Behandelter Abschnitt 5. Mose 18,3-8
Der Unterhalt der Diener Gottes
Was hat die Versammlung Gottes aus dem vorliegenden Abschnitt zu lernen? Die Beantwortung dieser Frage finden wir in 1. Kointher 9, wo der Apostel das so wichtige Thema der Unterstützung des christlichen Dienstes behandelt (vgl. V. 7–18). Mit Entschiedenheit und Klarheit stellt Paulus in seinen Ausführungen das göttliche Gesetz hierzu fest: „So hat auch der Herr für die, die das Evangelium verkünden, angeordnet, vom Evangelium zu leben“. Wie Priester und Leviten damals von den Opfern lebten, die das Volk darbrachte, so haben auch jetzt einen Anspruch auf zeitliche Unterstützung, die wirklich von Gott berufen, durch Christus begabt und durch den Heiligen Geist fähig gemacht sind, das Evangelium zu predigen, und die sich diesem wertvollen Werk widmen. Nicht dass sie mit solchen, denen sie mit ihrer Gabe dienen, ein Abkommen treffen sollten über einen bestimmten Betrag. Ein solcher Gedanke ist dem Neuen Testament fremd.
Der Arbeiter hat bezüglich seiner Bedürfnisse auf den Herrn und nur auf ihn zu warten. Die Priester und die Leviten hatten ihren Besitz in und von dem Herrn. Er war ihr Erbe. Allerdings erwartete Er, dass das Volk ihm durch seine Arbeiter diene. Er sagte ihnen, was sie geben sollten, und segnete sie, wenn sie es taten. Es war zugleich ihr Vorrecht und ihre Pflicht, zu geben. Hätten sie dies verweigert oder vernachlässigt, so wären Dürre und Unfruchtbarkeit ihrer Felder und Weinberge die Folge gewesen (vgl. Hag 1,5-11). Aber die Priester und Leviten hatten nur auf den Herrn zu sehen. Sie konnten nicht vor Gericht gehen, wenn das Volk die Darbringung der Zehnten und Opfer versäumte. Sie mussten auf den Gott Israels warten, der sie zu seinem Werk berufen hatte. Ebenso ist es mit den Arbeitern des Herrn heute. Sie müssen auf ihn allein warten. Sie müssen vor allem überzeugt sein, dass Er sie zu seinem Werk berufen und fähig gemacht hat, ehe sie von dem Ufer der äußeren Sicherheit, wenn wir es so bezeichnen dürfen, abstoßen und sich ganz der Predigt des Wortes widmen. Ihr Blick muss von Menschen sowie von allen natürlichen Hilfsmitteln und menschlichen Stützen auf den lebendigen Gott hin gelenkt werden. Wir haben mehr als einmal traurige Folgen bei denen gesehen, die in dieser ernsten Sache aus einem falschen Antrieb handelten, ohne von Gott berufen und befähigt zu sein, ihre Beschäftigung aufgaben, um, wie sie sagten, aus Glauben zu leben und sich dem Werk des Herrn zu widmen. Kläglicher Schiffbruch war die unausbleibliche Folge.
Aufgrund vierzigjähriger Erfahrung ist es unsere Überzeugung, dass die Fälle selten sind, wo es geraten ist, seinen Broterwerb völlig aufzugeben, um sich dem Werk des Herrn zu widmen. Die Sache muss dem Betreffenden selbst so klar und unzweifelhaft sein, dass er wie Luther sagen kann: „Hier stehe ich. Ich kann nicht anders. Gott helfe mir! Amen.“ Aber dann darf er völlig sicher sein, dass Gott ihn in dem Werk, zu dem Er ihn berufen hat, auch unterstützen und für alle seine Bedürfnisse Sorge tragen wird „nach seinem Reichtum in Herrlichkeit in Christus Jesus“ (Phil 4,19).
Doch finden wir, dass der Apostel, während er einerseits seine wohlberechtigten Ansprüche auf Unterstützung nachweist, sie andererseits aber doch ganz aufgibt, wenn er sagt: „Ich aber habe von keinem dieser Dinge Gebrauch gemacht“ (1Kor 9,15). Er arbeitete mit seinen eigenen Händen und bemühte sich Tag und Nacht, um niemand lästig zu werden. „Ich habe“ konnte er sagen, „niemandes Silber oder Gold oder Kleidung begehrt. Ihr selbst wisst, dass meinen Bedürfnissen und denen, die bei mir waren, diese Hände gedient haben.“ Er reiste, er predigte, er machte Besuche von Haus zu Haus, er war der tätige Apostel, der ernste Evangelist, der treue Hirte, er trug Sorge für alle Versammlungen – hatte er nicht berechtigte Ansprüche auf Unterstützung? Ganz sicher. Mit Freuden hätte die Versammlung Gottes für alle seine Bedürfnisse Sorge tragen sollen. Aber er bestand nie darauf. Vielmehr verzichtete er freiwillig auf alles und unterstützte noch andere mit seiner Arbeit, und er tat dies als ein Vorbild für andere, wie er zu den Ältesten von Ephesus sagt: „Ich habe euch in allem gezeigt, dass man, so arbeitend, sich der Schwachen annehmen und der Worte des Herrn Jesus gedenken müsse, der selbst gesagt hat: Geben ist seliger als Nehmen“ (Apg 20,33-35).
