Behandelter Abschnitt Daniel 2,20-23
Der Lobpreis Daniels
„Daniel hob an und sprach: Gepriesen sei der Name Gottes von Ewigkeit zu Ewigkeit! Denn Weisheit und Macht, sie sind sein. Und er ändert Zeiten und Zeitpunkte, setzt Könige ab und setzt Könige ein; er gibt den Weisen Weisheit, und Verstand den Verständigen; er offenbart das Tiefe und das Verborgene; er weiß, was in der Finsternis ist, und bei ihm wohnt das Licht. Dich, Gott meiner Väter, lobe und rühme ich, dass du mir Weisheit und Kraft gegeben und mir jetzt kundgetan hast, was wir von dir erbeten haben; denn du hast uns die Sache des Königs kundgetan“ (2,20–23).
Daniels Herz war erfüllt mit Dankbarkeit für die Offenbarung des Geheimnisses des Königs. Der Charakter seiner Gottesfurcht und der Zustand seiner Seele können darin gesehen werden, dass er sich sofort mit Danksagung und Lobpreis an Gott wandte. Wenn Segnungen kundgetan werden, dann gibt es häufig die Tendenz, direkt in deren Genuss einzugehen, anstatt sie wie Daniel auf das Herz Gottes zurückzuverfolgen. Vers 19 gibt die bloße Tatsache an, dass Daniel Gott pries, und dann finden wir in den Versen 20–23 die genauen Worte, mit denen er seinen Dank ausdrückte.
Zuerst preist er den Namen Gottes für immer und immer. Er wünscht, dass sein Lobpreis unendlich sein möge, „von Ewigkeit zu Ewigkeit“, was Ihm, dem es gefallen hatte, sich selbst seinem Volk zu offenbaren, gebührte. Dann führt er einen Grund an – „Weisheit und Macht, sie sind sein.“ Ein einfacher Satz, doch wie tiefgründig! Da Weisheit und Macht Gott gehören (vgl. Off 5,12), werden diese nirgendwo anders gefunden, und es ist vergeblich, irgendwo anders als bei Gott danach zu suchen. Weiter schreibt er Gott die absolute Souveränität zu. „Er ändert Zeiten und Zeitpunkte, setzt Könige ab und setzt Könige ein.“ Die Herrscher dieser Erde mögen für sich beanspruchen, absolute Macht auszuüben, und Menschen mögen durch die Kraft von Waffen oder sogar durch politische Bewegungen Monarchen absetzen und Regierungen aufrichten – doch weder die Macht noch die Weisheit gehört ihnen – sie sind nichts als blinde Werkzeuge des göttlichen Willens. Man erkenne einmal mit Daniel die Souveränität Gottes, und wie auch immer die Merkmale der Zeit, in der wir leben, oder die Bedrohlichkeit öffentlicher Angelegenheiten, so dürfen wir doch in vollkommenem Frieden ruhen und wissen, wie auch Nebukadnezar bekennen musste, dass Gott „nach seinem Willen tut . . . mit dem Heer des Himmels und mit den Bewohnern der Erde“ (4,32).
Darüber hinaus sagt Daniel: „Er gibt den Weisen Weisheit und Verstand den Verständigen.“ Überall finden wir den Grundsatz bestätigt, dass es einen bestimmten Herzenszustand benötigt, um etwas von Gott zu empfangen. Der Apostel betete entsprechend, dass die Kolosser mit „der Erkenntnis seines Willens in aller Weisheit und geistlicher Einsicht“ erfüllt würden (Kol 1,9). Gleicherweise lernen wir aus diesen Worten Daniels, dass göttliche Weisheit – also Weisheit nach den Gedanken Gottes (und die Furcht des Herrn ist der Weisheit Anfang) – die Bedingung zum Empfangen von Weisheit ist. Dem der hat, wird gegeben werden, und das ist es, was Daniel bekundet, ob in Bezug auf Weisheit oder Einsicht. Er fährt daher fort: „Er offenbart das Tiefe und das Verborgene; er weiß, was in der Finsternis ist, und bei ihm wohnt das Licht.“ Er ist ein Gott der Allwissenheit, und alle Dinge sind bloß und offen vor den Augen dessen, mit dem wir es zu tun haben (siehe Ps 139).
Nach dieser Erhebung dessen, wer Gott in seiner Weisheit, Macht und Souveränität ist, bringt Daniel Dank für die besondere Barmherzigkeit, die er empfangen hatte. Und indem er dies tut, wechselt er von der Anrede „Gott des Himmels“ zu der persönlicheren Anrede „Gott meiner Väter“ ; denn der Gott, den seine Väter gekannt hatten und der sie aus ihrer Drangsal gerettet hatte, ist der, der sich hier wirksam für ihn erwies, und er dankt und preist Ihn entsprechend als den, der ihm nun „Weisheit und Kraft“ gegeben hatte.
Schließlich ist es schön zu bemerken, wie er seine Freunde mit sich selbst verbindet. Er sagt: Du hast „mir jetzt kundgetan, was wir von dir erbeten haben; denn du hast uns die Sache des Königs kundgetan.“ Sie hatten gemeinsam die Hilfe ihres Gottes gesucht; und Daniel erkennt in völliger Identifikation mit seinen Brüdern an, dass die Antwort, die sie erhalten hatten, Gottes Reaktion auf ihr Rufen gewesen war.