Laufende Schuld
Vers 8 kommt der Apostel dann auf eine laufende Schuld, die jederzeit abgetragen werden muss. „Seid niemand etwas schuldig.“ heisst es, „als dass ihr euch unter einander liebet; denn wer den anderen liebet, der hat das Gesetz erfüllt. Die Liebe ist des Gesetzes Erfüllung,“ und da kommt es natürlich nicht darauf an, ob die Anderen liebenswürdig sind. Liebenswürdige Leute lieb zu haben, das ist keine Kunst. Das bringt der natürliche Mensch auch fertig.
Aber Charaktere, die uns zu schaffen machen, die nicht mit uns harmonieren, die uns durch ihren blossen Gesichtsausdruck reizen, gegen die wir immer etwas einzuwenden haben, diese zu lieben, dazu Bedarf es der Gnade und dazu gibt Gott reichlich Gnade. Nichts bildet mehr unseren Charakter und nichts reift uns besser für die Herrlichkeit, als wenn wir uns treulich in der Liebe üben denen gegenüber, die anders gestaltet sind, als wir und deren natürliches Wesen uns nicht sympathisch ist. Gerade solche brauchen wir zu unserer Ergänzung, nicht solche, mit denen wir harmonieren, sondern solche, denen wir Handreichung tun können. So baut sich der Leib Christi auf.
Keine andere Schuld sollt ihr haben, als eine laufende Schuld, die sich fortwährend erneuert, auch wenn man sie bezahlt. Das ist gegenseitige Liebe, nicht fleischliche, seelische Liebe, nicht eine Liebe, die sich auf diejenigen beschränkt, die einem wohlwollen und die einem die erwiesene Liebe zurück geben, sondern eine Liebe die unabhängig ist von dem Charakter, Temperament und Wesen des andern. Wir haben so zu lieben, wie Gott liebt. Diese Liebe, mit der Gott liebt, ist die Liebe die ausgegossen ist in unsere Herzen durch den Heiligen Geist.
Das ist der höchste Adel den ein Menschkind haben kann, wenn es Macht hat, zu lieben und das Böse mit Liebe zu überwinden. Das ist gross, edel und majestätisch, das ist die Würde, mit der uns nur das Evangelium ausstattet und krönt. Wer den Nächsten liebt, hat damit das Gesetz erfüllt; denn damit ist alles gesagt. Wahre Liebe ist Selbsthingabe, nicht Suche nach dem eigenem Leben, indem man in anderen sich selbst und seine Befriedigung sucht, sondern es ist Selbstaufopferung, ein Fragen nach dem, was dem Nächsten dient.
Auszug aus seinem Buch „Aus Glauben in Glauben“
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