Behandelter Abschnitt Mt 14,1-7
„Zu der Zeit" — als der Herr erfuhr, dass ein Prophet nicht angesehen ist in seiner Vaterstadt, zu derselben Zeit drang das Gerücht von Jesu zu dem Vierfürsten Herodes, und diesem schlug nun das Gewissen. Bei seinem Aberglauben und belasteten Gewissen kam er sofort auf den Gedanken: „Das ist Johannes der Täufer, den ich im Gefängnis enthaupten liess, um ihm den Mund zu stopfen", denn Johannes hatte klar und bestimmt als ein echter, von Gott gesalbter Hofprediger zu ihm gesagt: „Es ist dir nicht erlaubt, deines Bruders Weib zu haben." Er hatte den Mut, den Fürsten über seine Sünde zu strafen. Das war keine Kleinigkeit.
Herodes wollte ihn daraufhin töten lassen, aber er fürchtete sich vor dem Volke. Hierin zeigt sich die Schwäche eines grausamen Fürsten, der der Knecht des Volkes ist und nichts tun darf, was das Volk nicht haben will und nicht ertragen könnte. Herodes war kein Herrscher und konnte auch gar keiner sein, weil er kein gutes Gewissen und keine göttliche Autorität hatte. Da ereignete sich ein Zwischenfall. Es ging, wie es je und je geht, dass jemand, ob Mann oder Frau, hineingerissen wird in einen Fall, weil er innerlich nicht richtig gestanden hat. Es kommt da immer ein Anlass, wo die Schwäche und der Jammer zu Tage treten.
Der Geburtstag des Herodes wurde gefeiert, die Tochter der Herodias tanzte vor den Gästen, und das gefiel dem König wohl. Vielleicht war er auch angetrunken an diesem Festtag; darum verhiess er dem Mädchen mit einem Eide, er wolle ihr geben, was sie fordern werde. Mit diesem Versprechen war er als König und Fürst aufgetreten, der Macht hat, zu geben, was von ihm gefordert wird — aber wo hätte er gedacht, dass sie etwas so Furchtbares von ihm verlangen werde? Das Mägdlein ging mit dem Versprechen des Königs zur Mutter, um sich mit ihr zu beraten, und die Mutter gab einen entsetzlichen Rat; denn sie sagte sich: „Das ist die langersehnte Gelegenheit, Johannes dem Täufer den Mund zu stopfen, um dann die sündliche Verbindung ungestraft fortführen zu können.