Behandelter Abschnitt Nah 2,1-2
Heilige Ironie
„Der Zerschmetterer zieht gegen dich herauf. Bewahre die Festung; überwache den Weg, stärke deine Lenden, befestige sehr deine Kraft!“ (Vers 1)
Nachdem sich der Herr an Juda gewandt hatte, um sie zu ermutigen und zu trösten, wendet er sich plötzlich an den Bösen selbst, zu dem Assyrer, dem König von Ninive und ruft ihn zur Verantwortung. Wir haben bereits bemerkt, dass diese überraschenden Ansprachen an fremde Personen, was die äußere Form betrifft, ein charakteristisches Merkmal der Prophetie Nahums ist. An dieser Stelle kommen wir direkt an den Kernbereich der Geschichte. Der Ausdruck: „Der Zerschmetterer zieht gegen dich herauf“ bildet einen besonders starken Kontrast zu der Stelle aus Micha 2,13: „Der Durchbrecher zieht herauf vor ihnen her“. In Micha wird der Hirte vorgestellt, der alle Hindernisse überwindet, um seine Schafe zu befreien. Nahum sprach von dem Zerschmetterer, dem Rächer, der auftreten würde, um für immer zu zerstören und um die feindliche Macht beiseite zu setzen, unter der Juda so schwer litt. Wir sehen hier also, dass das Gericht über die Völker genauso sicher wie die Erlösung Israels ist.
Die Werkzeuge, die der HERR gebrauchen würde, um Ninive zu verwüsten, werden in Vers 3 seine „Helden“ genannt (vgl. Jes 13,3). Damit sind nicht die „Helden“ gemeint, die mit dem Herrn herniedersteigen werden, wenn er sich auf seinen Thron setzen wird, um alle Völker zu richten (Joel 3,11). In Nahum geht es dabei um Babel, die einen Bund mit den Medern geschlossen hatten, die das Instrument in der Hand Gottes für die Vernichtung Ninives sein sollten, so wie er sich später der Meder und Perser bedienen sollte, um Babel abzusetzen. Alle Weltmächte, die meinten, unabhängig und aus eigenen Interessen heraus handeln zu können, waren sich nicht bewusst, dass sie in Gottes Hand blinde Werkzeugen bildeten, um seine Pläne zu verwirklichen.
Auch in unserer Zeit ist es wichtig, diesen Grundsatz im Auge zu behalten. Gott kann heute ein Volk erheben, das er am nächsten Tag wieder erniedrigt. Gebraucht er heute eine politische Macht als Zuchtrute, erweckt er morgen eine andere Macht, die die vorige durchbricht und zerschmettert. Der Trotz Assyriens wird so von dem Hochmut Babels, dem Helden des Herrn erniedrigt. Zu seiner Zeit wird dann der Hochmut Babels ebenfalls vernichtet werden. Zur Zeit Nahums war Babel Assyrien unterworfen. Es hatte jedoch schon wiederholt Aufstände gegen die Unterdrückung von Ninive gegeben, wobei es die blutigen Folgen dieser Revolten verarbeiten musste. Nun war jedoch die Stunde angebrochen, in der der Herr, der langsam zum Zorn ist (Nah 1,3), seinem Zorn freien Lauf lassen sollte. Als Gott seinem untreuen Volk Israel die Herrschaft entzog, beschloss er, sie Babel zu verleihen, das er zum „goldenen Haupt“ der heidnischen Weltreiche machen wollte. Die Anmaßung des Assyrers, diese Obergewalt zu verwerfen, musste radikal verschwinden, ganz abgesehen von der Ungerechtigkeit Ninives, die zu dieser Zeit ihren Höhepunkt erreicht hatte. Trotz seines süchtigen Strebens nach Ehre und Ruhm hatte Assyrien die Alleinherrschaft nie verworfen. Babel mitsamt den anderen Weltreichen, die folgten, würde diese Alleinherrschaft sehr wohl besitzen. In der Endzeit wird es sich mit dem wiederhergestellten römischen Reich ganz ähnlich verhalten, das in Form des Tieres mit den zehn Königen in Erscheinung treten wird. Dieser Staatenbund wird die ganze Welt erstaunen lassen.
Die folgenden Worte an Ninive sind voller Ironie: „Bewahre die Festung; überwache den Weg, stärke deine Lenden, befestige deine Kraft!“. Habt ihr alle Vorsorgen getroffen? Ist mit euren Reservetruppen alles in Ordnung?! Vergesst bloß nichts und passt gut auf, damit euch nichts überrumpelt!