf die Einhaltung des Gesetzes ihres Gottes zu verzichten;
3. einige aus dem Überrest, die von Gott belehrt und in der Lage waren, die anderen im Wort zu unterweisen und sie auf dem Weg der Treue zu ermutigen, wie stark auch die Verfolgung sein mochte.
Letztere Gruppe wird erneut in Kapitel 12,3 erwähnt, und die dazu gehörenden werden „die Unterwiesenen“68 genannt. Gegen diese Gruppe, die öffentlich mit dem Zeugnis Gottes auf der Erde in Verbindung stand, war die Feindschaft Satans besonders gerichtet. Folglich sagt der Engel: „Aber sie werden stürzen durch Schwert und Flamme, durch Gefangenschaft und Beraubung – eine Zeit lang“ (V. 33). Der Leser wird sich sicherlich an ähnliche Begebenheiten erinnern, die in der Schrift aufgezeichnet sind (siehe Off 11; Off 12,17; Off 13; Off 14,12–13 usw.).
Doch sie wurden dem Feind nicht gänzlich überlassen, denn „. . . während sie stürzen, wird ihnen mit einer kleinen Hilfe geholfen werden. Doch viele werden sich ihnen heuchlerisch anschließen“ (V. 34). In dieser prophetischen Erzählung könnte es kaum anders sein, es muss einen sehr direkten Hinweis auf den Aufstand geben, den tapferen Widerstand der Makkabäer gegen die Grausamkeiten und die Gotteslästerung dieses Unterdrückers. Denn zumindest du Beginn ihrer Rebellion gab es zweifellosen Eifer für Gott, Seinen Tempel und sein Gesetz; und der ihnen zugesicherte Erfolg war groß. Vier Jahre lang hielten sie der Flut der gesamten Macht des Königs des Nordens stand und verteidigten durch Siege um Siege ihren gerechten und heiligen Anspruch. All dies ist nun Gegenstand der Geschichte, und es wird hier nur als Erklärung für den letzten Teil von Vers 34 erwähnt – „viele werden sich ihnen heuchlerisch anschließen“ - denn folgend auf die Regierung des Antiochus, als Syrien durch Brüche und innere Zerwürfnisse zerrissen wurde, wurden die Makkabäer genausooft umworben wie bedroht.
Doch der Leser sollte im Gedächtnis behalten, dass es sich hierbei zwar um geschichtliche Ereignisse handelt, doch es ist mehr als das. Wie wieder und wieder herausgestellt wurde, ist Antiochus eine schattenbildliche Person, und viele der Ereignisse, die mit seiner Regierung in Verbindung stehen, insbesondere seine Handlungen in Jerusalem, sind schattenbildlich, sodass viele dieser Dinge sich am Ende wiederholen werden. Zwei Illustrationen dessen sollen hier dargestellt werden. Antiochus ließ „den verwüstenden Gräuel“ im Tempel aufstellen.
In Daniel 12,11 sehen wir, dass sich diese Handlung in der Zukunft wiederholen wird. Folglich zitiert unser Herr Daniel 12 in Matthäus 24, wo Er von Dingen spricht, die sich noch nicht erfüllt hatten. Wenn man diese Unterscheidung genauer beachtet hätte, wären in der Deutung dieser prophetischen Schriften weniger Fehler gemacht worden. Auch in Vers 35, wo es heißt, dass von den „Verständigen“ einige stürzen werden, um ihren Glauben zu prüfen und den Überrest zu reinigen „bis zur Zeit des Endes“, zeigt die verwendete Sprache, dass das, was dann geschah, eine Veranschaulichung eines ähnlichen Geschehens in den letzten Tagen ist. In Offenbarung 14 finden wir demnach nach der Ankündigung des Gerichts über alle, die das Tier und sein Bild anbeten würden, die Beschreibung des Überrests. Daraufhin kommt der himmlische Befehl: „Glückselig die Toten, die von jetzt an im Herrn sterben!“ (Off 14,9–13; vgl. Off 13,5–15).
Wenn also jemand beim Lesen dieses Kapitels versucht war zu fragen, welcher Nutzen in diesen historischen Details liegt, dann ist die Antwort, dass Gott es zugelassen hat, dass bestimmte Dinge in Vorbereitung auf das passierten, was wir zur Zeit des Endes sehen werden. Aus benanntem Grund gibt es nur sehr wenige rein historische Ereignisse in der Schrift, denn die aufgezeichneten Geschichten sind selbst vorbildlich und prophetsich. Es ist eine ungeheure Hilfe beim Studieren der Schrift, wenn dieses Prinzip verstanden wird.69
68 Im englischen Original bleibt der hebräische Ausdruck „the Mashilim“ unübersetzt und bezeichnet da- mit eine besondere Gruppe. Es sind die verständigen Juden innerhalb des Überrest. Siehe auch: htt- ps://www.bibelkommentare.de/index.php?page=dict&article_id=1699↩︎
69 Man sollte nicht vergessen, dass diese Offenbarungen zur Leitung und zum Trost der Juden während dieser Zeit der Kriege zwischen Syrien und Ägypten gedacht waren, genauso wie zur Belehrung des gottesfürchtigen Überrestes in den letzten Tagen.↩︎