Wunderbar ist es, diesen geliebten und geschätzten Diener Christi zu sehen, der bei seinem weiten Wirkungskreis von Jerusalem an und ringsumher bis nach Illyrikum, bei seinen riesenhaften Arbeiten als Evangelist, Hirte und Lehrer, noch Zeit fand, die Bedürfnisse für sich und andere mit eigenen Händen zu bestreiten. Wirklich, er nahm eine hohe sittliche Stellung ein. Er predigte niemals um Lohn.
Aber doch erkannte er dankbar die Gabe derer an, die in rechter Weise zu geben wussten. Verschiedene Male hatten die Philipper ihm etwas für seine Notdurft gesandt. Und sie haben wohl daran getan, denn nie wird ihnen dies vergessen werden. Millionen haben seitdem den herrlichen Bericht ihrer Aufopferung gelesen und sind durch den Duft ihres Opfers erfrischt worden. In den Himmeln ist es verzeichnet, wo nichts Derartiges vergessen wird. Ja, es ist eingegraben in das Herz Christi selbst (vgl. Phil 4,10-19). Es war ein seltenes Vorrecht, das Herz eines so geliebten Dieners Christi am Ende seiner Laufbahn, in der Einsamkeit seines Gefängnisses zu Rom, beleben zu dürfen, und die Freude der Philipper, des Apostels dankbare Anerkennung zu empfangen, war sicher groß. Wie wertvoll war die Versicherung, dass ihr Dienst wie ein angenehmer Duft unmittelbar zu Gottes Thron und Herz aufgestiegen sei! Welch ein krasser Unterschied zwischen ihnen, die den Bedürfnissen des Apostels dienten, und den Korinthern, die seinen Dienst infrage stellen, oder den Galatern, die sein Herz zutiefst betrübten! Der Zustand der Versammlung in Korinth erlaubte dem Apostel nicht, etwas von ihnen zu nehmen. Es gab nur Einzelne dort, die sein Herz durch ihren Dienst belebten, und dieser Dienst ist in der Schrift verzeichnet und wird einmal seine herrliche Belohnung im Reich finden. „Ich freue mich aber über die Ankunft des Stephanas und Fortunatus und Achaikus, denn diese haben erstattet, was eurerseits mangelte. Denn sie haben meinen Geist erquickt und den euren; erkennt nun solche an“ (1Kor 16,17.18).
Wie unter dem Gesetz, so entspricht es also auch unter dem Evangelium dem offenbarten Willen Gottes, denen unsere Anerkennung und Unterstützung zukommen zu lassen, die Er zu seinem Werk berufen hat und die sich ihm von ganzem Herzen mit Fleiß und Treue widmen. Allen, die den Herrn lieben, wird es eine hohe Freude sein, ihm in der Person seiner Arbeiter zu dienen. Er selbst nahm hier auf der Erde den Dienst derer an, die ihn liebten und die die Frucht seines kostbaren Dienstes genossen hatten (Lk 8,2.3).
Andererseits sei noch einmal daran erinnert, wie nötig es für alle ist, die im Werk des Herrn, sei es innerhalb oder außerhalb der Versammlung, tätig sind, von allen menschlichen Einflüssen und von dem Blick auf Menschen frei zu sein. Wenn die Gemeinde sie vernachlässigt, so wird diese einen ernsten Verlust erleiden. Wenn aber die Arbeiter sich mit ihren eigenen Händen ihren Lebensunterhalt verdienen können, ohne dadurch ihrem Dienst für Christus Abbruch zu tun, so ist es umso besser. Es ist ohne Frage der ausgezeichnetere Weg. Es gibt nichts Schöneres als einen wirklich begabten Diener Christi, der für sich und seine Familie arbeitet und sich zu gleicher Zeit dem Werk des Herrn treu und fleißig widmet. Aber es lässt sich nicht immer beides vereinigen, und wir möchten daher keine Regel aufstellen oder das Herz eines aufrichtigen Arbeiters beschweren. Ein jeder ist seinem Herrn allein verantwortlich.