Behandelter Abschnitt Mt 11,25-30
„Zu derselben Zeit" — was war das für eine Zeit, für eine Stunde, für eine Erklärung? Der Herr hatte das Wehe ausgerufen über die grossen Städte — Chorazin und Bethsaida, diese Mittelpunkte, wo die meisten seiner Taten geschehen waren, aber vergebens. Sie haben nicht Busse getan. Und dann sieht man, wie die Verantwortung eine sehr verschiedene sein kann. Sie sind nicht umgekehrt zum Herrn und haben damit noch eine ganz andere Verantwortung auf sich geladen als Tyrus und Sidon, die seinerzeit gerichtet wurden, weil sie nicht Busse taten. Es gibt Grade der Verantwortung. Jeder wird gerichtet nach dem, was er empfangen hat, und was Tyrus und Sidon empfangen hat, ist gering im Vergleich zu dem, was Chorazin und Bethsaida empfangen haben an Licht — und zwar durch den Herrn selbst, durch sein Auftreten. Es gibt also verschiedene Stufen im Gericht. „Wem wenig gegeben ist, von dem wird wenig gefordert — wem viel gegeben ist, von dem wird auch viel gefordert." „Zu derselben Zeit sprach der Herr . . ." Bei allem Rätselhaften, was vor ihm lag, was ihn beschäftigen und belasten konnte, stillt der Herr fein Herz vor dem Vater und preist ihn: „Vater", sagt er, „ich preise dich, Herr Himmels und der Erde, dass du solches den Weisen und Klugen verborgen hast und hast es den Unmündigen geoffenbart.
Ja, Vater, denn ist es also wohlgefällig gewesen vor dir." Möge das auch unser letztes Wort sein: „Ja, Vater", bei allem Schweren, was uns begegnen mag, „es ist also wohlgefällig gewesen vor dir" — nicht vor einem Tyrannen, sondern vor einem Vater — und was der beste irdische Vater empfinden kann für ein Kind, ist nur ein schwaches Abbild von der Liebe unseres himmlischen Vaters. Es ist nicht Willkür, der wir preisgegeben sind, sondern unser Leben ist geleitet von einem Vater, der für jedes seiner Kinder eine eigene Schule und Durchbildung hat auf den Tag der Zukunft Jesu Christi. Und dieser Vater im Himmel hat alles seinem Sohne übergeben. „Niemand kennt den Vater, als nur der Sohn, und wem der Sohn es will offenbaren." Und nun ladet der Herr die Mühseligen und Beladenen zu sich und bietet ihnen Erquickung an.
Zu diesen Mühseligen und Beladenen aber gehören alle, die belastet sind von Furcht für die inneren oder äusseren Lebensverhältnisse, für die sie keinen Schlüssel haben, die beengend und beängstigend sein könnten, und immer wieder dürfen wir — ob es sich um äussere oder innere Lasten handelt — alles beim Herrn niederlegen und finden da Erquickung für den weiteren Weg Tag für Tag. „Nehmet auf euch mein Joch ... so werdet ihr Ruhe — Erquickung — finden für eure Seelen."
Das natürliche Herz lehnt sich gegen das Joch auf, und im Joche ist man immer zusammengeschirrt mit einem anderen. Und da haben wir alle Lebensverhältnisse, wo wir Schritt halten müssen mit anderen — wo wir dann Gelegenheit haben vom Herrn zu lernen — seine Sanftmut und seine Demut, und wo wir immer wieder bei ihm ablegen dürfen unseren eigenen Willen und unsere eigenen Pläne, um einzugehen in seine Ruhe. Wenn jedes andere Joch niederdrückt, so hebt das Joch des Herrn empor, und seine Last bietet Erleichterung im Vergleich zu allen anderen Lasten und allen anderen Lasten gegenüber.