Behandelter Abschnitt Off 10,1-2
Der starke Engel und sein Büchlein
Die Kapitel 10–11,14 bilden wiederum eine Einschaltung zwischen der sechsten und siebten Posaune, ähnlich wie wir dies bei den letzten zwei Siegeln hatten. Auch diese Einschaltung gibt Gelegenheit, zwischen dem Lauf der Gerichte einen Blick auf das gnädige Walten Gottes im Geschehen dieser dunkeln Tage und auf den Stand seines Zeugnisses in dieser Zeit zu tun. In diesen beiden Kapiteln (wie auch in Kapitel 12) ist, wie leicht aus dem Inhalt erkennbar, das alte Bundesvolk Israel im Mittelpunkt der berichteten Dinge; denn hier tritt seine Wiederannahme in das prophetische Blickfeld. Allerdings muss Israel zu seiner Läuterung und Prüfung noch durch eine furchtbare Drangsalszeit hindurchgehen, bevor sein Friedensreich aufgerichtet werden kann.
„Und ich sah einen anderen starken Engel aus dem Himmel herabkommen, bekleidet mit einer Wolke, und der Regenbogen war auf seinem Haupt, und sein Angesicht war wie die Sonne, und seine Füße waren wie Feuersäulen; und er hatte in seiner Hand ein geöffnetes Büchlein. Und er stellte seinen rechten Fuß auf das Meer, den linken aber auf die Erde“ (10,1.2).
In dem starken Engel, der auf die Erde herabsteigt, ist an seinen Attributen unschwer der Herr selbst zu erkennen, der in unserem Buch, wie einst im Alten Bund, öfters in Engelsgestalt erscheint, wenn Er inoffiziell in den Lauf der Ereignisse eingreift. So sahen wir Ihn im 8. Kapitel als Priester seinem Volk dienen; hier aber tritt Er als der Engel des Bundes zur Behauptung seiner königlichen Macht und Rechte auf.
Vier Attribute kennzeichnen Ihn als den Herrn des Alten Testaments:
Die Wolke ist das bekannte Sinnbild der Gegenwart Gottes unter seinem Volk; ein Volk, das in Schwachheit über diese Erde geht.
Das Feuer zeigt seine richterliche Herrlichkeit und Festigkeit, wie sie seiner Offenbarung im Alten Testament eigen ist.
Die Sonne bedeutet die königlich-himmlische Herrlichkeit und Autorität, in der Er, nach Maleachi 3,20, seinem Volk erscheinen wird. Das Angesicht wie die Sonne, und die Füße wie Feuersäulen erinnern an Kapitel 1, wo Johannes den Herrn in seiner richterlichen Gestalt sieht.
Der Regenbogen auf seinem Haupt bekundet Gottes unwandelbare Treue zu seinem Bund mit Israel, obwohl dieses denselben gebrochen hat. Er ist das Symbol und das Unterpfand für Gottes unbedingte Treue und sein unverbrüchliches Wort, sei es in Gnade oder im Gericht. Lasst uns dies wohl beachten und zu Herzen nehmen, denn welche tröstliche Zusicherung liegt darin, aber auch welcher tiefe Ernst!
Der Engel hält in seiner Rechten ein geöffnetes Büchlein. In der Offenbarung finden wir verschiedene Bücher: das der Offenbarung von Jesus Christus (Off 1,1.2), das der Gerichte (Off 5,1), dann „die Bücher und ein anderes Buch“ in Offenbarung 20. Dies alles sind große, gewichtige Bücher. Hier aber finden wir ein „Büchlein“; sicherlich auch wichtigen Inhalts. Es enthält Prophezeiungen über das Ende der Gerichtszeit; die gewaltigsten Ereignisse sind vorbei, und es dürfte in Beziehung zu dem Buch in Daniel 12,4 stehen, das der Prophet noch versiegeln musste, weil damals die Zeit, auf die es sich bezog und in der es allein verstanden werden konnte, noch nicht da war. Jetzt aber sehen wir diese Zeit angebrochen, darum ist das Büchlein nicht mehr versiegelt, sondern geöffnet. Es ist nur ein kleines Büchlein, weil ja nur noch ein Rest der Prophetie auf die Erfüllung wartet.
Auch ist dieses Büchlein, wie der zweite Teil zeigt, nicht mehr für die Allgemeinheit, wie das übrige Wort Gottes, bestimmt, sondern für die erleuchteten Knechte Gottes, die den Inhalt durch die Unterweisung des Heiligen Geistes zu ergründen und zu erfassen vermögen, daher ist auch sein Inhalt ein eng zusammengefasster, entsprechend der Erklärung des Herrn in Matthäus 13,10-17.