Behandelter Abschnitt Nehemia 13,26-29
„Hat nicht Salomo, der König von Israel, ihretwegen gesündigt? Und seinesgleichen ist unter den vielen Nationen kein König gewesen; und er war geliebt von seinem Gott, und Gott setzte ihn zum König über ganz Israel; doch ihn veranlassten die fremden Frauen zu sündigen. Und sollten wir auf euch hören, dass ihr all diese große Bosheit tut, treulos zu handeln gegen unseren Gott, indem ihr fremde Frauen heimführt?
Und einer von den Söhnen Jojadas, des Sohnes Eljaschibs, des Hohenpriesters, war ein Schwiegersohn Sanballats, des Horoniters; und ich jagte ihn von mir weg.
Gedenke es ihnen, mein Gott, wegen der Verunreinigungen des Priestertums und des Bundes des Priestertums und der Leviten!“ (13,26–29).
Es muss für das Herz Nehemias wirklich eine bittere Prüfung gewesen sein. War es doch der Bericht über die Bedrängnis des Überrestes in der Provinz sowie der niedergerissenen Mauer in Jerusalem und der mit Feuer verbrannten Tore (1,3) gewesen, der in seiner Seele den Wunsch geweckt hatte, dieses Böse zu beseitigen. Seinem Herzenswunsch wurde entsprochen und er war nach Jerusalem gegangen, hatte jahrelang gearbeitet und schließlich hatte er durch Gottes Güte seinen Wunsch in Erfüllung gehen gesehen. Doch jetzt muss er beim Abschluss seiner Arbeiten über die ständige Verweigerung des Volkes, in heiliger Sicherheit innerhalb der Mauern der Absonderung zu bleiben, trauern. Sie hatten ihren Schatz in der Welt, und auch ihr Herz war dort, und so wandten sie all den Segnungen des heiligen Ortes, an den sie gesetzt worden waren, mehr und mehr den Rücken zu. Und dennoch war Nehemia unverzagt und verharrte mit unermüdlicher Kraft in seinem Werk zugunsten seines Volkes, indem er nur danach trachtete, sich zur Ehre Gottes für den Dienst am Volk aufzuzehren und aufgezehrt zu werden. Zuerst „jagte“ er einen der Söhne Jojadas, des Sohnes Eljaschibs, des Hohenpriesters, von sich weg, der sich mit Sanballat, dem Horoniter, verschwägert hatte.
Wie wir gesehen haben, war Eljaschib selbst mit Tobija verwandt, sodass er und seine Familie mit den beiden aktiven Feinden Israels verbunden waren. Die Quelle des Verfalls, aus der die dunklen und bitteren Ströme der Sünde zum Volk flossen, befand sich hier also in der hohepriesterlichen Familie. Alles, was Nehemia erreichen konnte, war, den Sünder fortzutreiben. Doch er hatte noch eine andere Ressource, derer er sich bediente – er übergab die Sache Gott. „Gedenke es ihnen, mein Gott“, ruft er aus, „wegen der Verunreinigungen des Priestertums“ (3Mo 21), „und des Bundes des Priestertums und der Leviten!“ (Mal 2,4-7).
Es mag merkwürdig erscheinen, dass Nehemia, der als Herrscher mit Autorität ausgestattet war, mit der Bestrafung dieser schuldigen Priester nicht fortfuhr. Tatsache ist, dass es unmöglich ist, durch Maßnahmen der Zucht den moralischen Zustand des Volkes zu verändern. Dies zu tun, würde dem Feind nur in die Hände spielen. In dieser Hinsicht muss manch gottesfürchtiger Mann in der Gegenwart offensichtlicher und abscheulicher Verstöße gegen das Wort Gottes untätig bleiben und sich wie Nehemia damit zufriedengeben, gegen die Übertreter zu Gott zu rufen. Wo es kein Sündenbewusstsein gibt, kann allein Gott mit dem Übertreter handeln, obgleich es wie in dem vor uns liegenden Fall oft nötig sein kann, den Sünder „wegzujagen“. Doch inmitten aller Verwirrung ist es ein gesegnetes Hilfsmittel, dass es möglich bleibt, alles dem Herrn zu übergeben, der zu seiner Zeit den Namen verteidigen wird, den wir verunehrt haben mögen.