Vers 15: „Johannes zeuget von Ihm, rufet und spricht: Dieser war es, von dem ich gesagt habe: Nach mir wird kommen, der vor mir gewesen ist, denn Er war eher denn ich. Und von Seiner Fülle haben wir alle genommen Gnade um Gnade." Hier ist nun zunächst wieder von dem anderen Johannes die Rede, von dem Vorläufer Jesu, dessen Aufgabe vollendet war mit dem Erscheinen Jesu. Nachdem er Ihn eingeführt hatte, trat er vom Schauplatz zurück, und es ist der Apostel Johannes, der bezeugt: „Aus Seiner Fülle haben wir alle genommen Gnade um Gnade." Er hat samt den anderen Aposteln allen und samt der ganzen Gemeinde geschöpft aus dem unversiegbaren Born Seiner Gnade. Wie gesagt, es ist da ein fortwährender Austausch von Gnade um Gnade. Sobald wir die Gnade für die heutige Morgenstunde, für die flüchtig dahineilende Zeit, für das gegenwärtige Bedürfnis, treu verwerten, quillt aus dieser Gnade eine andere Gnade hervor. Jede Gnade bereitet den Weg für neue Gnade. Welt ohne Ende! Anstatt sich zu erschöpfen, öffnet sich die Quelle um so weiter, je mehr wir schöpfen. Der Horizont erweitert sich; wir werden immer aufnahmefähiger. Das Gefäß, unser ganzes Wesen, erweitert sich, während solche, welche die Gnade abweisen oder sich ihr verschließen, innerlich verarmen. Das Gesetz stellt Forderung um Forderung, belastet den Menschen auf Schritt und Tritt, ist eine erdrückende Macht und kann doch von keinem Menschen erfüllt werden, weil es nicht Kraft zur Erfüllung gibt. Auch beim aufrichtigsten Menschen, dem es ein Herzensanliegen ist, in Gottes Wegen zu wandeln, ist immer ein Zukurzkommen zu konstatieren, solange er unter dem Gesetz steht. Und wenn Kinder Gottes nicht Herauskommen aus den Selbstanklagen über beständiges Zukurzkommen, so ist es, weil sie noch unter dem Gesetz stehen und sich noch nicht ganz der Gnade geöffnet haben. Sie haben sich mit ihrem Tun und Lasten, ihren Gedanken, Einbildungen und Gefühlen noch nicht restlos der Gnade ausgeliefert, oder haben es nicht verstanden, unter der Gnade zu bleiben; denn wir sind von Einflüssen der Sichtbarkeit umgeben, die uns aus der Gnade zu verrücken drohen, und anstatt solchen Einflüssen gegenüber einzig und allein aus der Gnade zu schöpfen, wehren wir uns in eigner Kraft gegen sie. Dann kommt das Defizit. Die Wahrheit, das Wesen der Dinge, die Erfüllung des Gesetzes, ist eine neue Welt, die durch Jesum Christum ins Dasein getreten ist, und in diese Welt treten wir nur ein, insoweit wir in Jesum Christum eintreten. Außerhalb Jesu Christi gibt es keine Wahrheit — alles andere ist samenartig ausgestreutes Licht, aber nicht volles Licht — nicht Gnade und Wahrheit. Und wie dringt man in diese Wahrheit ein? Durch die Lebensverbindung mit dem Eingebornen Sohn des Vaters, der in den Schoß des Vaters zurückgekehrt und nun im Schoße des Vaters ist, und der Macht hat, uns aus der Welt der Finsternis herauszuheben und uns in die neue Welt zu versetzen, in die wir hineingeboren werden, wenn wir uns ihr ganz und gar öffnen, daß sie uns erleuchte, durchleuchte und alles in uns neu schaffe.